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Die Wächter Edens

Die Wächter Edens

Titel: Die Wächter Edens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephan Bellem
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seiner linken Hand winkte er sie zu sich heran, und während er das tat, verformten sich seine Finger zu messerscharfen Klauen.
    »Komm nur her, mein Kind«, säuselte er. »Es wird dir gefallen.«
    Arienne starrte wie gebannt in das Maul des Monsters. Die gespaltene Zunge tanzte wild umher. Sie wollte schreien, aber kein Ton entrang sich ihrer Kehle. Stattdessen schrie die kleine Arienne, warf sich auf den Boden und trat wild um sich.
    »Du hast doch nicht etwa alles vergessen?«, fragte das Monster. Noch immer galt seine volle Aufmerksamkeit der erwachsenen Arienne.
    »Was bist du?«, brachte sie schließlich hervor.
    Aus Herrn Maiers Kehle drang ein rasselnder Laut, der entfernt an ein Lachen erinnerte. »Du hast es wirklich vergessen …«
    »Das hier ist nicht real«, begann sich Arienne ihr Mantra aus der Therapie vorzubeten. »Das hier ist nicht real.«
    Herr Maier – oder was immer er war – schüttelte sich vor Lachen. »Du glaubst wirklich, wir hätten dich vergessen? Es kommt der Tag, da findest du zu dir selbst zurück«, versprach er. »Und dann wirst du ihm helfen. Durch dich wird er vollenden können, was vor so langer Zeit begonnen wurde.«
    Arienne wollte schreien, wollte weglaufen, doch ihr Körper wollte ihr einfach nicht gehorchen.
    Schließlich erfüllte warmes Licht den Schulgang und sie konnte die Stimme ihres Vaters hören. »Ich werde dich immer beschützen.«

Zehn
    V incent verließ die Kirche schon vor Sonnenaufgang. Heute werde ich dich richten, Bruder! Dieser grimmige Gedanke trieb ihn an. Die Häufung von dämonischen Übergriffen konnte nur darauf hindeuten, dass Nathan seinem Ziel immer näher kam.
    »Das kann ich nicht zulassen«, flüsterte Vincent und zog den Mantel enger um sich. Niemand sollte das Schwert entdecken, das er darunter verbarg. Wie in alten Zeiten , dachte er, während seine Finger über das mit Leder bezogene Heft der Waffe glitten.
    Der legendäre Ulfberht hatte die Waffe einst für ihn geschmiedet. Eine zweite, identische Klinge war in Nathans Besitz. Die zwei Brüder treffen erneut aufeinander.
    Er atmete tief die klare Nachtluft ein. In einer halben Stunde würde der Sonnenaufgang beginnen, die Menschen langsam aus ihren Träumen erwachen. Und wenn Gott seine Schritte leitete, dann wäre Nathaniel tot.
    Er konnte die Anwesenheit des Gefallenen spüren. Er ließ sich von dieser Spur leiten, marschierte zielstrebig durch die verschneiten Straßen, überquerte Kreuzungen, kletterte über Zäune und passierte fremde Grundstücke. Er schmunzelte bei dem Gedanken, wie die Bewohner am nächsten Morgen die Fußabdrücke im frisch gefallenen Schnee in ihrem Garten entdecken würden.
    Sein Weg führte ihn am Stadtrand entlang in eine heruntergekommene Wohngegend, die sich in ein altes Industriegebiet integriert hatte. Ein großer Holzhandel wurde noch geführt, dort waren einige grobschlächtige Kerlemit dem Verladen der Baumstämme beschäftigt. Auf der gegenüberliegenden Straßenseite stand einst ein großes Autohaus, doch die Schaufenster waren schon vor Jahren zertrümmert worden, und das Einzige, was noch Zeugnis vom Fahrzeughandel ablegte, waren alte Ölflecke auf den Pflastersteinen.
    Vincent passierte ein mehrstöckiges Wohnhaus, dem äußeren Anschein nach wohnte hier der Bodensatz der Gesellschaft. Weshalb sich Nathan in solch schäbigen Gegenden verkroch, konnte er nicht mit Sicherheit sagen. Vincent hatte immer angenommen, dass Nathan seine gottgegebenen Fähigkeiten dazu nutzte, um eine Horde von fanatischen Jüngern um sich zu scharen.
    Sein Instinkt leitete ihn zu einem großen umzäunten Gelände. Dabei handelte es sich um eine Ansammlung verfallender Lagerhäuser, die um einen großen Innenhof gruppiert waren. Vermutlich das Areal einer aufgegebenen Spedition , dachte Vincent.
    Er hielt inne und betrachtete die einzelnen Gebäude. Nicht alles waren Lagerhäuser. Ein Verwaltungsbau mitsamt angebautem Wohnhaus stellte eine Art Mittelpunkt dar. Die Werkstatt war vollständig geplündert, lediglich an den Gruben im Boden konnte man sie noch als solche erkennen. »Wo versteckst du dich?«, presste er zwischen zusammengebissenen Zähnen hervor.
    Ein Geräusch drang leise an sein Ohr, kaum wahrnehmbar über dem Lärm des Holzhandels, doch ungewöhnlich genug, um seine Aufmerksamkeit zu erregen. Es kam aus der großen Lagerhalle zu seiner Linken.
    Vincent steuerte eine Seitentür des Gebäudes an und spähte durch ein Fenster. Nichts. Doch da war das Geräusch

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