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Die Wächter Edens

Die Wächter Edens

Titel: Die Wächter Edens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephan Bellem
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du?«, fragte Noriko besorgt.
    Vincent zuckte mit den Schultern, wobei er kaum eine Bewegung machte.
    Toni fragte sich unwillkürlich, ob der Engel nicht bloß die Idee einer Bewegung per Telepathie in seinen Kopf pflanzte. Eine Illusion, die ihn uns überhaupt erst als menschlich wahrnehmen lässt und seine wirkliche Gestalt verbirgt.
    »Was will er überhaupt?«, platzte Toni heraus. Die Frage brannte ihm seit Tagen auf den Lippen, doch sobald er sie laut ausgesprochen hatte, erschien sie ihm dumm und unpassend.
    Vincent wandte ihm den Kopf zu, wobei ein Hauch von Langeweile über sein Gesicht zu huschen schien. »Nathaniel will die Tore der Hölle öffnen. Damit Luzifer wieder auf Erden wandeln kann.«
    Toni nickte und dachte kurz über die Worte nach. »Ich dachte, nur Gott könnte das?«
    »Gott gab den Menschen ein Versprechen«, sagte Alfred und räusperte sich verlegen. Er blickte Vincent fragend an, doch der Engel hatte keine Einwände, dass der Pfarrer die Erklärung lieferte. »Er versprach uns das Paradies auf Erden.«
    »Aber Adam und Eva wurden aus dem Garten Eden vertrieben!«, hielt Toni dagegen.
    Alfred nickte. »Du darfst nicht alles – vor allem die Texte des Alten Testaments – so wörtlich nehmen, Antonio. Der Sündenfall ist eher ein Gleichnis. Er zeigt auf, dass die Menschheit noch nicht für das Paradies bereit ist.«
    »Immer wieder kamen Propheten daher und predigtendas Paradies«, warf Shane ein. »Aber sie waren auch immer eine Art Test Gottes. Nimm Jesus als Beispiel. Ob er Gottes Sohn war oder nicht, auch er sprach vom Paradies. Und was ist passiert? Man hat ihn ans Kreuz genagelt.«
    Toni nickte langsam, war sich aber nicht sicher, ob er dem Gedanken folgen konnte.
    Alfred fuhr fort. »Die Menschheit ist nicht bereit für das Paradies. Noch nicht.«
    »Und was geschieht, wenn wir es sind?«
    Alfred stand lächelnd auf und verschwand in einem anderen Zimmer der kleinen Wohnung. Wenig später kam er zurück und trug einen tönernen Blumentopf, in dem eine winzige grüne Pflanze inmitten von feuchter Erde saß. Er stellte den Topf feierlich auf den Couchtisch und setzte sich wieder.
    Toni wollte bereits eine Frage stellen, als er bemerkte, mit welcher Ehrfurcht die anderen die kleine Pflanze betrachteten. Selbst Vincent schien ergriffen.
    »Der Baum des Lebens«, sagte Alfred feierlich. »Oder vielmehr sein Setzling.«
    Toni runzelte die Stirn. »Wie ist das möglich?«
    »Seit Anbeginn der Zeit«, ergriff Vincent das Wort, »bewachen wir Engel den Keimling. Er ist Gottes Versprechen.«
    »Wie soll ein Baum …« Vincents strenger Blick brachte ihn zum Schweigen.
    »Wenn die Menschen bereit sind für das Paradies, dann wird der Baum wachsen und gedeihen. Er wird Wurzeln in die Welt schlagen und die Menschen werden wieder im Garten Eden leben. Es wird keine Kriege mehr geben, kein Leid. Ihr werdet weder Hitze noch Kälte mehr kennen. Euer Leben wird vollkommen sein.«
    Eine Weile starrte Toni den unscheinbaren Setzling an.Es war kaum mehr als ein zu dick geratener Grashalm, doch auf irgendeine Art spürte Toni, dass der Tontopf mit dem Keimling etwas Erhabenes verströmte. »Und warum lassen wir ihn nicht wachsen?«
    Vincent schüttelte den Kopf. »Weil ihr nicht bereit dafür seid. Und vermutlich werdet ihr es niemals sein.«
    »Aber wenn Nathan damit die Hölle öffnen kann … warum zerstören wir ihn dann nicht?«
    Alfred schüttelte energisch den Kopf und sprang auf, stellte sich schützend vor den Blumentopf. »Nein! Die Menschheit mag jetzt noch nicht dafür bereit sein, aber es wird der Tag kommen. Und dann wird der Himmel auf Erden herrschen.«
    »Und es braucht mehr als den Keimling«, sagte Vincent tonlos. »Es fehlt ein geeignetes Gefäß – eine Erleuchtete.«
    »Erleuchtete?«
    Vincent überging seine Frage, seine Augen starrten ins Leere und er schien in längst vergangene Zeiten abzudriften. »Doch seit Celine gab es niemals wieder eine Frau, die vom Geist berührt war.«
    Toni entging nicht, dass Noriko betrübt zu Boden blickte. Wer auch immer Celine war , dachte er, sie muss Vincent viel bedeutet haben … sofern er zu Gefühlen in der Lage ist.
    Alfred beantwortete auch diese Frage für den Engel. »Eine Erleuchtete ist eine Frau, die von Gottes Segen erfüllt ist. Sie sieht die Wahrheit in allen Dingen. Sie kann den Baum des Lebens wachsen lassen.«
    »Wie?« Toni konnte noch immer nicht fassen, worüber sie da sprachen, aber seit einigen Tagen lag nichts mehr

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