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Die Wächter von Jerusalem

Die Wächter von Jerusalem

Titel: Die Wächter von Jerusalem Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Franziska Wulf
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dem Tisch. Dort stützte er sich auf die Tischplatte und starrte Anne eine Weile wortlos an, als wollte er prüfen, ob sie nicht doch eine Schwindlerin sei.
    »Wahrhaftig, Ihr seid es«, sagte er schließlich und ergriff Annes Hand. Es war seltsam, seine Stimme zu hören. Es war dieselbe Stimme, die sie aus Florenz kannte, dieselbe Stimme, die sie zuletzt vor zwei Tagen in Hamburg gehört hatte. Er schien sich in all den Jahrzehnten und Jahrhunderten kaum verändert zu haben. Obwohl sie mittlerweile wusste, welche Wirkung das Elixier der Ewigkeit auf den Alterungsprozess hatte, fand sie es dennoch gespenstisch. »Signorina Anne. Ich gebe zu, ich wollte es kaum glauben, als ich es in Anselmos Brief gelesen habe. Es ist lange her, seit wir Euch das letzte Mal sahen. Sehr lange.« Er nahm auf einem der freien Stühle Platz und klatschte in die Hände. »Bring noch ein Gedeck für mich, aber rasch«, befahl er der eilig herbeigelaufenen Esther. »Und nun erzählt, Signorina. Wie kommt Ihr hierher, und was führt Euch zu uns?«
    »Der Weg zu Euch dürfte Euch nicht unbekannt sein«, erwiderte Anne. »Und der Grund für mein Erscheinen …« Sie zuckte mit den Schultern. »Sagen wir mal, ich möchte endlich meinen Sohn sehen, den man mir in Florenz geraubt hat. Man sagte mir, dass ich ihn hier finden würde.«
    Esther erschien und brachte Teller, Becher, Messer und Löffel für Cosimo. Dieser wartete, bis die kleine Dienerin das Zimmer wieder verlassen hatte.
    »Stefano da Silva? Was hat Anselmo Euch alles erzählt?«
    Anselmo machte ein erschrockenes Gesicht. »Nichts! Ich habe kein Wort …«
    »Er hat nur gesagt, dass Ihr Florenz verlassen musstet, weil es Gerede über Eure offenbar ewige Jugend gegeben hat«, erklärte Anne rasch. »Das ist alles. Aber ich gehe wohl recht in der Annahme, dass dies nicht der einzige Grund ist, weshalb Ihr ausgerechnet Jerusalem als Unterschlupf gewählt habt.«
    Cosimo nickte. »Ihr habt Recht. Wir sind hier, weil wir Giacomo de Pazzi auf den Fersen sind. Und da Ihr Euren Sohn sucht, haben wir das gleiche Ziel. Stefano da Silva – Euer Sohn – ist nämlich …«
    »Die rechte Hand und der engste Vertraute von Giacomo de Pazzi«, fiel Anne ihm ins Wort. »Ja, auch ich habe davon gehört. Und ich habe gehofft, Ihr und Anselmo könntet mir bei der Suche nach ihm behilflich sein.«
    Cosimo hob überrascht die Augenbrauen. »Oh! Ich bitte um Vergebung für meine Offenheit, aber dies ist eine Wendung , mit der ich wahrlich nicht gerechnet habe. Ich bin davon ausgegangen, dass Ihr mir nicht traut. Ich dachte, Ihr seid der Ansicht, dass ich für alles verantwortlich war, was seinerzeit in Florenz geschehen ist – insbesondere Giulianos und Giovanna de Pazzis Tod.«
    Anne lief rot an und senkte beschämt den Blick. Cosimo hatte Recht, sie hatte ihn verdächtigt, Giovanna de Pazzi umgebracht und eine Verschwörung gegen die Familie Medici angezettelt zu haben. Sie hatte sogar fest daran geglaubt, dass Cosimo es gewesen war, der ihr den Attentäter auf den Hals geschickt hatte. Dann war ihr klar geworden, dass Giacomo de Pazzi seine eigene Schwester aus Eifersucht vergiftet hatte und dass er auch der Drahtzieher hinter allen anderen Ereignissen gewesen war. Doch diese Erkenntnis war zu spät gekommen . Giacomo de Pazzi hatte ihr ein wehenförderndes Mittel eingegeben und war gleich nach der Geburt mit ihrem Sohn im Arm verschwunden.
    »Ich gebe offen zu, dass ich Euch über lange Zeit für den wahren Schuldigen hielt«, sagte sie und sah Cosimo fest in die Augen. »Und dafür bitte ich Euch um Verzeihung. Aber Ihr müsst auch zugeben, dass Ihr wenig zur Entkräftigung meines Verdachtes beigetragen habt.«
    Cosimo lächelte. »Ich nehme Eure Entschuldigung an, denn Ihr habt Recht. Doch auch Ihr …«
    Die Tür ging auf, und unter Ächzen und Stöhnen betrat die Köchin das Speisezimmer.
    »Herr …«, keuchte sie, und ihr Gesicht war rot wie ein reifer Granatapfel. Sie schleppte eine große Platte herbei, auf der ein köstlich duftender Braten lag. »Verzeiht.« Sie ließ die Platte förmlich auf den Tisch fallen, sodass alles erbebte und Anne gerade noch ihren Becher festhalten konnte, um zu verhindern , dass er umfiel. »Verzeiht, Herr. Aber diese Juden! Esther , dieses faule Stück, weigert sich einfach, Euch den Braten aufzutischen, angeblich, weil es ein Schweinebraten ist. Und Mahmud ist auch nicht besser.« Sie schnappte nach Luft. »Aber ich sage Euch, das stimmt nicht. Die beiden sind

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