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Die Wächter von Jerusalem

Die Wächter von Jerusalem

Titel: Die Wächter von Jerusalem Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Franziska Wulf
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nur viel zu bequem. Sie müssten dann ja arbeiten. Wenn ich an Eurer Stelle wäre, Herr, würde ich sie nicht länger unter meinem Dach dulden. Sie sind zu nichts nutze, diese …«
    »In der Tat, du bist nicht an meiner Stelle, Elisabeth«, unterbrach Cosimo sie streng, und das Gesicht der Köchin lief noch dunkler an. »Und jetzt ist es gut. Ich habe genug gehört. Du darfst dich entfernen.«
    Mit hoch erhobenem Haupt stampfte die Köchin aus dem Raum. »Verzeiht die Unterbrechung, Anne. Elisabeth ist manchmal eine ziemlich anmaßende Person und muss in ihre Grenzen verwiesen werden. Wenn ich könnte, würde ich sie aus diesem Haushalt entfernen anstelle der anderen beiden, aber …« Er zuckte resigniert mit den Schultern. »Es hat etwas mit den Speise- und Reinheitsgesetzen der Moslems und Juden zu tun. Schweinefleisch gilt ihnen als unrein, und sie lehnen es nicht nur ab, es zu verzehren, sie wollen es noch nicht einmal berühren. Wir haben sehr lange gebraucht, bis es uns endlich gelang, mit Hilfe eines befreundeten Kaufmanns eine christliche Köchin aufzutreiben.«
    »Wochenlang haben wir nur von Hammel- und Lammfleisch gelebt.« Anselmo schüttelte sich vor Abscheu. »Könnt Ihr Euch das vorstellen? Keine Würste, keinen Braten, nicht einmal Schinken oder Speck. Elisabeth hingegen stammt aus der Nähe von Perugia und versteht vom Kochen fast so viel wie Cosimos alte Köchin, die wir in Florenz zurücklassen mussten. Das macht es ein wenig leichter, ihre Launen und Unverschämtheiten zu ertragen.«
    »Aber dies sind nur Nichtigkeiten, mit denen wir uns hin und wieder herumschlagen müssen«, sagte Cosimo mit einem Lächeln. »Im Großen und Ganzen ist das Leben hier recht angenehm .«
    »Ja, vorausgesetzt, man schafft es, niemanden zu beleidigen , weil man irgendein obskures Gesetz übertreten hat, von dessen Existenz man vorher nicht einmal etwas geahnt hatte.« Anselmo machte ein so finsteres Gesicht, dass Anne und Cosimo lachen mussten.
    »Ja, wir wären wohl beide schon längst wieder fort, wenn uns nicht eine bestimmte Aufgabe ausgerechnet in dieser Stadt festhalten würde«, sagte Cosimo. »Und ich spreche nicht von der Leitung des Kontors der Medici hier in Jerusalem. Das hätte jeder beliebige Sekretär ebenso gut übernehmen können. Ich spreche von Giacomo de Pazzi.« Anne hielt den Atem an. Jetzt wurde es interessant. »Erinnert Ihr Euch noch daran, was damals in Florenz geschehen ist, bevor Ihr die Stadt wieder verlassen habt?«
    Sie schüttelte den Kopf. »Ich weiß nur noch, dass Giacomo mit dem Baby auf dem Arm in der Wand verschwand und Donna Lucia wie eine Irre im Zimmer herumsprang, während jemand meinen Namen rief und gegen die Tür hämmerte.«
    »Ja, das war mein Vetter Lorenzo. Er war Euch mit ein paar Knechten zum Palazzo der Pazzi gefolgt. Doch als es ihm endlich gelungen war, die Tür aufzubrechen, war Giacomo schon wieder fort. Die Alte, die bereits ganz und gar dem Wahnsinn verfallen war, kreischte bei Lorenzos Anblick auf, stürzte zu Boden und war auf der Stelle tot. Und Ihr hattet das Bewusstsein verloren. Man brachte Euch in Giulianos Haus, aus dem Ihr dann kurz darauf spurlos verschwunden seid.« Cosimo nahm eine spitze Gabel und ein scharfes Messer und begann den Braten in Scheiben zu zerlegen, die er Anne, Anselmo und sich selbst auf den Teller tat. »Man hat überall nach Euch gesucht . Und schließlich nahm man an, dass der erneute Schock Euren Geist derart getrübt hat, dass Ihr einfach davongelaufen und im Arno ertrunken seid. Keiner wunderte sich darüber. Doch es gab niemanden mehr, der uns die Ereignisse im Palazzo der Pazzi schildern und von der Geheimtür erzählen konnte. Erst viele Wochen später entdeckte Anselmo sie und den Gang, der bis zu einem verlassenen Bootshaus am Ufer des Arno führte und über den Giacomo wahrscheinlich die Stadt unbemerkt verlassen hatte. Wir nahmen natürlich sofort seine Spur auf, schickten Boten in alle Himmelsrichtungen, um ihn ausfindig zu machen, aber es dauerte viele Jahre, bis wir endlich einen Hinweis auf seinen Aufenthaltsort bekamen. Er hatte sich mit dem Kind in einem Kloster in den Bergen versteckt , einem kleinen, fast vergessenen Ort, wo niemand seine wahre Identität kannte. Wir machten uns sofort auf den Weg dorthin, doch jemand muss ihn gewarnt haben, vielleicht war er es sogar selbst mit Hilfe des Elixiers, denn als Anselmo und ich das Kloster erreichten, waren Giacomo und sein Ziehsohn bereits fort. Die alten

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