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Die Wächter von Jerusalem

Die Wächter von Jerusalem

Titel: Die Wächter von Jerusalem Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Franziska Wulf
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und stießen ihn vorwärts . Ibrahim presste die Lippen aufeinander, jeder schadenfrohe Funke war jetzt aus seinen Augen verschwunden.
    »Die Gerechtigkeit wird siegen, Ibrahim«, sagte Özdemir. »Das verspreche ich dir. Ich selbst werde das Verhör führen.« Und obwohl er ihm den Rücken zuwandte, konnte Rashid förmlich das Lächeln sehen, mit dem der Statthalter seinen alten Freund bedachte, auch wenn er sich nicht erklären konnte, was Özdemir vorhatte. Wem glaubte er nun, ihm oder Ibrahim ? Er wollte den Kopf wenden, um noch einmal einen Blick von Özdemir zu erhaschen, doch einer der beiden Wachen zog so stark an der Schlinge, die um seinen Hals lag, dass sie ihm die Kehle zuschnürte und der Strick in seine Haut schnitt. Benommen ging er in die Knie, nur um mit Fußtritten zum Weitergehen gezwungen zu werden. Halb bewusstlos vor Schmerz und Luftnot stolperte Rashid voran. Was auch immer Özdemir mit ihm vorhatte, er hoffte und betete zu Allah, dass es schnell gehen möge.

IX
    Der Besuch des alten Mannes
    Anne war mit Anselmo und Cosimo in der Bibliothek. Vor ihnen auf Cosimos Schreibtisch lag der Brief von Pater Joseph de SaintClair. Wieder einmal versuchten sie hinter sein Geheimnis zu kommen – seit Anne den Brief zum ersten Mal gesehen hatte, beschäftigten sie sich täglich damit . Doch bisher waren sie nicht einen Schritt weitergekommen . Anne hatte Schwierigkeiten, die kleine Schrift und das uralte Englisch zu entziffern, und während sie und Cosimo über die Bedeutung nachgrübelten und nach einem versteckten Code suchten, machte Anselmo dumme Witze, störte sie mit flapsigen Bemerkungen und wanderte so unruhig im Zimmer auf und ab, dass es Anne schwer fiel, sich zu konzentrieren.
    Schließlich, als Anselmo damit begonnen hatte, alte toskanische Volkslieder zu pfeifen, riss ihr der Geduldsfaden.
    »Verdammt noch mal, Anselmo!«, schrie sie ihn an, »sei endlich still! Entweder du hilfst uns, oder du verschwindest!«
    »Und wo soll ich hin, Euer Hochwohlgeboren?«, fragte er giftig zurück. »Auf die Straße? Soll ich dort nach Giacomo Ausschau halten? Oder soll ich nach Eurem Geliebten suchen und ihm sagen, dass Ihr ihn vermisst? Dass Ihr jetzt am liebsten mit ihm …«
    »Anselmo!« Cosimos Stimme brachte ihn zum Schweigen. »Was ist heute mit dir los? Den ganzen Tag schon bist du so übel gelaunt, wie ich es selten bei dir gesehen habe. Du schikanierst Esther, du scheuchst Mahmud unsinnigerweise herum und beschimpfst Signorina Anne und mich. Welche Laus ist dir über die Leber gelaufen?«
    Anselmo lachte auf. »Welche Laus? War es nicht Eure Idee, dass ich mich an Elisabeth heranmachen soll? Und nun, da ich Eurem Wunsch Folge leiste und alles in meiner Macht Stehende tue, um der dicken Köchin zu gefallen, könnt Ihr es nicht ertragen. Aber so sind eben die hohen Herrschaften. Erst wollen sie, dass unsereiner für sie springt, und dann …«
    »Schweig, bevor du dich um Kopf und Kragen redest«, sagte Cosimo mit leiser und dennoch überaus deutlicher Stimme. Sein Gesicht war weiß vor Zorn, und seine Augen funkelten.
    Anne schluckte. Sie hatte Cosimo noch nie so wütend erlebt . Er sah aus, als hätte er die Macht, jemanden allein mit seinem Willen umzubringen. In diesem Moment wollte sie lieber nicht in Anselmos Haut stecken. Und auch Anselmo schien es mit der Angst zu tun zu bekommen, denn er war blass geworden und wich ein paar Schritte zurück.
    »Ich … Ach was wisst Ihr schon!«, rief er aus und drehte sich abrupt um.
    Cosimo atmete langsam und geräuschvoll aus, und ein Hauch Farbe kehrte in seine Wangen zurück.
    »Sei wenigstens still, wenn du schon nicht mithelfen willst«, sagte er und wandte sich wieder dem auf dem Schreibtisch ausgebreiteten Pergament zu.
    »Mithelfen?«, murmelte Anselmo. »Das hat doch alles keinen Sinn mehr. Wahrscheinlich hat Giacomo das Pergament doch schon längst an sich genommen.«
    »Nein, das glaube ich nicht«, widersprach Anne. »Wenn sich das Pergament in Giacomos Besitz befände, würdet Ihr es ganz bestimmt erfahren haben. Er würde nicht zögern, Euch von seinem Triumph wissen zu lassen – wenigstens schätze ich ihn so ein.«
    Cosimo nickte, ohne die Augen von dem Brief abzuwenden. Offenbar teilte er ihre Meinung.
    »Und wenn das nun gar nicht der echte Brief ist?«, wandte Anselmo ein. »Giacomo selbst könnte diesen Brief geschrieben und den richtigen abgefangen haben. Der Kerl trinkt doch ständig von dem Elixier der Ewigkeit. Woher wollt Ihr

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