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Die Waechter von Marstrand

Die Waechter von Marstrand

Titel: Die Waechter von Marstrand Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ann Rosman
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herunter, die von weither gekommen waren. Wie betäubtbeobachtete Agnes die Menschen. Die Schlachter mit den lebenden Hühnern und den Schweinehälften. Die arme Lokalbevölkerung, die Fisch verkaufte, die Bauern, die ihre Waren gleich neben den Fischern feilboten. Die hohen Gewinne, die man mit dem Heringsfang erzielte, landete jedoch nicht bei denjenigen, die das Geld am dringendsten benötigten. Auf Näverkärr hatte sie eine solche Armut wie in den Augen dieser Kinder nie gesehen. Und mitten in diesem Durcheinander stolzierten elegante Herren mit Mänteln und Hüten ausländischer Fasson herum und schienen die hungrigen Kinder und die ärmlich gekleideten Frauen der Fischer gar nicht zu bemerken. Eine Frau, die vor lauter Puder ganz grau im Gesicht war und ein schwarzes Schönheitspflaster auf der Wange trug, musterte sie von Kopf bis Fuß. Ihr Kleid war purpurrot, und sie roch stark nach Parfüm. Als sie an einem Stand einkaufte, der ein Stück entfernt lag, war deutlich das Klimpern von Münzen in ihrem Geldbeutel zu hören. Agnes fragte sich, was sie wohl kaufte und wer sie war. Der Duft von Parfüm wurde durch einen ganz anderen überlagert, als zwei junge Männer einen stinkenden Latrineneimer an ihr vorbeitrugen. Einer von beiden humpelte in beunruhigender Weise, und es sah aus, als könne ihm jeden Augenblick der Henkel aus der Hand rutschen.
    Auf der linken Seite spielten einige Kinder hinter einem hohen Zaun in einem Küchengarten. Ein kleiner Junge kletterte auf einen Baum und begann, seine Spielkameraden mit roten Äpfeln zu bewerfen. Eine schwarzhaarige Dame mit einem Hausmädchen im Schlepptau spazierte an einem Stand vorbei. Sie zeigte auf bestimmte Waren, und das Hausmädchen kaufte auf ihre Anweisung ein und packte die Lebensmittel in ihren Korb. Die Dame hatte inzwischen den hohen Zaun erreicht, hinter dem sich die Kinder befanden. Das Hausmädchenholte sie gerade noch rechtzeitig ein, um ihr die Pforte aufzuhalten. Die Dame raffte ihr Kleid und stieg die beiden Treppenstufen hinauf. Sofort erblickte sie den Jungen in der Baumkrone und schimpfte mit ihm. Die anderen Kinder sahen schweigend zu. Kurz wurde auch das Dienstmädchen gescholten, das die Kinder beaufsichtigen sollte. Der Junge kletterte vom Apfelbaum herunter, und Agnes sah ihn mit gesenktem Kopf im Haus verschwinden. Ein Mann mit schwarzem Bart und langen krausen Koteletten guckte aus der Tür, hinter der soeben der Junge verschwunden war. Die Kippa auf seinem Kopf und der Gebetsmantel, den er sich um die Schultern gelegt hatte, verrieten seine Religionszugehörigkeit.
    Agnes wandte sich dem Wasser zu und betrachtete die Schiffe, die sich bereit zum Anlegen oder Lossegeln machten. Überall waren Seeleute zu sehen. Sie umklammerte ihre Geldbörse noch fester. Das war alles, was sie hatte. Ohne diese Reserve wäre sie verloren gewesen. Es wurde die Ladung von Schiffen gelöscht, deren Flaggen sie noch nie gesehen hatte. In den Läden längs des Kais war der Handel nun in vollem Gange, und an den Fischständen versuchten die Frauen, einander zu übertönen. Agnes eilte zu der Stelle, wo sie am Abend zuvor festgemacht hatten, doch es war vergeblich. Kapitän Wikström hatte abgelegt. Jetzt spürte sie, wie sehr sie gehofft hatte, er wäre noch da. Sie hätte jemanden gebraucht, mit dem sie sich beratschlagen konnte.
    Einen Großteil des Tages verbrachte sie damit, durch die Stadt zu laufen und sich nach Arbeit umzusehen. Die Menschen waren jedoch skeptisch gegenüber Fremden, und sie erhielt überall eine Absage. Noch nie zuvor hatte sie so viel Elend versammelt gesehen wie auf diesem Fleckchen Erde. An den Gestank von den Trankochereien auf den umliegenden Inseln war sie gewöhnt, abervon diesem Schmutz und den menschlichen Exkrementen wurde ihr übel.
    In einer Gasse stand ein elegant gekleideter Mann und hustete so heftig, dass es in seiner Brust schepperte. Das kostbare Kleid der Frau, die ihn stützte, wurde mit Blut befleckt. Anschließend drückte er ihr eine Münze in die Hand und küsste sie leidenschaftlich. Er fummelte unter ihren Röcken herum, bis die Frau Agnes erblickte und sich weiter in die Gasse zurückzog und mit ihm in einem Hauseingang verschwand. Die Tür wurde aufgestoßen, und zwei lachende Herren traten heraus. Im ersten Stock ging ein Fenster auf, aus dem zwei Frauen nur in Unterwäsche ihnen zum Abschied winkten. Und was für Wäsche! Farbig und mit Spitze besetzt. Agnes starrte die beiden Prostituierten an, bis

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