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Die Waechter von Marstrand

Die Waechter von Marstrand

Titel: Die Waechter von Marstrand Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ann Rosman
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einer der beiden Männer, die sie gerade besucht hatten, sie im Vorbeigehen anstieß.
    »Sorry.« Er nickte Agnes zu. Sie nickte wortlos zurück. Die Freudenmädchen hatten das Fenster inzwischen geschlossen, aber sie konnte sie immer noch dort oben stehen und plaudern sehen. Da das Nieseln in einen etwas kräftigeren Regen übergegangen war, kehrte Agnes zu ihrer Herberge im Lotsgränd zurück. Sie, die noch nicht einmal ihren eigenen Lebensunterhalt bestreiten konnte, durfte nicht über eine Prostituierte urteilen. Agnes seufzte schwer. Ihr Magen knurrte, und die viel zu schweren Stiefel scheuerten ihr die Füße wund. Sie kam sich verkleidet vor, bemühte sich aber, an ihre Haltung und ihren Gang zu denken. Ich bin ein junger Mann, Agne Sundberg, Fassmacher. Eine alleinstehende Frau wäre sofort in die Arrestzelle gesteckt worden. Ihr androgynes Aussehen musste doch sicher sein. Trotz ihrer hellen Stimme konnte sie bestimmt als junger Mann durchgehen. Hatten nicht viele Jünglinge eine helle Stimme? Ihr Körper war stark und geschmeidig. Von ihrer Mutterhatte sie breite Schultern geerbt. Trotzdem war die Angreifbarkeit, die sie an diesem gottverlassenen Ort empfand, nur ihr als Frau vorbehalten.
    Am Nachmittag hatte der Regen aufgehört, und sie machte sich wieder auf den Weg zum Kai. Agnes verspürte fast so etwas wie Gleichgültigkeit. Der Hunger war gekommen und wieder verschwunden, ihr war der Appetit vergangen, als sie an dem Bordell und dem Mann vorbeigekommen war, der Blut gehustet und sich dann Küsse und womöglich noch mehr gekauft hatte.
    Unten am Kai waren zwei Männer in eine heftige Diskussion verwickelt. Der eine Schwede, der andere Holländer. Mit Hilfe von Stift und Papier versuchten sie, sich einig zu werden. Agnes lauschte ihrem Disput und kam nach einer Weile zu dem Schluss, dass sie im Grunde übereinstimmten, sich aber gegenseitig missverstanden. Sie zögerte einen Augenblick, doch schließlich ging sie zu ihnen. Zunächst wandte sie sich an den Mann, der Schwedisch sprach.
    »Verzeihen Sie, dass ich Ihnen ins Wort falle, mein Herr, aber im Prinzip sind Sie einer Meinung. Dieser Herr hier bietet größere Fässer an als die, die Sie normalerweise kaufen, und verlangt deshalb einen höheren Preis. Da die Fässer mehr Inhalt haben, ist dieser Preis vollkommen angemessen. Der Inhalt der Säcke dagegen ist kleiner als der, den Sie vorhin erwähnten, und daher schlage ich vor, dass Sie in dem Fall um einen Preisnachlass bitten.«
    Der Mann sah zuerst sie und dann die Zahlen auf seinem Notizblock erstaunt an.
    »Wirklich?«, fragte er verblüfft.
    Agnes wandte sich an den Holländer.
    »Dieser Herr hier hatte nicht verstanden, dass Ihre Fässer größer sind als diejenigen, die er normalerweise kauft, und deswegen wollte er einen niedrigeren Preis bezahlen.In Wirklichkeit bekommen Sie jedoch mehr Geld, als Sie verlangt haben, denn bei den Säcken ist es umgekehrt.«
    Der Holländer strahlte.
    »Sie sprechen Schwedisch und Holländisch, mein Herr?«, fragte der Schwede, der sich nun als Kaufmann Widell vorstellte.
    »Richtig.«
    »Und zu dem Holländer haben Sie dasselbe gesagt wie zu mir?«
    »Ja. Ich habe die Sache kurz überschlagen und bin zu dem Ergebnis gekommen, dass Sie sich im Grunde über die Endsumme einig sind, denn die wenigen Fässer sind größer und die zahlreicheren Säcke kleiner.«
    »Hervorragend. Haben Sie das so schnell ausgerechnet? Im Kopf? Beeindruckend.« Agnes war überzeugt davon, dass der Mann noch einmal nachrechnen würde, aber wenn sie eins beherrschte, dann Kopfrechnen.
    Der Holländer wandte sich nun an Agnes, um sie zu fragen, ob Widell in den Handel einwilligen wolle. Agnes bekam die Zustimmung des Kaufmanns und leitete diese weiter. Die beiden Herren schüttelten sich die Hände, und die Ladung des Holländers wurde gelöscht.
    Widell wandte sich an Agnes. »Könnte sich der Herr vorstellen, mich ins Wärdshus zu begleiten?«
    »Gern, vielen Dank.« Plötzlich spürte Agnes wieder, wie hungrig sie war. Hoffentlich übernahm der Kaufmann die Rechnung.
    »Und haben Sie Lust, meinen holländischen Freund zu fragen, ob er uns Gesellschaft leisten möchte?«
    Agnes fragte den Holländer, der die Einladung ebenfalls annahm. Gemeinsam gingen die drei zum Wärdshus.
    Agnes stieß mit den anderen an, als die Gläser zum zweiten Mal mit Flip vollgeschenkt wurden. Dieses tückische englische Seemannsgetränk wurde aus Sirup, Bier, Eiern und Branntwein zubereitet. Diskret

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