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Die Waechter von Marstrand

Die Waechter von Marstrand

Titel: Die Waechter von Marstrand Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ann Rosman
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dem Hof reichte voll und ganz.
    Die Tür war nicht abgeschlossen. Im Flur rief Vendela laut:
    »Hallo, Astrid, hier ist Vendela! Entschuldige bitte, dass ich so spät noch zu Besuch komme.«
    Astrid erschien im Bademantel und mit einer Dose Gesichtscreme in der Hand, die Vendela ihr zu Weihnachten geschenkt hatte.
    »Ach, Herzchen, stimmt irgendetwas nicht?«
    Da brach Vendela so heftig in Tränen aus, dass sie kein Wort mehr herausbekam.
    »Was ist denn passiert? Ist mit Charlie alles in Ordnung?«
    »Ja, ja, es sind alle gesund.«
    Astrid wirkte erleichtert.
    »Also raus mit der Sprache«, sagte sie.
    »Rickard und Jessica wollen den Bremsegård verkaufen.«
    Astrid fiel das Cremetöpfchen aus der Hand. Der Deckel löste sich und kullerte bis an die Küchentür.
    »Was sagst du da, liebes Kind? Den Bremsegård verkaufen?« Astrid griff sich an die Brust. Vendela wurde nervös. Sie hätte es ihr ja auch erst morgen erzählen können. Eilig holte Vendela einen Küchenstuhl und half Astrid, sich zu setzen.
    »Oh, mein Schöpfer!«, war alles, was sie sagen konnte. Dabei schüttelte sie unentwegt den Kopf. »Nie im Leben hätte ich gedacht, dass mich so ein Unglück gleich zweimal ereilt.«
    »Verzeih mir bitte, aber ich wusste einfach nicht, wo ich hinsollte.« Vendela bekam ein schlechtes Gewissen. Natürlich wäre es besser gewesen, bis morgen zu warten.
    »Nein, nein, nun red keinen Unsinn. Es war vollkommen richtig, gleich zu mir zu kommen. Das weißt du doch. Wir machen uns jetzt einen Tee oder, ach was, wir genehmigen uns einen Kognak, und dann reden wir. Holst du die Gläser?«
    Mühsam erhob sie sich und ging zum Eckschrank, in dem sie von Pflastern und Verbandszeug bis zu Salben alles verwahrte. Also auch den Schnaps. Astrid zufolge gehörte er in dieselbe Kategorie, Trost und Heilung.
    Schweigend saßen sie mit ihrem bernsteinfarbenen Kognak da. Astrid nippte daran und sah aus dem Fenster.
    »Ja, ja«, seufzte sie ratlos. »Ich werde nie den Tag vergessen,an dem mein Vater nach Hause kam und sagte, der Hof müsse verkauft werden. Er war ein unverbesserlicher Liederjan, meine Mutter musste sich um alles kümmern. Wenn er sich bloß ein bisschen ins Zeug gelegt hätte und nicht so versessen auf Kartenspiel und Schnaps gewesen wäre, hätten wir nicht zu verkaufen brauchen. Er war der festen Überzeugung, dass Probleme sich von allein lösen würden. Am besten ohne sein Zutun. 1955 kam das Aus. Da lagen bereits hohe Schulden auf dem Haus. Ich hatte keine Ahnung gehabt, wie schlimm es um uns stand. Die Schafe hatten gerade Lämmer bekommen, aber das eine Mutterschaf wollte ihr Kleines nicht säugen. Also saß ich mit der Nuckelflasche da und versuchte, das Lämmchen zu füttern. Nach drei Tagen wendete sich das Blatt. Ich dachte, es wäre über den Berg, und ging zu Vater, um ihm davon zu berichten. Er sagte: ›Du bist ein tüchtiges Mädchen, Astrid. Ganz deine Mutter.‹ Dann teilte er mir ohne Umschweife mit, dass der Hof verkauft werden musste. Ich dachte, ich hätte mich verhört. Aber leider war dem nicht so.«
    Sie seufzte.
    »Nun stand ich da und hatte keine Möglichkeit, mein Elternhaus zu behalten. Ich weiß noch, dass ich in den Saal ging und mit der Hand über den Tisch strich, auf dem ich siebzehn Jahre zuvor auf die Welt gekommen war. Da meine Mutter gestorben war, hatte ich mit unseren Knechten und Mägden den Hof mehr oder weniger allein bestellt. Und das war ein Glück, denn der neue Besitzer – dein Vater – brauchte jemanden, der sich um den Hof kümmerte. Er war ein ausnehmend angenehmer Kerl und ließ mich weiter hier wohnen. Deine Mutter war natürlich auch nett, aber sie ist nicht sooft hier aufgetaucht.«
    Vendela nickte. Sie kannte die Geschichte. Dass Astrid auf dem Tisch im Saal geboren war, hatte sie zwar noch nie gehört, aber sie wusste von dem Lamm und demRest. Auch, dass Vendelas Mutter immer gearbeitet und nie Zeit gehabt hatte, mit hierherzukommen. Sie hatte die Insel nicht so geliebt wie Vendelas Vater. Die beiden erinnerten sie an Rickard und sie selbst.
    »Wenn dein Vater nicht gewesen wäre, hätte ich den Hof schon vor langer Zeit verloren. Manchmal erschien es mir noch härter, weiter hier zu wohnen und den Hof zu verwalten, der nun im Besitz eines anderen war, als wenn ich hätte wegziehen müssen, weil er nicht mehr uns gehörte. Ich war hin- und hergerissen. Gleichzeitig war ich diejenige, die alles konnte und alles wusste. Es war ein gutes Gefühl, gebraucht zu

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