Die Waechter von Marstrand
nickte, aber Oskar kam ihr zuvor.
»Stimmt genau. Er befindet sich auf dem Weg der Besserung. Der Arzt hat mich gebeten, auf ihn aufzupassen.«
»Ein Messer, wie ich hörte.«
»Das ist richtig. Sie hat Glück gehabt.«
»Sie?«
»Wie bitte? Nein, er, Agne. Wir haben abwechselnd an seinem Bett Wache gesessen, weil er so hohes Fieber hatte. Einige Stunden Schlaf brauche ich auch.«
»Er kann froh sein, dass er einen so guten Freund wie dich hat, Oskar Ahlgren.«
Agnes zog sich das Fell bis über die Nasenspitze, sodass nur noch ihre Augen zu sehen waren. Dann hustete sie so bellend wie möglich. Der erwünschte Effekt trat umgehend ein. Daniel aus Korsvik wich einen Schritt zurück.
»Am besten fahre ich jetzt zurück zum Hof. Ich wollte ihn nur mal an die frische Luft bringen.« Oskar schnalzte den Pferden zu, und der Schlitten setzte sich in Bewegung.
»Wer war das?«, fragte Agnes, als sie außer Hörweite waren, sich jedoch noch immer auf den Ländereien von Korsvik befanden.
»Daniel Jacobsson aus Korsvik. Noch sitzt er wohl nur als Handlanger mit im Boot, aber ich bin mir ziemlich sicher, dass er etwas mit den Kaffeetransporten zu tun hat.«
Agnes zog eine Augenbraue hoch.
»Wie alt ist er?«
»Ich weiß nicht, vielleicht siebzehn oder zwanzig.«
Oskar blickte nach links, über das Wasser.
»Da drüben siehst du den Snikefjord, Ängholm, die Brandschären und etwas weiter weg Stensholm.«
Als Agnes sich umdrehte, sah sie nicht nur den Fjord und die Inseln, sondern mehrere Trankochereien. Der Rauch und die Gerüche waren unverkennbar.
»Gehört die dir auch?«, fragte sie und zeigte auf ein Gebäude.
»Nein, nein. Außer meinem Betrieb gibt es auf der Insel noch zwei weitere Heringssalzereien und Trankochereien. Da drüben siehst du die Heringssalzerei und Trankocherei Beateberg.«
»Drei Betriebe allein auf Klöverö?«, fragte Agnes.
»Da Marstrand einen großen Hafen hat, ist es eigentlich nicht verwunderlich.« Da hatte er natürlich recht, dachte sie. Von Marstrand aus gesehen befand sich das Tranöl hier bereits ein Stück auf dem Weg nach Süden, im Gegensatz zu dem aus Vaters Trankocherei oben auf Näverkärr.
Überall am Küstenstreifen standen einfache Rauchhütten. Die Menschen, die ihnen auf dem Weg entgegenkamen, verneigten sich höflich, wenn sie Oskar Ahlgren in seinem Schlitten erblickten. Oskar zeigte ihr die Insel und erzählte Anekdoten aus seiner Kindheit. Auf dem letzten Stück durch das Långedal lächelte er still vorsich hin und schien das schöne Wetter und die Schlittenfahrt in vollen Zügen zu genießen. Und ihre Gesellschaft, hoffte Agnes. Hin und wieder blickte er sich zu ihr um, um sich zu vergewissern, dass sie sich wohlfühlte und nicht fror. Als sie zurückkehrten, war sie beinahe eingeschlafen. Ein Knecht nahm die Pferde unter seine Fittiche. Er nickte Agnes zu und zog den Hut. Unsicher, ob sie in seinen Augen eine Frau oder ein Mann war, nickte Agnes zurück. Es hatte ihr gutgetan, sich draußen an der frischen Luft aufzuhalten. Ihre Nase und ihre Wangen waren von der Kälte gerötet. Oskar half ihr die Treppe hinauf. Sie kamen langsam voran, mussten sich eine Stufe nach der anderen erkämpfen. Agnes war von der leichten Anstrengung bereits vollkommen außer Atem. Oskar betrachtete sie sorgenvoll.
»Du musst Geduld haben«, sagte er bekümmert. »Eigentlich wollte ich dir vorschlagen, ein Bad im großen Zuber zu nehmen, aber ich glaube, damit solltest du lieber noch warten, bis die Wunde verheilt ist.«
Agnes hatte nicht gebadet, seit Josefina ihr an dem Tag, als Bryngel und sein Vater zu diesem unseligen Abendessen gekommen waren, warmes Wasser eingelassen hatte. Ein Bad wäre jetzt himmlisch gewesen.
»Ich verspreche, dass ich ganz vorsichtig bin, damit die Wunde nicht nass wird.«
»Bist du sicher?«, fragte er skeptisch.
8
Während an diesem Abend das Polizeiboot ablegte und aus der Schnauzenbucht herausfuhr, ging Vendela mit schweren Schritten zu Astrid hinüber. Es war schon nach elf, aber das, was sie der alten Dame zu sagen hatte, duldete keinen Aufschub. Sie warf einen Blick ins Fenster und sah, dass in Astrids Waschküche noch Licht brannte.
Das kleine Haus verfügte über kein richtiges Badezimmer. Die ursprünglich provisorisch gedachte Dusche in der Waschküche war nun schon seit zwanzig Jahren in Gebrauch. Ein Wasserklosett gab es überhaupt nicht, denn nach Astrids Ansicht war so etwas reine Trinkwasserverschwendung. Das Plumpsklo auf
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