Die Wächterdämonen: Das Dämonensiegel (German Edition)
hatte, und was ihm auf der Zunge lag, hätte nur mächtigen Ärger mit ihrem Chef gegeben. Leonard sollte tabu sein, er war immerhin ihr Vorgesetzter und zusätzlich einer der höchsten Teufel; ein Abenteuer mit ihm wäre viel zu kompliziert, doch das war nicht so fest in Dantalions Gedanken verankert wie in seinen.
„Komm, wir gehen ins Bett“, raunte er Dantalion zu und stemmte sich aus dem bequemen Sessel. „Gute Nacht, Großfürst!“ Nein, diese Anrede mit einem reichlich spöttischen Unterton hatte er sich jetzt beim besten Willen nicht verkneifen können, besonders weil er Leonard rangmäßig nur wenig unterstand.
Auch wenn Seere gerade schon ausgiebig mit Morten geschlafen hatte, so war er trotzdem einer weiteren kleinen Runde mit dem holden Dantalion nicht abgeneigt. Die fragile Schönheit seines Kollegen war gepaart mit einer dunklen, besitzergreifenden Wollust und seltsamen sadomasochistischen Anwandlungen, die Seere jedoch nur eingeschränkt gutheißen konnte. Das war einer der Gründe, warum aus ihnen niemals ein wirkliches Paar werden konnte. Wenn Dantalion allerdings in einer für seine Verhältnisse sanften Laune war, teilte Seere gern das Lager mit ihm. Es sprach nichts dagegen, denn Dantalion war ein guter Liebhaber .
Nun ging er mit Dantalion in dessen Allerheiligstes, sein Schlafzimmer, das niemand ohne seine Einladung betreten durfte. Das galt prinzipiell auch für sein eigenes Schlafzimmer, aber er konnte sich nicht erinnern, jemals jemandem den Zutritt dazu verwehrt zu haben.
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So kam es, dass Seere sich am nächsten Vormittag unter dem schwarzen Fell wiederfand, das in diesem Zimmer als Bettdecke diente, Dantalion halb auf sich, den heißen Atem auf seiner Haut spürend. Er grinste leicht, wuschelte durch die weichen Locken, um die er Dantalion ehrlich beneidete. Seine störrische, widerspenstige Mähne fühlte sich dagegen an wie ungekämmte Wolle. Leise seufzend robbte sich Seere unter Dantalion hervor, richtete sich langsam auf und stand dann ganz vorsichtig auf, damit er ihn nicht noch mehr störte. An der Tür drehte er sich noch einmal um und betrachtete seinen kleinen Kollegen, dessen schwarze Flügel kraftlos über den Bettrand hingen. Dantalion lag wahrhaft wie gemalt auf dem zerwühlten Bett. Auf Zehenspitzen und gähnend tappte er aus dem Zimmer, um in sein Eigenes zu gehen und sich dort frische Kleider zu holen.
Auf halbem Weg lief ihm Leonard über den Weg, der schon erstaunlich ausgeschlafen wirkte. Gut, wahrscheinlich hatte Leonard mehr Schlaf gehabt als er .
Leonard hatte die Fähigkeit, zu jeder Zeit des Tages missgelaunt und ernst zu wirken. Manchmal fragte sich Seere, woher diese unglaubliche Verbohrtheit kam. Meistens hatte er zum Glück B esseres zu tun, als sich mit diesem Stockfisch von Bereichsleiter auseinanderzusetzen. Der Kerl war sein Boss und privat ging sein Interesse an ihm gegen null. Zwar war Leonard im Laufe der Jahrhunderte zu so etwas Ähnlichem wie einem Freund geworden, aber trotzdem mischte er sich nicht in dessen Angelegenheiten ein.
Umgekehrt war das leider nicht so, Leonard neigte dazu, Seeres Angewohnheiten und seinen Lebenswandel zu kritisieren.
So wie gerade jetzt . Er betrachtete Seere mit leicht zusammengezogenen Augenbrauen und einem a usgesprochen missbilligenden Blick.
„Du machst wirklich vor nichts halt, nicht wahr, Seere? Wann wirst du endlich begreifen, dass man dich nicht hierher geschickt hat, damit du wie ein Fluch durch sämtliche Betten wütest?“
Es war nur eine rhetorische Frage, Leonard wartete nicht auf eine Antwort, sondern schritt kopfschüttelnd an Seere vorbei, betrat das Bad und wuchtete die Tür mit Schwung hinter sich zu. Wie oft, wenn er in solcher Laune war, flackerten die Glühbirnen in ihren Fassungen – ein zuverlässiges Zeichen seiner schier grenzenlosen Wut.
„Tse“, zischte Seere. Wie sehr er das hasste. Niemand beschwerte sich darüber, außer Leonard, und er erledigte seine Aufträge stets zu aller Zufriedenheit. Wo war also das Problem?
Auch diese Mission würde er erfolgreich abschließen, doch dazu musste er Morten erneut aufsuchen. Zuvor galt es aber, sich gesellschaftsfähig zu machen. Er klopfte an die Badezimmertür.
„Beeil dich, ich will duschen“, murrte er. Seine Stimme verriet deutlich den Ärger, den er dabei empfand.
„Das wird wohl ein paar Minuten Zeit haben“, tönte es schnippisch aus dem Inneren des Bades. „Wenn du es eilig hast, hättest du eher
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