Die Wächterdämonen: Das Dämonensiegel (German Edition)
überzeugen musste, dass dieses Treffen tatsächlich stattgefunden hatte. Solche Zweifel am eigenen Verstand hatte Seere schon häufiger erlebt und er ließ Morten die Zeit, die er brauchte, um das Unglaubliche als seine neue Wahrheit anzunehmen.
Wobei sich allerdings zeigte, weshalb Morten ein derart guter Dieb war: Er nahm diesen Umstand in Sekundenschnelle auf und überschlug scheinbar seine Optionen. Überaus flexibel, der Kleine, stellte Seere begeistert fest. Morten war in der Tat e rste Wahl, was die Ausarbeitung und Umsetzung von Plänen anging. Genau deswegen hatten die Wächter ihn ausgewählt, schließlich konnte sich nicht jeder innerhalb weniger Augenblicke auf eine komplett neue Situation einlassen.
Seere konnte die Schlussfolgerung und die Entscheidung, die Morten traf, in dessen Augen ablesen, und schmunzelte beeindruckt in sich hinein. Nicht schlecht, wirklich nicht.
„Ich erinnere mich“, hörte er Mortens Antwort, die zwar nicht absolut selbstsicher klang, dafür aber entschlossen.
Das breite Grinsen, das einen Anflug von Boshaftigkeit innehatte, schlich sich wieder auf Seeres Züge.
„Sehr gut!“, sagte er lobend und nickte mit dem Kinn in Richtung der Couch. „Dann setz dich hin, damit wir den Pakt besiegeln können.“
Oh, auf diesen Part freute er sich schon am Meisten. Er war regelrecht froh, dass Leonard mit einem Siegel einverstanden gewesen war.
Seere hob die Hand und wie aus dem Nichts erschien ein Umschlag in seiner Hand, den er an Morten weiter reichte.
Seelenruhig und scheinbar gelassen blieb er neben Morten sitzen, der sich in die Papiere vertiefte. Dabei war Seere selbst alles andere als gelassen. In seinem Inneren tobte die übliche Aufregung, die er jedes Mal Sekunden vor einem Abschluss in sich rumoren fühlte. Das war die diffizilste Zeit, überraschend viele Menschen sprangen ab, sobald sie das Schriftstück sahen. Es hatte eben etwas Reales, Ernsthaftes an sich, das man nicht mehr auf Sinnestäuschung oder Einbildung schieben konnte, wenn man einen Vertrag unterzeichnete.
Kurz erlaubte sich Seere nostalgische Gedanken an frühere Zeiten, als das alles viel einfacher gewesen war. Sie hatten sich gar nicht erst die Mühe machen müssen, Leute zu suchen, die bereit waren, einen Pakt mit der Hölle einzugehen. Im Gegenteil, die Seelen wurden ihnen geradezu aufgedrängt, und es waren mehr gewesen, als sie überhaupt brauchen konnten. Doch im Laufe der Jahrhunderte hatte sich alles geändert. Die Menschen glaubten nicht mehr, weder an Gott und den Himmel, noch a n die Hölle, den Teufel und seine Dämonen. Schwarzmagier waren fast ausgestorben, nur eine Handvoll Menschen machte sich heute überhaupt die Mühe, sich um so etwas wie Rituale zu kümmern. Außerdem gab es heute viel mehr Tricks, aus den Fängen der Hölle zu entkommen als früher. Jedenfalls kam es Seere so vor. Deswegen waren die Wächter in der Menschenwelt, um nach Möglichkeit zu verhindern, dass so etwas passierte.
Er verkniff sich ein Seufzen und blickte zu Morten, der das kurze Schriftstück zu studieren schien. Seere gab ihm die Zeit, die er benötigte .
„Das ... das sieht ja wie ein normaler Arbeitsvertrag aus“, meinte Morten überrascht.
„Natürlich. Es ist ja ein Arbeitsvertrag. Urlaub, Spesen, Gehalt ... muss alles geregelt sein. Falls dir der Betrag zu niedrig ist, können wir darüber gern neu verhandeln.“
Ein trockenes, spöttisches Lachen entkam Mortens Lippen.
„Zwei Millionen im Monat sind durchaus angemessen, wenn ich ‚bei Bed arf‘ zu ‚bestimmten Dienstleistungen‘ herangezogen werde“, sagte er. „Was versteht ihr unter bestimmten Dienstleistungen? Ich werde niemanden umbringen!“
„Nein, das ist sogar unter Abschnitt 8.7 vermerkt, wo deine zu erwartenden Aufgaben ganz detailliert aufgelistet sind. Siehst du? ‚Analyse von Kunstgegenständen, Erpressung, Raub, Diebstahl, Einbruch ...‘ Wir zwingen dich nicht dazu, jemanden umzubringen. Für solche Zwecke haben wir andere Leute. Du brauchst nicht mehr tun, als du bisher gemacht hast.“
Morten las die genannte Stelle aufmerksam durch und nickte. „Hier steht nichts über Kündigungsfristen.“
Seere grinste. Das musste ja kommen. Jetzt wurde es erst richtig interessant.
„Das liegt daran, dass dieser Vertrag bis an dein Lebensende gilt. Das hier ist ein Job für die Ewigkeit. Brichst du den Vertrag, stirbst du. Brechen wir den Vertrag, so erlischt er. Aber glaub mir, das ist in den letzten zweitausend
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