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Die Wälder am Fluss - Lansdale, J: Wälder am Fluss - The Bottoms

Die Wälder am Fluss - Lansdale, J: Wälder am Fluss - The Bottoms

Titel: Die Wälder am Fluss - Lansdale, J: Wälder am Fluss - The Bottoms Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joe R. Lansdale
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sicher, ob das Wort überhaupt schon existierte.
    Sie zogen die Leiche aus dem Wasser – und waren schockiert, als sie das aufgedunsene, entstellte Gesicht Louise Canertons erkannten. Eins ihrer toten, kalten Augen war offen, das andere halb geschlossen, als würde sie blinzeln.
    Als sie genauer hinsahen, stellten sie fest, dass der Körper völlig zerschnitten war; auch eine ihrer Brüste war aufgeschnitten und mit einer Angelleine wieder zugenäht worden. Zwischen den Stichen sah man etwas. Daddy trennte mit einem Messer die Naht auf. Darunter war ein Stück Papier, wie man es auch in den anderen Leichen gefunden hatte; und wie bei den anderen konnte man nicht genau erkennen, was es war. Daddy wickelte es in ein Taschentuch und steckte es in die Tasche.
    In eine Plane eingewickelt, kam die Leiche bei uns zu Hause an. Daddy und Mr. Sumption wuchteten sie aus dem Auto und zogen sie in die Scheune. Tom und ich standen unter dem großen Baum und sahen zu, wie sie sich abschleppten, und der widerliche Gestank von Fäkalien und Verwesung kroch durch die Plane zu uns herüber.
    Daddy und Mr. Sumption blieben nur kurz in der Scheune, und als sie wieder herauskamen, hatte Daddy den Stiel einer Axt in der Hand. Sein Rücken hatte sich gestrafft – er sah sehr entschlossen aus. Seine Augen, obwohl sie immer noch trübe waren, hatten einen harten und spröden Glanz, wie Glasperlen. Er ging zum Auto. Ich hörte, wie Mr. Sumption auf ihn einredete. »Tun Sie’s nicht, Jakob. Das ist es nicht wert.«
    Wir rannten zum Auto. Mama kam aus dem Haus und rief Daddys Namen. Aber Daddy schien sie nicht zu hören. Nichts schien zu ihm durchzudringen. Es war wie bei einem störrischen Maulesel: die Nase vorgestreckt, die Ohren angelegt.
    Daddy legte den Axtstiel sehr ruhig auf den Sitz. Mr. Sumption stand daneben und schüttelte den Kopf. Mama kletterte ins Auto und redete auf Daddy ein. »Jakob. Ich weiß, was du denkst – aber das kannst du nicht tun.«
    Toby war zu Mr. Sumption herübergelaufen, und weil der wusste, dass er nichts mehr tun konnte, um Daddy umzustimmen, kniete er sich hin und kraulte Toby hinter den Ohren.
    »Tun Sie’s nicht, Jakob«, sagte er noch einmal, aber mit wenig Überzeugung.
    Daddy startete den Wagen. Mama rief: »Kinder, kommt. Ihr bleibt nicht hier.«
    Vielleicht dachte sie, unsere Anwesenheit würde Daddy umstimmen, ich weiß es nicht. Wir sprangen ins Auto, gerade, als Grandma aus dem Haus trat. Sie sah uns alle im Auto sitzen, lief sofort los, setzte sich zu uns ins Auto, und Daddy, unserer Anwesenheit kaum bewusst, fuhr los und ließ Mr. Sumption in unserem Hof zurück, wo er verwundert oder resigniert herumstand.
    Mama redete und schrie und flehte den ganzen Weg zu Mr. Nations Haus. Daddy sagte die ganze Zeit kein Wort. Als er auf Nations Hof fuhr, harkte Mrs. Nation gerade einen kümmerlichen kleinen Garten, den der letzte Regen weitestgehend zerstört hatte.
    Mr. Nation und seine beiden Söhne saßen auf Schaukelstühlen unter einem Baum und knackten Pekanüsse.
    »Teufel noch mal«, sagte Grandma, der langsam klar wurde, was hier ablief.
    Mama griff nach dem Axtstiel, aber Daddy nahm ihn ihr vorsichtig ab, stieg damit aus dem Auto und ging auf Mr. Nation zu. Mama hängte sich an seinen Arm, aber er machte sich los. Er ging an Mrs. Nation vorbei, die überrascht aufsah.
    Mama wollte hinter Daddy herlaufen, aber Grandma hielt sie fest und sagte: »Lass es sein. Wenn er so ist, dann ist es, als ob Achill hinter Hektor her ist, das weißt du doch.«
    Mr. Nation und seine Jungs sahen zu, wie Daddy näher kam. Mr. Nation stand langsam auf, Nussschalen fielen von seinem Schoß. Er sah aus wie jemand, der in einer Kirche voll mit frommen Frauen steht und merkt, dass er seinen Hosenstall nicht zugeknöpft hat.
    »Was zum Teufel willst du mit dem Knüppel?«, fragte Nation.
    Im nächsten Augenblick wurde unübersehbar klar, was Daddy mit dem Knüppel wollte. Der Stiel pfiff durch die heiße Morgenluft wie ein flammender Pfeil und erwischte Mr. Nation neben dem Kopf, ungefähr dort, wo Ohr und Kiefer sich treffen, und das Geräusch, das er machte, war, gelinde gesagt, das eines Gewehrschusses.
    Mr. Nation ging zu Boden wie eine Vogelscheuche bei Sturm. Daddy stand über ihm und schwang den Axtstiel. Mr. Nation gab ein Jaulen von sich und hielt sich die Arme über den Kopf. Er war ein Bild des Jammers. Die beiden Jungs gingen auf Daddy los. Daddy drehte sich um und schlug den älteren nieder. Der jüngere

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