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Die Wälder am Fluss - Lansdale, J: Wälder am Fluss - The Bottoms

Die Wälder am Fluss - Lansdale, J: Wälder am Fluss - The Bottoms

Titel: Die Wälder am Fluss - Lansdale, J: Wälder am Fluss - The Bottoms Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joe R. Lansdale
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Gewehr in der Hand und Schuhen an den Füßen. Ich war in meinen Overall und meine Schuhe geschlüpft, während ich auf sie gewartet hatte. Der Ziegenmann war nicht weggegangen. Er winkte uns zu sich.
    »Dieser Hurensohn will uns verarschen«, sagte Grandma.
    »Ja, aber wo ist Tom?«, fragte ich.
    Grandmas Gesicht veränderte sich – und jetzt, im Mondlicht, als der Schatten des Fliegengitters auf ihr Gesicht fiel, sah sie plötzlich uralt aus, fast wie eine Hexe.
    »Komm«, sagte sie.
    Sie stieß die Fliegentür mit dem Kolben des Gewehrs auf und rannte auf den Ziegenmann zu. Sie war sehr schnell. Der Wind griff in ihr weißes Hemd und ließ es flattern, und das Mondlicht tanzte bläulich auf dem Lauf ihrer Waffe. Grandma sah aus wie ein Geist, der aus der Hölle ausgebrochen ist.
    Ich rannte ihr hinterher. Es war nicht leicht, sie einzuholen. Der Ziegenmann verschwand in den Schatten, still wie ein Gedanke.
    Während ich rannte, fing ich an, Toms Namen zu rufen, Grandma tat dasselbe, aber Tom antwortete nicht. Ich stolperte und fiel hin. Als ich aufstand, sah ich, dass ich über Toby gestolpert war. Er lag still auf dem Boden am Waldrand. Ich nahm ihn hoch. Sein Kopf fiel schlaff zur Seite. Er wimmerte leise, seine Hinterbeine traten verzweifelt in die Luft. Blut floss aus einer Wunde an seinem Kopf.
    Nach allem, was er durchgemacht hatte, war ihm jetzt der Schädel eingeschlagen worden – und es sah aus, als würde er sterben. Vorhin hatte er gebellt, um mich vor dem Ziegenmann zu warnen, und ich hatte nichts unternommen. Ich war einfach wieder eingeschlafen, während der Ziegenmann sich Tom geholt hatte. Jetzt war Toby tödlich verwundet, Tom war verschwunden, Mama und Daddy waren mit dem Auto weggefahren, und der Ziegenmann war nirgends mehr zu sehen.
    Grandma ebenfalls nicht.

24.
    Ich wollte ihn da nicht liegen lassen, blutend und sterbend, aber ich musste Grandma helfen, den Ziegenmann und Tom zu finden. Ich legte Toby vorsichtig hin, schluckte die Tränen herunter und rannte blindlings in den Wald, den schmalen Pfad entlang, auf dem Grandma dem Ziegenmann gefolgt war. Ich war sicher, dass ich über Toms oder Grandmas Körper fallen würde, aber das passierte nicht. Schließlich holte ich Grandma ein. Sie war jetzt nicht mehr so schnell. Sie humpelte, und sie atmete schwer. Die Zweige hatten ihr Nachthemd zerrissen und ihre Haare zerwühlt. Sie sah aus wie eine Wahnsinnige.
    »Liebes, du musst ihm hinterher«, sagte sie. »Ich kann keinen Schritt weiter; ich muss mich hinsetzen … ich bin nicht mehr so stark, wie ich dachte. Er ist durch die Brombeersträucher da. Du musst dich beeilen … nimm das Gewehr.«
    »Ich will dich nicht allein lassen.«
    »Du musst hinterher, Tom finden. Du hast eine Schusswaffe. Er hat keine, aber ich hab gesehen, dass er ein Messer hat. Ein großes, im Gürtel. Du sorgst dafür, dass er dir sagt, wo Tom ist, hörst du? Jesus, ich fühle mich, als würd ich sterben. Mein Herz will nicht mehr. Lauf … lauf, Harry.«
    Grandma ließ sich auf den Hintern fallen, ihre Brust hob und senkte sich, als wäre ein Blasebalg darin. Ich nahm die Pistole, rannte durch die Brombeerhecke und kam auf einen schmalen, mit Kiefernnadeln übersäten Weg. Das Mondlicht tanzte durch die Äste über mir und erhellte den Pfad. Ich konnte sehen, wo der Ziegenmann Zweige zurückgebogen und zerbrochen hatte, als wolle er mich wissen lassen, wo er langgegangen war.
    Es war hell genug, um zu sehen, wo ich langging – aber nicht hell genug, dass nicht jeder Schatten aussah wie der Ziegenmann, bereit, sich auf mich zu stürzen. Der Wind seufzte in den Bäumen, es regnete schwach, und der Regen war kalt. Nach und nach verschwand der Mond hinter Regenwolken.
    Ich wusste nicht, ob ich weiterlaufen oder zurückgehen sollte, um nach Grandma zu sehen und zu versuchen, Mama und Daddy zu finden. Ich hatte das Gefühl, dass, was immer ich auch täte, kostbare Zeit verloren ginge. Niemand konnte wissen, was der Ziegenmann Tom antat. Hatte er sie gefesselt und in den Wald gelegt, bevor er zurück ans Fenster gekommen war, um mich zu verhöhnen? Vielleicht hatte er mit Tom schon getan, was er hatte tun wollen, und jetzt wollte er mich.
    Ich dachte daran, was er mit all diesen Frauen gemacht hatte, und ich dachte an Tom, und mir wurde übel, und ich lief schneller. Ich dachte, es sei das Beste, weiterzulaufen, in der Hoffnung, das Monster zu finden, zu erschießen und Tom retten zu können.
    In dem Moment sah ich ein

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