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Die Wälder am Fluss - Lansdale, J: Wälder am Fluss - The Bottoms

Die Wälder am Fluss - Lansdale, J: Wälder am Fluss - The Bottoms

Titel: Die Wälder am Fluss - Lansdale, J: Wälder am Fluss - The Bottoms Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joe R. Lansdale
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merkwürdiges Ding in der Mitte des Pfades. Es war genau im Mondlicht, das durch die Bäume fiel. Ein Zweig stak senkrecht im Boden. An der Spitze war er mit einem Messer spitz zugeschnitten und zur Seite gebogen worden, nach rechts. Es war wie ein Pfeil, der einen Weg wies.
    Der Ziegenmann spielte mit mir. Ich fand, ich hätte keine andere Wahl, als die Richtung einzuschlagen, in die der Pfeil zeigte. Er wies auf einen Pfad, der noch schmaler war als der, auf dem ich ging.
    Ich ging den winzigen Pfad entlang, und in der Mitte stak ein weiterer Zweig – dieser allerdings war in größerer Eile aufgestellt worden. Ein abgebrochener Zweig, in die Erde gesteckt, in der Mitte gebogen, wieder nach rechts.
    Das, worauf er zeigte, war kaum noch ein Pfad – es waren ein paar Lücken hier und da zwischen den dichten Bäumen. Ich ging in diese Richtung, Spinnweben verfingen sich in meinen Haaren, Zweige schlugen mir ins Gesicht, und bevor ich wusste, wie mir geschah, verloren meine Füße den Halt, und ich rutschte über den Rand einer steilen Böschung, und als ich auf den Hintern fiel und mich umsah, fand ich mich auf der Straße, der Straße, auf der die Prediger reisten. Der Ziegenmann hatte mich über eine Abkürzung zur Straße geschickt und hatte sie auch selbst betreten, denn genau vor mir war ein Pfeil in den Staub der Straße gezeichnet. Wenn er diese Straße betreten konnte, bedeutete das, dass er überall hin konnte. Es bedeutete, dass man nirgends vor ihm sicher war. Die Geschichte von der Straße, die ihm eine Grenze setzte, davon, dass er die Wälder am Fluss nicht verlassen konnte – es war alles falsch.
    Der Ziegenmann konnte überall hin.
    Ich hob das Gewehr auf, ich hatte es fallen lassen, und rannte die Straße herunter. Ich achtete nicht mehr auf mögliche Wegweiser. Ich wollte zur Schwingenden Brücke, und von da aus zu den Tunneln in der wilden Hecke. Ich nahm an, er könnte Tom in die Höhle unter der Brücke gebracht haben, aber trotz allem, was Grandma gesagt hatte, war ich mir sicher, dass die Tunnel sein Nest waren, und dort wollte ich ihn finden, dort wollte ich auf ihn schießen und ihn töten. Ich wollte, dass Tom nichts geschehen würde, ich wollte ein Held sein, ich wollte nicht sterben, und ich wollte das alles sehr stark. Dann überlegte ich, ob ein Gewehrschuss den Ziegenmann überhaupt töten könnte. Ich hatte mich das bereits früher gefragt, aber jetzt, wo ich ihn verfolgte, wo er mich zu sich hin führte, bekam diese Frage eine etwas andere Dringlichkeit.
    Während ich rannte, wuchs in mir die Überzeugung, dass er mich zu den Tunneln in der Hecke führte und dass Tom, wie auch immer es um sie stehen mochte, dort sei. In diesen Tunneln hatte er den Frauen seine Grausamkeiten angetan, bevor er sie in den Fluss geworfen hatte. Er hatte die tote farbige Frau dort an den Baum gebunden, um uns zu verspotten, indem er uns nicht nur den Tatort des Mordes gezeigt hatte, sondern womöglich den all seiner Morde. Ein Ort, an dem er sich Zeit lassen konnte, an dem er tun konnte, was ihm gefiel, und zwar so lange, wie er wollte.
    Ich war zufrieden mit meinen Schlussfolgerungen, obwohl sie auf kaum mehr basierten als Intuition und kindlicher Fantasie. Ich wünschte, ich hätte Daddy von meinen Vermutungen erzählt, aber das hatte ich nicht, und nun musste ich mit den Konsequenzen fertig werden.
    Als ich die Schwingende Brücke erreichte, war der Wind sehr viel stärker geworden, und der Mond zeigte sich der Welt nur noch ab und zu als Fleck am Himmel. Die Brücke schwang vor und zurück, und ich stellte mir vor, dass sie mich in die Luft werfen würde wie eine Schleuder den Stein. Ich beschloss, dass ich besser zu Moses Hütte gehen und mit seinem Boot zu den Tunneln in der Hecke fahren würde.
    Mir fiel ein, dass wir das Boot am Ufer gelassen hatten, und mein Herz sank; aber dann erinnerte ich mich daran, dass es schließlich schon einmal zurückgebracht worden war, und so rannte ich voller Hoffnung zu der Hütte.
    Als ich dort ankam, war das Boot tatsächlich an seinem Platz; aber als ich das Gewehr hineinlegte und versuchte, es ins Wasser zu ziehen, stak es im Sand fest, und ich konnte es nicht von der Stelle bewegen. Ich mühte mich volle fünf Minuten ab, zerrte und schob vergeblich, und dann brach ich in Tränen aus.
    Ich holte tief Luft. Ich hatte keine Wahl, ich musste über die Brücke. So tief, wie das Boot im Sand stak, konnte ich es nicht ohne Hilfe herausziehen – und in meinem

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