Die Wälder am Fluss - Lansdale, J: Wälder am Fluss - The Bottoms
»Laut.«
»Liebling, es ist eine Weile her, dass ich … weißt du …und ich will jetzt unbedingt. Du nicht?«
»Doch.«
»Und ich will laut sein. Was meinst du: Holen wir das Auto und fahren ein Stück raus? Ich weiß einen Platz.«
»Jakob! Was, wenn jemand vorbeikommt?«
»Ich weiß einen Platz, wo keiner vorbeikommt.«
»Das müssen wir nicht. Wir können es hier machen. Wir müssen nur ein bisschen leise sein.«
»Ich will aber nicht leise sein. Und selbst wenn – es ist eine wunderschöne Nacht, und ich bin gar nicht müde.«
»Was ist mit den Kindern?«
»Wir fahren nur ein Stück die Straße runter, Liebling. Und Grandma ist doch hier. Ich verspreche dir, es wird großen Spaß machen.«
»Also gut … gut. Warum nicht.«
Es donnerte. Ich hörte, wie Mama sagte: »Jakob … vielleicht ist das eine Warnung. Vielleicht sollen wir das nicht tun.«
»Seid fruchtbar und mehret euch.«
»Vermehrung ist nicht gerade das, was wir jetzt brauchen können.«
Ich hörte Daddy lachen, und Mama kicherte.
Ich lag da und fragte mich, was um Himmels willen in meine Eltern gefahren war. In ihrem Schlafzimmer wurde es still, kurze Zeit später hörte ich das Auto starten und die Straße hinunterfahren.
Wohin fuhren sie?
Und warum?
Erst ein paar Jahre später realisierte ich, was da vor sich gegangen war. Ich hatte angefangen, Dinge über Sex zu erfahren, natürlich – aber so versiert, dass ich verstanden hätte, was zwischen Erwachsenen passierte, und dann auch noch meinen Eltern, war ich nicht. Ich konnte mir einfach nicht vorstellen, dass meine Eltern sich körperlich liebten. Ich nehme an, der Hauptgrund für ihren nächtlichen Ausflug war, dass sie mal etwas anderes ausprobieren wollten, wie zum Beispiel, Sex im Auto zu haben. Auf diese Weise konnten sie eine kurze Zeit lang nichts als Liebende sein, die in einer romantischen Umgebung Spaß miteinander haben.
Ich dachte eine Weile über meine Eltern nach. In Erwartung des Regens war der Wind kühler geworden, und ich nickte ein.
Kurze Zeit später wurde ich von Tobys Gebell geweckt, aber er wurde bald wieder still, sodass ich wieder einschlief. Dann hörte ich ein Geräusch, eine Art Klopfen, als würde ein Vogel etwas von einer harten Oberfläche picken. Ich öffnete langsam die Augen, drehte mich im Bett zur Fensterfront um und sah eine Gestalt an der Fliegentür. Sie stand einfach da und sah herein.
Obwohl es kälter geworden war, war der Sturm noch weit weg, keine Wolke verhängte den Himmel, und der Mond schien hell. In diesem Moment, im Licht des Mondes, sah ich, dass ein riesiges Loch in der Fliegentür klaffte und der Riegel zurückgeschoben worden war.
Erst jetzt merkte ich, dass das hier kein Traum war. Ich stand senkrecht im Bett und starrte die Gestalt hinter der Fliegentür an.
Das Wesen war dunkel und hatte Hörner auf dem Kopf. Es tippte mit einem langen Fingernagel auf den Türrahmen und gab einen grunzenden Ton von sich.
»Geh weg!«, schrie ich.
Aber die Gestalt blieb, und ihr Grunzen verwandelte sich in ein Wimmern. Der Wind pustete, die Gestalt mit ihm, sie machte einen Schritt zur rechten Seite der Fliegentür und verschwand aus meinem Blickfeld.
Ich fuhr herum und sah hinüber zu Toms Bett. Es war leer.
Ich stand auf und rannte zu der Fliegentür, sah auf das Loch, das hineingeschnitten worden war. Ich stieß die Tür auf und trat hinaus.
Hinten am Waldrand sah ich den Ziegenmann. Er hob die Hand und winkte mich zu sich.
Ich zögerte. Ich rannte zu Mamas und Daddys Zimmer, aber sie waren weg. Ich erinnerte mich dunkel, dass sie mit dem Auto weggefahren waren, bevor ich eingeschlafen war, Gott weiß wohin.
Ich öffnete die Tür zu Grandmas Zimmer. »Grandma!«
Sie fuhr ruckartig hoch, wie von Fäden gezogen. »Was zur Hölle ist passiert?«
»Der Ziegenmann. Er hat Tom.«
Grandma schlug die Decke zurück und stand auf. Sie trug ihr Nachthemd, ihr langes Haar fiel bis weit über ihre Schultern und umrahmte ihr Gesicht wie ein Helm.
Sie rannte zur Schlaf-Veranda. Sie sah das leere Bett, die demolierte Fliegentür.
»Geh und hol deinen Vater«, sagte sie.
»Er und Mama sind nicht da.«
»Was?«
»Sie sind mit dem Auto weggefahren.«
Grandma dachte einen Moment nach, versuchte, sich einen Reim darauf zu machen. Ich sagte: »Schau, Grandma, dort. Bei den Wäldern.«
Der Ziegenmann war immer noch da.
»Behalt ihn im Auge. Ich hol mein Gewehr und meine Schuhe.«
Einen Moment später war Grandma wieder da, mit dem
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