Die Wälder am Fluss - Lansdale, J: Wälder am Fluss - The Bottoms
dann hörte er auf Trübsal zu blasen und fing an zu pfeifen. Gegen Mittag sagte er, ich solle zum Haus gehen und etwas zu essen holen, während er weiter pflügen würde.
Im Haus packte Mama einen Korb mit etwas Maisbrot und gebratenem Hühnchen, füllte ein Einmachglas mit Pinto-Bohnen und tat den Deckel darauf. Sie legte Schalen und Löffel in den Korb und bat mich, zum Brunnen zu gehen und die Buttermilch hochzuziehen.
Als ich mit der Milch zurückkam, goss Mama sie in zwei Einmachgläser und verschloss sie. Unvermittelt sagte ich: »Daddy mag Red Woodrow nicht, oder?«
»Ach, ich weiß nicht«, sagte Mama. »Sie waren mal die besten Freunde.«
Es war, als wäre mir etwas auf den Kopf gefallen. »Beste Freunde? Das meinst du doch nicht im Ernst, Mama?«
»Doch.«
»Als sie in Pearl Creek geredet haben, hörte sich das nicht gerade wie beste Freunde an.«
»Daddy hat davon erzählt. Ich glaube, Red hat das Gefühl, Daddy mischt sich in seine Angelegenheiten ein.«
»Stimmt das denn?«
»Eigentlich nicht.« Sie trocknete sich die Hände ab und tat die beiden Einmachgläser in einen weiteren Korb. »Daddy hat Red vor dem Ertrinken gerettet.«
»Sie haben davon gesprochen«, sagte ich. »Daddy sagte, er hat ihn aus einem Strudel gezogen.«
»Ja. Ich war dabei. Wir waren auf einem Kahn. Ich durfte da eigentlich gar nicht sein. Mädchen durften solche Sachen nicht – lange draußen bleiben und mit den Jungs schwimmen gehen. Ich hätte da nicht sein dürfen.«
»Was ist passiert?«
»Eigentlich nichts. Red sprang ins Wasser, geriet in einen Strudel, Daddy sprang ihm hinterher und zog ihn raus, dabei ist er fast selbst ertrunken. Er war damals ein guter Schwimmer.«
»Warum können sie sich nicht mehr leiden?«
»Wegen mir, glaube ich.«
»Was war mit dir?«
»Red war mein Verehrer, dann traf ich deinen Daddy, und dann wurde er mein Verehrer. Es passierte auf diesem Ausflug mit dem Kahn. Ist lange her. Wir waren sehr jung damals.«
»Also gefiel es ihm nicht, dass du Daddy lieber mochtest?«
»Das ist es im Großen und Ganzen. Aber ich habe mich deswegen ziemlich schlecht gefühlt.«
»Weil du nicht mit ihm gegangen bist?«
»Oh, Himmel, nein. Aber alle erzählen immer, dass ich sein Herz gebrochen habe und ihn das verbittert gemacht hat. Dass er seither was gegen Frauen hat. Er will nichts mehr mit ihnen zu tun haben. Ich meine damit nicht, dass er irgendwie komisch ist oder so.«
»Komisch?«
Mama merkte, was sie gesagt hatte, und dass es nichts war, worüber sie mit mir sprechen wollte. Damals wurden solche Themen kaum erwähnt, geschweige denn, dass man sich damit auseinander setzte; jedenfalls nicht innerhalb der Familie oder sonstwo in Gesellschaft.
»Ach nichts, Liebling. Ich meine nur, dass er Frauen gegenüber ziemlich hartherzig geworden ist und mit anständigen Frauen nichts mehr zu tun haben will.«
»Was ist mit den weniger anständigen?«
Ich wusste, was ich tat, aber ich versuchte, es möglichst unschuldig vorzubringen.
»Na, darüber weiß ich natürlich nichts«, sagte Mama, und ich bemerkte, dass sie rot geworden war. »Und jetzt lauf. Bring das hier deinem Daddy, bevor das Essen kalt wird und die Buttermilch warm. Tom mag keine Buttermilch, ich hole ihr noch etwas kaltes Wasser.«
Ich wusste, dass Tom keine Buttermilch mochte. Warum sagte sie mir das?
Mama ging mit einem Einmachglas zum Brunnen. Ich folgte ihr mit den beiden Körben voller Essen und Getränke. Mama warf den Eimer in den Brunnen und fing dann an, ihn hochzuziehen.
Ich sagte: »Also, du hast Mr. Woodrow gefallen, aber dir gefiel Daddy, und Daddy gefällt es nicht, dass dir Mr. Woodrow gefiel, und Mr. Woodrow gefällt es nicht, dass er dir nicht so gut gefiel wie Daddy, und deswegen gefallen ihm jetzt überhaupt keine Frauen mehr?«
»So ungefähr«, sagte Mama. »Ich mochte Red. Ich … na ja, es hat einfach nicht funktioniert mit uns.«
»Zum Glück«, sagte ich.
Sie zog den Eimer auf den Brunnenrand, füllte Wasser in das Einmachglas und schraubte es zu. »Zum Glück«, sagte sie. »Und jetzt lauf.«
»Mama?«
»Ja.«
»Warum rollt Mr. Woodrow nie seine Ärmel hoch?«
»Das weiß ich wirklich nicht. Jetzt mach dich endlich auf die Socken.«
Ich stellte das Einmachglas mit Wasser zu denen mit der Buttermilch und ging zurück zum Feld. Daddy und Tom hatten Sally Redback unter einem Amberbaum am Ende des Feldes nahe dem Wald geparkt. Wir setzten uns unter den Amberbaum und aßen. Ab und zu sah ich
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