Die Wälder am Fluss - Lansdale, J: Wälder am Fluss - The Bottoms
niemanden. Die Farbigen halten nicht gerade viel von ihr, und die weißen Gesetzeshüter haben mich sehr schnell wissen lassen, dass ich dafür nicht zuständig bin.«
»Wenn du nicht zuständig bist, musst du sie auch in Ruhe lassen.«
»Pearl Creek liegt nicht in meiner Zuständigkeit – aber wo sie gefunden wurde, das ist sehr wohl mein Bezirk. Da drüben glauben sie, irgendein Landstreicher, der auf Züge aufspringt, hatte seinen Spaß mit ihr, hat sie danach in den Fluss geschmissen und sich mit dem nächsten Zug davongemacht. Vielleicht haben sie Recht. Aber wenn das stimmt – wer hat sie dann an den Baum gebunden?«
»Könnte jemand anders gewesen sein, oder?«
»Vielleicht, aber es macht mir sehr große Sorgen, daran zu denken, dass es womöglich mehrere davon gibt. Es wäre mir lieber, wenn es nur einer gewesen wäre – wenn’s nach mir ginge, hätte kein Mensch das getan. Aber wie heißt es so schön: Wünsch dir was in eine Hand, scheiß in die andere, und schau dir an, welche zuerst voll ist.«
»Jakob!«, sagte Mama in einem Ton, der nicht wirklich empört klang. Dann lachte sie leise. »Was ist denn das für eine Ausdrucksweise.« Dann: »Warum macht es ihnen was aus, wenn du dich der Sache annimmst? Warum wehren sie sich so dagegen?«
»Das weißt du genau so gut wie ich«, sagte Daddy.
»Weil sie eine Farbige ist? Aber warum sollte das wichtig für sie sein, wenn du die Sache verfolgst?«
»Was wäre, wenn es ein Weißer war?«
»Dann muss er dafür bezahlen.«
»Natürlich. Aber nicht jeder sieht es so. Sie finden, eine farbige Frau, die Prostituierte war … na ja, die hätte damit rechnen müssen. Wenn es ein Farbiger war, ist es für die nur eine Farbige weniger, also, warum sich aufregen und die Pferde scheu machen. Wenn’s ein Weißer war, wollen sie’s auf sich beruhen lassen. Sie sind der Überzeugung, dass ein Weißer seinen Spaß mit einer Farbigen haben kann, egal, um welche Art Spaß es sich handelt – und dass er dafür ganz und gar nicht bezahlen muss.«
»Als du Harry zu Hause abgesetzt hattest, wo bist du dann hingefahren?«
»In die Stadt, um Cal Fields zu treffen.«
Als er das sagte, schrumpfte ich innerlich auf die Größe eines zurückgebliebenen Marienkäfers. Meine Kühlhaus-Kletterei war schuld daran, dass ich früh nach Hause musste, und Daddy war so unzufrieden mit mir gewesen, dass er mich den ganzen langen Weg nach Hause gefahren hatte, um dann alleine in die Stadt aufzubrechen.
»Das ist dieser Zeitungsfritze, oder?«, fragte Mama. Sie meinte unsere wöchentliche Zeitung, den Marvel Creek Guardian . »Der ältere Mann mit der jüngeren Frau«, fuhr sie fort, »der tolle Hecht?«
»Ja«, sagte Daddy. »Er ist ein guter Kerl. Übrigens: Seine junge Frau ist mit einem Schlagzeuger durchgebrannt. Aber das macht Cal nicht viel aus, er hat bereits eine neue Freundin. Cal hat mir was Interessantes erzählt: nämlich dass das der dritte Mord in dieser Gegend ist, innerhalb von achtzehn Monaten. Er hat nichts darüber in der Zeitung gebracht – vor allem, weil sie so grausig waren, aber auch, weil die Opfer alle Farbige waren, und seine Leser interessieren sich nicht für farbige Mordopfer.«
»Woher weiß er dann davon?«
»Er kommt ziemlich gut mit den farbigen Kreisen hier aus. Er sagte, er hat eine Nase für Neuigkeiten, auch wenn die Zeitung, die ihm gehört, nicht alle Neuigkeiten wert ist. Er sagt, alle Opfer waren Prostituierte. Ein Mord geschah in Pearl Creek. Ihr Körper wurde unten in der Nähe des Flusses gefunden; er war in ein Abflussrohr gestopft worden. Ihre Beine waren gebrochen und an ihren Kopf gebunden, und ihr Körper war voller Stichwunden. Wie die Frau, die ich heute gesehen habe. Es hat sich herausgestellt, dass niemand diese Frau näher kannte. Irgendwie hat es sie in die Gegend verschlagen, und sie hat in einem der Freudenhäuser dort gearbeitet.«
»Freudenhäuser?«
»Das ist, wo die Prostituierten arbeiten, Liebes. Es ist so ein Haus … verstehst du?«
»Oh. Ich lerne in letzter Zeit einiges dazu. Ich wusste nicht, dass du das alles weißt.«
»Ich finde ganz schön was heraus in meinem kleinen Constable-Job. Wie auch immer: sie wurde gefunden und von ein paar Christen beerdigt, die wollten, dass sie eine ordentliche Beerdigung bekommt, und nach einer Weile dachte niemand mehr dran. Es ist die alte Geschichte. Ein Mord an einer Farbigen ist nichts, worüber die Farbigen gerne reden, außer mit ihresgleichen. Sie kümmern
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