Die Wälder am Fluss - Lansdale, J: Wälder am Fluss - The Bottoms
Wagenschmiere. Damals behandelten viele Leute Verletzungen damit, es wirkte blutstillend bei kleineren Wunden.
Als Mose damit fertig war, humpelte er rüber zu einem seiner beiden Stühle und setzte sich an einen kleinen Tisch aus Holzplanken. Er sah jetzt sogar noch kleiner aus als in Mr. Smootes Scheune.
»Also dann«, sagte Daddy. »Pass gut auf dich auf, Mose.«
»Ja, Sir. Und wenn Sie zum Fischen kommen, bringen Sie Ihren Jungen mit.«
»Das mach ich.«
»Eins ist sicher«, sagte Daddy, als wir ins Auto stiegen, »das hier war nicht meine Sternstunde.«
12.
Als wir im Auto den Pfad zur Straße der Prediger entlangholperten, fragte ich: »Was war das für ein Gefallen, den du Mr. Smoote getan hast? Es hat sich nicht angehört, als wär er dir wirklich dankbar.«
»Er denkt nicht gern dran, Harry. Es geht um eine seiner Töchter. Die älteste. Sie müsste jetzt neunzehn sein … wir haben sie heute nicht zu Gesicht gekriegt.«
»Mary Jean?«
»Genau. Ich habe sie mit einem farbigen Jungen erwischt. Wenn du weißt, was ich meine.«
Ich wurde rot. Daddy hatte noch nie mit mir über solche Dinge geredet.
»Ich hab’s niemandem erzählt, außer dir. Nicht mal deiner Mutter. Und du wirst auch niemandem etwas darüber sagen, das musst du mir versprechen. Ich weiß, dass du dein Wort hältst. Ich finde, es muss möglich sein, seinem Sohn Dinge zu erzählen, die sonst keiner wissen darf.«
»Ja, Sir. Hat er deshalb Mose angekettet?«
»Auch deshalb. Er lässt das Mädchen kaum noch aus dem Haus aus Angst, dass sie wieder zu den Farbigen geht. Er glaubt, sie ist verrückt nach ihnen. Ich glaube, in erster Linie ist sie ein ziemlich loses Mädchen, und es war bestimmt nicht das erste Mal, dass sie sich mit wem eingelassen hat. Farbige oder Weiße, was weiß ich. Ich glaube nicht, dass Mary Jean besonders wählerisch ist.«
Ich merkte mir das.
Daddy, als könne er meine Gedanken lesen, fügte hinzu: »Du lässt die Finger von dem Mädchen, verstanden? Gut möglich, dass sie sich irgendeine Krankheit eingefangen hat.«
»Ja, Sir. Ich will nichts mit ihr zu tun haben … Daddy, was ist aus dem farbigen Jungen geworden?«
»Sie kannte ihn nicht mal. Sie hat ihn unten am Fluss getroffen, er fischte da. Sie war auch zum Fischen hingekommen. Sie fingen an, sich über alles Mögliche zu unterhalten, und wahrscheinlich glaubte sie, dass man mit ihm über Zeugs reden kann, über das man mit einem weißen Jungen nicht reden kann. Die Leute glauben immer, dass Farbige weniger moralisch sind als Weiße. Aber so ist das ganz und gar nicht, Harry. Es gibt genauso viele gute Farbige wie Weiße, und genauso viele schlechte. Bei den meisten, Weißen oder Farbigen, kann man es nicht genau sagen. Es ist immer eine Mischung – und ein guter Mensch ist einer, bei dem die Mischung besser geraten ist. Also: sie redete, er redete, und ziemlich bald haben sie dann mehr gemacht als reden. Ich war da unten, um Mrs. Bentons Kuh zu suchen. Mrs. Benton ist eine Witwe, die hinter Bill auf dem Hügel wohnt. Sie hatte mich um Hilfe gebeten, also hatte ich mich auf die Suche gemacht. Was ich fand, waren Mary Jean und der farbige Junge. Ich jagte ihn weg. Sagte ihm, er solle sich nie wieder blicken lassen. Mary Jean wusste nicht, wie er hieß, also würde die Sache nicht rauskommen. Ich sagte ihr, sie solle sich anziehen, und dann hab ich sie nach Hause gebracht.«
»Und hast es ihrem Daddy erzählt?«
»Ich hab nichts gesagt. Sie hat’s getan. Einfach, um ihn zu verletzen, nehme ich an. Sie hat etwas Gemeines an sich, aber das hat ihr Vater schließlich auch. Er hat sie ziemlich oft verprügelt.«
»Du hast uns auch verprügelt.«
Daddy schwieg einen Moment. »Ist das so? Habe ich dich grün und blau geprügelt, Harry?«
»Nein, Sir.«
»Habe ich dich zusammengeschlagen, nur, um mich besser zu fühlen?«
»Ich glaube nicht.«
»Für etwas, das du gar nicht getan hattest?«
»Einmal. Ich hatte die Katze nicht ins Plumpsklo geschmissen. Tom war’s.«
»Das hast du mir nicht gesagt.«
»Tom war noch sehr klein. Sie wusste es nicht besser.«
»Also hast du für sie die Prügel kassiert?«
»Ja, Sir.«
»Das ist beachtlich. Aber du bist erzogen worden, Junge – du bist nicht einfach geprügelt worden. Es hat wehgetan; aber du bist nicht verletzt worden. Und ich habe nicht einfach drauflosgeprügelt, ich habe es mir immer überlegt.«
»Einmal, als wir dir Salz in den Kaffee getan hatten und du einen ordentlichen Schluck
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