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Die Wälder am Fluss - Lansdale, J: Wälder am Fluss - The Bottoms

Die Wälder am Fluss - Lansdale, J: Wälder am Fluss - The Bottoms

Titel: Die Wälder am Fluss - Lansdale, J: Wälder am Fluss - The Bottoms Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joe R. Lansdale
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genommen hattest und wir uns totgelacht haben, hast du uns beiden eine gelangt, ohne groß drüber nachzudenken.«
    Daddy lachte. »Da musste ich nicht lang nachdenken. Ich wusste verdammt genau, wer das getan hatte.«
    Ich kam auf Mary Jean zurück. »Also, Mary Jean hat ihrem Vater erzählt, was sie getan hatte, nur, um ihn zu verletzen?«
    »Ich glaube schon. Bill wollte den Jungen umbringen, aber ich sagte ihm, dass ich nicht wusste, wer er war, und dass ich mich nicht erinnern konnte, wie er aussah. Er glaubt sowieso, dass die alle gleich aussehen, deswegen hat er das geschluckt.
    Und sie ist schließlich nicht vergewaltigt worden. Ich sagte ihm, ich habe gesehen, was passiert ist, und das war bestimmt keine Vergewaltigung. So, wie sie gelacht hat, muss sie ziemlich viel Spaß gehabt haben.«
    »Also weiß Mr. Smoote, dass du davon weißt, und er will sicher sein, dass du’s keinem erzählst, weil er nicht will, dass die Leute wissen, dass seine Tochter mit einem Farbigen zusammen war.«
    »So ist es ungefähr. Ich habe nicht vor, das auszuplaudern. Und das hab ich ihm auch gesagt. Ich dachte, wenn ich ihn eines Tages um einen Gefallen bitte, wird er nicht nein sagen, weil er mir was schuldet. Aber Bill ist nicht besonders klug. Diesen Jungen zu bitten, ihm zu helfen, Old Mose anzuketten – das hätte er sich besser überlegen müssen.«
    *
    In dieser Nacht konnte ich nicht schlafen, also stand ich auf, leise, um Tom nicht zu wecken, und ging im Schlafanzug auf die Schlaf-Veranda. Ich dachte, vielleicht könnte ich dort besser einschlafen, aber dann ging ich barfuß zum Brunnen, zog einen Eimer Wasser herauf und trank aus der Kelle. Ich ließ mir Zeit und hörte den Grillen zu, die auf ihren Beinchen geigten.
    Als ich zurück auf die Schlaf-Veranda kam, war Mama dort. Sie saß in der Schaukel und trug ihren gesteppten Bademantel. Ich dachte, ich hätte sie aufgeweckt oder dass sie schimpfen würde, weil ich auf war, aber stattdessen klopfte sie auf den Platz neben sich, und ich ging rüber und setzte mich hin.
    »Kannst du nicht schlafen?«, fragte sie.
    »Nein«, sagte ich.
    Sie legte den Arm um mich. »Ich auch nicht. Woran denkst du?«
    »An nichts Besonderes, eigentlich.«
    »Oh.«
    »Und du?«
    »An alles auf einmal. Deshalb kann ich nicht schlafen. Manchmal trudelt alles durcheinander. Ich überlege, was ich zum Frühstück machen soll oder zum Mittagessen oder Abendbrot. Ich frage mich, ob das Maultier nicht langsam zu alt zum Pflügen ist, und ob das Wetter die Ernte vernichten wird. Ich frage mich, ob bessere Zeiten kommen werden, ich denke an die Fehler, die ich im Leben gemacht habe, und ich denke an dich und Tom.«
    »Was denkst du über mich und Tom?«
    »Nichts Besonderes. Ich denke eben nach.«
    »Mama?«
    »Ja?«
    »Hast du Daddy von Red erzählt?«
    »Nein. Hab ich nicht.«
    »Warum?«
    »Das ist schwierig zu erklären. Ich glaube, weil dein Daddy sehr wütend werden würde, wenn er wüsste, dass Red hier einfach so aufgetaucht ist, und ich will keinen Streit zwischen den beiden. Sie mögen sich sowieso nicht. Und irgendwie auch doch.«
    »Wie das?«
    »Es gibt nichts Schlimmeres als Freunde, die sich überwerfen. Unter aller Wut ist immer noch die Zuneigung, die sie mal füreinander hatten.«
    »Ich glaube, die ist weg. Daddy kann Red nicht leiden.«
    »Da sind immer noch alte Erinnerungen, und die machen die Abneigung noch schlimmer und noch schwerer. Und ich bin schuld an dieser Abneigung. Dein Daddy hat Red gerettet, beide haben mir den Hof gemacht – dadurch wurde alles ziemlich kompliziert, als dein Daddy und ich uns näher kamen. Sie konnten die Dinge nicht wieder gerade biegen.«
    »Wie meinst du das?«
    »Ich kann’s nicht erklären. Aber dein Daddy war wütend auf Red … die Leute machen blödsinnige Sachen, Harry. Sachen, von denen sie wünschten, sie hätten sie nicht getan, aber sie können es nicht ungeschehen machen. Du musst damit leben, du musst sie überwinden oder dich damit abfinden.«
    »Ich glaube nicht, dass Daddy glaubt, er hat etwas Blödsinniges getan«, sagte ich.
    »Ich spreche nicht von deinem Daddy.«
    »Was meinst du?«
    »Eines Tages werde ich es dir vielleicht besser erklären können.«
    »Red mag dich immer noch, oder?«
    »Ich glaube schon. Zumindest bis zu unserer kleinen Unterhaltung.«
    »Ist es mit dir genauso? Ich meine, so, wie du sagst, dass es mit Daddy und Red ist?«
    »Vielleicht. Ein bisschen. Nur ein bisschen. Einige Erinnerungen jedenfalls

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