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Die Wälder von Albion

Die Wälder von Albion

Titel: Die Wälder von Albion Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marion Zimmer Bradley
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verantworten konnte.
    Eilan sah das Mädchen an und suchte nach einem Hinweis auf die römische Abstammung. Und wieder mußte sie an Gaius denken. Sie wollte das Mädchen nicht wegschicken, aber es wäre bestimmt richtiger, jetzt und nicht erst viele Jahre später herauszufinden, ob die Kleine noch Verwandte unter den Römern hatte.
    Nachdem dieser Gedanke erst einmal in ihrem Bewußtsein war, ließ er sich nicht mehr verdrängen. Sie dachte ohnedies oft an Gaius, seit sie ihm zum zweiten Mal begegnet war. Jetzt schien sich endlich ein Grund zu bieten, Verbindung mit ihm aufzunehmen. Er war der Sohn des Präfekten. Mit seinen Beziehungen würde Gaius bestimmt etwas über die Verwandten des Mädchens herausfinden können. Bevor aus Valeria endgültig Senara wurde, mußte sie zumindest einen ernsthaften Versuch unternehmen.
    Während Eilan sich um die Unterbringung ihres Schützlings bemühte und aus dem Gewand einer Novizin ein Kleid zuschnitt und nähte, dachte sie an Gaius.
    Wo mochte er sein? Hatte er sie vergessen? Welche Zauberkraft besaß er, daß sie ihn nicht aus ihrem Herzen verbannen konnte? Sie seufzte und erinnerte sich lächelnd an seine kraftvolle Stimme, an das vertraute Gesicht, an seine Gestalt. Sie hörte immer noch, wie er ihren Namen mit einem leichten Akzent aussprach, und erinnerte sich allzu gut an den sehnsüchtigen Kuß in jener verzauberten Nacht an Beltane.
    Eigentlich habe ich damals nicht richtig verstanden, was er von mir wollte. Ich war noch viel zu jung. Jetzt bin ich älter und begreife es besser. Worauf habe ich verzichtet? Für den Rest meines Lebens werde ich ungeliebt bleiben, bis ich schließlich so alt und einsam bin wie Lhiannon…
    Mit wem konnte sie über ihren Kummer sprechen? Wer würde ihr einen Rat geben? Dieda hätte sie verstehen sollen, denn auch sie hatte ihren Geliebten verloren. Aber sie war hart und bitter geworden. Dieda sah keinen Ausweg und fügte sich mit eiserner Disziplin in das Unvermeidliche, und sie hatte Eilan prophezeit, daß auch sie es eines Tages bereuen würde, von dem Leben draußen in der Welt abgeschnitten zu sein. Nein, von Dieda konnte sie kein Mitgefühl erwarten. Caillean hatte nie geliebt. Für sie war die Liebe zu einem Mann etwas für Menschen auf einer anderen, niederen Bewußtseinsebene. Sie würde Eilan energisch zur Besinnung rufen und sie an ihre Aufgabe in Vernemeton erinnern.
    Und wenn Caillean sie nicht verstand, wer sonst konnte es? Es gab niemanden, mit dem sie über ihr großes Bedürfnis sprechen konnte, Gaius wenigstens noch einmal zu sehen.
    Ich möchte mich doch nur richtig von ihm verabschieden.
    Mit schlechtem Gewissen gestand sie sich das heftige Verlangen ein, ihn wiederzusehen, auch wenn es dann das letzte Mal sein würde.
    Das schlechte Gewissen war mehr als berechtigt. Alle Priesterinnen würden ihr vorwerfen, sie sehne sich nach einem Mann, Gaius sei für sie ein verwerfliches Liebesabenteuer. Damit würde sie Vernemeton und der Göttin Schande machen, auch wenn sie die letzten Gelübde noch nicht abgelegt hatte. Deshalb hatte Eilan niemandem von der zufälligen Begegnung auf dem Fest erzählt. Sie hatte gehofft und geglaubt, sie werde Gaius vergessen können. Sie war froh gewesen, als man sie für den Dienst bei Lhiannon auswählte. Mit großer Entschlossenheit hatte sie sich auf den langen Weg gemacht, eine würdige Priesterin des Orakels zu werden, vielleicht sogar einmal die Hohepriesterin. Aber all das hatte ihr nicht geholfen. Vielleicht trugen die ernüchternden Beobachtungen und Erkenntnisse jetzt dazu bei, daß Eilan innerlich wieder zweifelte. Und je größer die Unsicherheit wurde, desto mehr sehnte sie sich nach Gaius.
    Wenn sie ihn noch einmal sehen wollte, dann mußte sie eine Möglichkeit finden, die nicht den geringsten Verdacht erregte.
    Als Eilan am nächsten Morgen Senara Brot und Käse schnitt, fragte sie das Mädchen: »Was weißt du eigentlich von deinen Verwandten in der römischen Stadt?«
    »Sie leben nicht in der Stadt, Eilan. Ich glaube, der Bruder meiner Mutter ist ein römischer Beamter. Er kann lesen und schreiben… Ich glaube, er ist ein Sekretär.«
    »Ach ja?«
    Eilan stockte der Atem. Das Glück schien ihr zuzulächeln. Der Mann, von dem Senara sprach, war vielleicht sogar der Sekretär des Präfekten, und der Präfekt war der Vater von Gaius!
    Aber will mich Gaius wirklich wiedersehen?
    Damals war er fast zornig geworden, als sie ihn aufgefordert hatte, das Zelt zu verlassen.
    Meine

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