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Die Wälder von Albion

Die Wälder von Albion

Titel: Die Wälder von Albion Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marion Zimmer Bradley
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schwang sich wie ein Vogel in die Lüfte und schwebte über die Wellen.
    Weit draußen im Meer lag eine Insel mit steilen Klippen aus rotem Sandstein. Hoch oben standen weiße Tempel inmitten schattiger Haine mit dunklen Bäumen. Die höchste Klippe krönte ein Tempel, der größer war als die anderen. Er schimmerte wie pures Gold.
    Eilan flog tiefer und sah eine Frau in einem weißen Gewand. Die Frau trat an die Brüstung und blickte auf das Meer hinaus. Ein goldener Reif lag um ihren Kopf, und goldene Ringe schmückten ihre Arme und den Hals. Ihre Haare waren leuchtend rot, aber sie hatte Cailleans Augen. Ein junger Mann kam aus dem Tempel, kniete vor ihr nieder und drückte den Kopf an ihren Leib. Die Frau segnete ihn, und Eilan sah tätowierte Drachen auf seinen Armen. Eine Stimme wie sanft fallender Regen sang:
    » Weh um das Land hinter dem Meer!
    Weh um das Land, das niemand retten kann!
    Das Wissen der Götter, ihr Geschenk für uns
    Ist für immer verloren… «

    Die Worte verklangen, und das Bild änderte sich. Eilan hatte das Gefühl, es seien viele Jahre vergangen. Plötzlich loderte in der Mitte der Insel eine Flamme auf, die bis zum Himmel reichte. Dann erhob sich das Meer wie eine Wand aus grünem Glas und verschlang die Bäume und die Tempel. Doch bevor die Insel in den Fluten versank, flohen Schiffe vom Ufer wie aufgeschreckte Möwen. Auf einem Segel sah Eilan einen gemalten Drachen. Sie folgte dem Schiff nach Norden, bis silberne Wolken die Sonne verhüllten. Das Meer wurde so grau, wie sie es kannte.
    Das Schiff näherte sich dem Land. Sie sah weiße Klippen und grüne Wiesen. Sie flog über Berg und Tal bis zu einer hohen weiten Ebene. Dort zogen Männer an langen Seilen riesige Steinblöcke zu einem Platz. Ein Teil des Steinrings war bereits aufgestellt, und sie konnte sich das Heiligtum vorstellen, das hier entstand. Sie hatte das Werk der Riesen oft genug beschrieben bekommen, um zu begreifen, was sie dort sah. Der Mann, der die Arbeit beaufsichtigte, erinnerte sie an ihren Vater. Er beriet sich mit einem anderen, der wie Gaius aussah, obwohl er kleiner war und eine dunklere Haut hatte als die Silurer. Von ihm ging deutlich eine alle begeisternde und mitreißende Kraft aus. Er deutete auf den Ring der Steine, und sie sah die tätowierten Drachen auf den Muskeln seiner Unterarme.
    Ein starker Wind wehte über das hohe Gras der Ebene, und als er sich legte, hatte sich das Bild wieder verändert.
    Eilan staunte über die schnelle Folge der Generationen und neuen Stämme, die in das Land kamen. Immer wieder erkannte sie ein Gesicht oder sah eine vertraute Geste - ihr Großvater mit der Harfe, Lhiannons königliche Anmut. Sie sah sogar sich selbst wie eine Königin in einem Wagen sitzen. Ein großer Mann ritt neben ihr, und sie wußte plötzlich, seine Berührung hatte ihr geholfen, den Zugang zu der eigenen Kraft zu finden.
    Sie hörte seine Stimme über die Welten hinweg klar und deutlich.
    » Alles, was war, wird in Ewigkeit sein.
    Der Drache steigt aus dem Meer.
    Nur der, der Vollkommenheit erlangt,
    Ist wahrhaft frei und aller Lasten ledig.«

    Als letztes sah sie einen Berg, der mit großen Granitbrocken übersät war. Ein Teppich aus violettem Heidekraut lag über den Felsen. Vom Meer wehte ein kalter Westwind und peitschte das hügelige Land. An diesem stürmischen Ort wuchsen Bäume nur dort, wo die Küste der Insel der dunklen Masse des Festlands gegenüber lag.
    Eilan wußte plötzlich, daß sie Mona vor sich sah. Das Bild änderte sich wieder. Männer ihres Volkes errichteten unter der Anleitung von Druiden in weißen Gewändern hohe Scheiterhaufen.
    Eilan verstand zunächst nicht, was dort geschah, aber dann erschrak sie zutiefst.
    Priesterinnen in nachtblauen Gewändern kamen in einer schaurigen Prozession vom heiligen See. In ihren Armen lagen die toten Töchter der Frauen, die von den Römern vergewaltigt worden waren. Sie hatten ihre Kinder geboren und ertränkt. Die Priesterinnen stimmten den Gesang der Unsterblichkeit an, und eine nach der anderen trat vor die Hohepriesterin, die im Namen der Göttin das Opfer annahm und sie segnete. Mit ihren toten Kindern auf den Armen stiegen sie auf die Scheiterhaufen, und andere, die ihre Söhne den Druiden übergaben, gesellten sich zu ihnen, denn auch ihr Leben war verwirkt.
    Als die Flammen zum Himmel aufloderten, klang der Gesang wie ein Sieg über alles Leiden der Welt. Vor dem brennenden Horizont erschien eine Schar Raben, so schwarz

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