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Die Wälder von Albion

Die Wälder von Albion

Titel: Die Wälder von Albion Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marion Zimmer Bradley
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wie Rauch und so leicht wie Wolken. Und wieder hörte Eilan die klare, tönende Stimme:
    » Wenn die Adler kämpfen und morden,
    Schläft der Drache und wartet lange.
    Wenn die Raben fliegen, weint die Göttin,
    Aber aus der Saat von Haß und Leid
    Wächst langsam Verständnis und Liebe.«

    Bei diesen Worten wurde Eilan das Herz schwer. Das Bild verschwamm vor ihren Augen, die sich mit Tränen füllten.
    Als sie wieder etwas sah, stand sie an dem heiligen See. Aber sie war nicht allein. Im Wasser spiegelte sich eine Gestalt. Sie hob den Kopf und erkannte, daß es ein Mann war, der als Umhang das weiß gefleckte Fell eines Stiers trug. Sein Kopfschmuck wurde gekrönt von einem mächtigen Hirschgeweih und Falkenflügeln. Sie erschauerte, denn es war das Gewand der Druiden, das sie nur für die höchsten und heiligsten Rituale anlegten.
    Eilan verneigte sich vor dem Priester, wie es seinem Rang entsprach, und fragte dann: »Wer bist du?«
    Einen Augenblick lang erinnerte sie der Mann an ihren Großvater, aber dann sah sie, daß er trotz der Silberfäden in seinem Bart sehr viel jünger war. Aus seinen Augen leuchteten so viel Weisheit und Macht, wie sie noch bei keinem Sterblichen gesehen hatte.
    Das hätte Ardanos werden sollen!
    Er war das Gegenstück zu der großen Priesterin, die Eilan bei den Ritualen manchmal in Lhiannon gesehen hatte. Nicht das Ringen auf der Erde, nicht die Intrigen und die Politik zählten auf diesen Ebenen, denn all das war Täuschung und ein falscher Wahn. Was Eilan in seinen Augen sah, das war die Wirklichkeit.
    Der Mann lächelte, und sie hatte den Eindruck, das Licht, das sie beide umgab, werde so strahlend und hell, daß der ganze See zu leuchten schien.
    »Ich habe viele Gestalten angenommen und hatte viele Namen. Ich bin der Falke der Sonne gewesen, der weiße Hengst, der goldene Hirsch und der schwarze Eber. Aber hier und jetzt bin ich der Merlin von Albion.«
    Eilan hielt den Atem an. Ihre Lehrerinnen hatten ihr auch von dem Merlin erzählt. Es war eine Bezeichnung, die der höchste Druide in alter Zeit in Anspruch nahm. Aber eine Seele, die das durfte, wurde nicht in jeder Generation geboren. Es hieß, daß der Merlin nur den größten Druiden in der anderen Welt begegnete.
    Eilan fuhr sich zögernd mit der Zunge über die Lippen, die plötzlich trocken und spröde waren.
    »Was willst du von mir?«
    »Tochter der heiligen Insel, willst du deinem Volk und deinen Göttern dienen?«
    »Ich diene der Göttin des Lebens«, antwortete Eilan gefaßt. »Ich erfülle IHREN Willen… «
    »Das ist die Stunde der Zukunft, die Zeit des Orakels, in der sich viele Wege kreuzen, aber nur mit deiner Einwilligung. Der Weg, der sich vor dir öffnet, verlangt, daß du alles gibst. Wenn du ihm folgst, dann wirst du nur wenig Verständnis oder Lohn empfangen.«
    Er trat auf sie zu. »Und was sagen die Zeichen? Wohin weisen die Kräfte?«
    In seiner Nähe war die Kraft, die er ausstrahlte, so überwältigend, daß sie Mühe hatte, seinen Blick zu erwidern.
    »Die Stunde ist da, um auf die alte Weise eine Priesterin zu machen«, fuhr er sanft fort. »Man hat dir gesagt, daß eine Priesterin Jungfrau sein muß. Aber das stimmt nicht. Eine Priesterin der Göttin gibt sich dem Mann, dem König ihrer Wahl, zu ihrer Zeit und nach ihrem Willen. Und sie behält ihre Freiheit und Unabhängigkeit, wenn die Kraft durch sie hindurchgeflossen ist. Sie gibt, aber sie wird niemals genommen. Sie zeigt dem heiligen König ihre Bereitschaft, damit er den Segen der Kraft seiner Königin zuteil werden läßt und so das Leben im Land sich erneuern kann.«
    »Und das willst du von mir?« Eilan spürte die innere Anspannung »Wie kann ich es tun? Ich weiß es nicht!«
    »Du weißt es nicht, aber die Göttin in dir… «
    Eilan stockte der Atem, als er sie anlächelte und sagte: »Es ist meine Aufgabe, SIE in dir zu erwecken.«
    Er warf den Umhang ab, und als das Fell zu Boden fiel, sah sie, daß er nackt war. Vor ihr stand der zeugungsbereite Gott. Er schob ihr sanft die Locken aus der Stirn, und sie glaubte, ohne die Kraft seiner starken Hände zu fallen. Dann neigte er sich über sie und küßte sie auf die Stirn.
    O Göttin!
    Ihre Seele rief, und mit einer noch nie erlebten Klarheit fühlte sie sich von einer weißen Flamme entzündet, die nach unten glitt, als er ihre Lippen küßte, ihre Brüste und dann kniete, um ihren Leib mit seiner Kraft zu verschmelzen. In diesem Augenblick wurde sie sich ihres Wesens bewußt wie

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