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Die Wälder von Albion

Die Wälder von Albion

Titel: Die Wälder von Albion Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marion Zimmer Bradley
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mir leichtfallen. Hier ist nicht Rom, aber Londinium wächst, und die Frauen werden dich umschwärmen, da alle jungen Offiziere mit Agricola im Norden der Provinz sind.«
    Dann wurde er streng und zog die dichten Augenbrauen zusammen.
    »Es ist wohl selbstverständlich, daß dein Verhalten tadellos ist, solange du hier bist… «
    Gaius fühlte sich angegriffen und wollte sich verteidigen, aber dann fiel ihm ein, daß Licinius sicher nichts anderes wußte, als daß er eine skandalöse Affäre mit einer Frau gehabt hatte. Der Prokurator sprach weiter.
    »Du wirst mit Julia hier unter einem Dach leben, als sei sie deine Schwester. Ich werde dafür sorgen, daß nach und nach bekannt wird, daß ihr einander schon in der Wiege versprochen worden seid. Aber bis zur Hochzeit… «
    »Vater!« rief Julia empört. »Glaubst du wirklich, ich würde dir und mir diese Schande machen?«
    Licinius lächelte sie an. »Das denke und hoffe ich nicht, mein Kind. Ich wollte das nur auch diesem jungen Mann deutlich machen.«
    »Es besteht wirklich keine Gefahr«, murmelte Gaius.
    Er konnte sich nicht vorstellen, daß Julia jemals von Gefühlen überwältigt werden würde. Sie unterschied sich sehr von Eilan, die immer zuerst an ihn dachte und dann an sich. Er seufzte stumm. Jetzt mußte sie dafür die Folgen tragen.
    Seine Gedanken kreisten wieder um Eilan. Würde man auch sie zu einer Ehe mit einem ›geeigneteren‹ Mann, als er es war, zwingen? Würde man sie schlagen und bedrohen, damit sie sich fügte? Würde sie verzweifelt und hoffnungslos Tränen vergießen? Eilan kam aus einer edlen und einflußreichen Familie. In den Augen eines Britonen war Eilan sicher eine gute Partie und eine Verbindung mit ihr politisch ebenso vorteilhaft wie für ihn die Heirat mit dieser Julia.
    Aber Eilan wird einen anderen Mann ablehnen. Sie ist viel stärker und mutiger als ich.
    Julia lächelte mit einem Anflug von Schüchternheit. Das tat sie, wie Gaius dachte, um ihren Vater zu beeindrucken. Gaius hatte in der letzten halben Stunde eine alles andere als schüchterne Julia kennengelernt. Vielleicht hielt ihr Vater sie immer noch für ein harmloses Mädchen. Väter wissen am wenigsten über ihre Kinder, und Licinius war offensichtlich in seine Tochter vernarrt und verwöhnte und hütete sie wie seinen Augapfel.
    Ich werde viel lernen und sehr vorsichtig sein müssen, um aus dieser Falle wieder herauszukommen. O Eilan, wo bist du? Ich brauche deine Hilfe wahrscheinlich ebenso wie du meine…

    Zu den Pflichten eines Offiziers im Stab des Prokurators gehörten viele Aufgaben, die vermutlich für einen Sekretär wie Valerius einfach gewesen wären. Gaius, dessen Lehrer schon vor vielen Jahren aus Altersgründen aufgehört hatte, ihn zu unterrichten, mußte in den ersten Wochen der Ausbildung als Offizier seinem Kopf soviel abverlangen wie seinem Körper. Glücklicherweise gab es häufige Unterbrechungen, wenn er wichtige Persönlichkeiten, die Londinium besuchten, begleiten mußte.
    Er war an das städtische Leben nicht gewöhnt, stellte aber bald fest, daß er wenig Mühe hatte, sich zurechtzufinden. Gaius Julius Agricola, der Statthalter Roms, hatte ein Bauprogramm ins Leben gerufen, von dem an erster Stelle Londinium profitierte. Die Bewohner Albions waren ein ländliches Volk gewesen. Das Leben der Römer indessen kreiste um die Stadt. Dort gab es Läden und Bäder, Spiele und Theater. Eine Brücke verband Londinium mit dem Süden. Andere Straßen führten in den Norden und Westen. Über diese Handelswege wurde die Hauptstadt aus allen Teilen der Provinz versorgt. Die Schiffe, die am Ufer anlegten, brachten Waren aus dem ganzen Reich.
    Die Begleitung der hohen Gäste durch Londinium bot Gaius einen guten Grund, die Stadt zu erkunden. Diese Aufgabe erwies sich jedoch auch als die richtige Strategie, um ihn mit den Besuchern von Rang und Namen zusammenzubringen und sie auf den jungen Offizier aufmerksam zu machen, den Licinius protegierte. Als Gaius den Mut aufbrachte, Licinius einmal darauf anzusprechen, antwortete sein zukünftiger Schwiegervater, genau das habe er geplant.
    »Mein Junge, ich hoffe, daß eure Ehe erfolgreich sein wird… « Licinius schwieg und fuhr dann nachdenklich fort: »Wie du weißt, habe ich keine Söhne, keine Kinder außer Julia. Und wenn alles so wäre, wie ich es mir wünsche, dann sollte sie mein Erbe antreten können und vielleicht sogar einen Sitz im Senat erhalten. Aber eine Frau, auch wenn sie noch so fähig ist,

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