Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Wälder von Albion

Die Wälder von Albion

Titel: Die Wälder von Albion Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marion Zimmer Bradley
Vom Netzwerk:
kann diesen Rang nur auf ihren Mann übertragen. Verstehst du, deshalb bin ich so froh, daß sie den Sohn meines besten Freundes heiraten wird.«
    Gaius verstand zum ersten Mal richtig, weshalb Macellius seinen einzigen Sohn mit der Tochter eines Mannes verheiraten wollte, der selbst keine Söhne hatte. Auf diese Weise konnte Gaius ganz legitim eine Position anstreben, die Macellius seinem Sohn durch die Ehe mit Moruad versperrt hatte.
    Gaius wäre kein Mensch gewesen und auch nicht der Sohn seines Vaters, wenn ihn diese Erkenntnis kaltgelassen hätte. Schließlich öffnete man ihm in Londinium Tore, die den meisten ein Leben lang verschlossen blieben.
    Das Leben in Londinium veränderte seinen Blick. Allmählich begriff Gaius, was er aufgegeben hätte, wenn er mit Eilan davongelaufen wäre. Vielleicht hatte Macellius recht, wenn er seinen Sohn davor bewahrte, denselben Fehler zu begehen wie er in seiner Jugend. Trotzdem fand Gaius, es stehe seinem Vater nicht zu, ihn wegen etwas zu tadeln, das er selbst getan hatte.
    Solche Überlegungen führten zwangsläufig dazu, daß er wieder an Eilan dachte. Wie sah ihr Leben jetzt aus? Hatte man sie bestraft, aus Vernemeton vertrieben, oder behandelte man sie möglicherweise wie eine Gefangene? War seine Geliebte vielleicht der Meinung, er habe sie verlassen? Aber sie mußte doch wissen, daß nichts auf der Welt - bedrückt korrigierte er sich schnell -, nichts außer dem Willen seines Vaters oder Eilans Sicherheit ihn dazu bringen konnten, sie aufzugeben.
    Gaius wußte nicht, daß Julia sein inneres Ringen spürte, bis sie eines Tages selbst das Gespräch darauf brachte.
    »Von Vater weiß ich«, sagte sie nach dem Abendessen, als sie auf der Veranda saßen und den Sonnenuntergang beobachteten, der die Dächer des Palastes vergoldete, »daß du hierher geschickt worden bist, weil du eine Beziehung zu einer Einheimischen gehabt hast. Sie ist die Tochter eines Geächteten.« Als er verblüfft schwieg, fuhr sie fort: »Erzähl mir von ihr. Wie alt ist sie?«
    Gaius spürte, wie ihm das Blut ins Gesicht schoß, und er hustete schnell, um seine Verwirrung zu überdecken. Es wäre ihm nie in den Sinn gekommen, daß Licinius ihr das gesagt haben könnte. Aber vielleicht war es ganz gut so, wenn auf diese Weise die Dinge zwischen ihnen geklärt wurden.
    »Ich glaube, sie ist etwa ein Jahr älter als du… «
    Gaius mußte sich plötzlich eingestehen, daß er in den letzten Tagen überhaupt nicht an Eilan gedacht hatte.
    Der Prokurator sorgte dafür, daß er keine Langeweile hatte. Auch das gesellschaftliche Leben ließ ihn nicht zur Ruhe kommen. Er wurde ständig zusammen mit Julia eingeladen, und fast jeden Tag gab es für die beiden jungen Leute einen Grund, sich in der Öffentlichkeit zu zeigen. Für einen jungen Mann wie Gaius, dem der Makel seiner Abstammung zu schaffen machte, waren alle Begegnungen, Anlässe und Ereignisse aufregend und faszinierend. Er hatte seinem Vater einmal gesagt, er sei nicht ehrgeizig. Aber damals ahnte er noch nichts von den Belohnungen des Reichtums und der richtigen Verbindungen. Sogar Eilan hatte ihn daran erinnert, daß ihre gemeinsame Flucht ihn um alle Aussichten auf Erfolg bringen würde. Bestimmt erwartete sie nicht von ihm, die einmalige Gelegenheit, die sich ihm hier bot, auszuschlagen.
    Julia lächelte ihn an. »Wolltest du sie wirklich heiraten?«
    »Ja, das habe ich damals geglaubt. Ich war verliebt. Natürlich kannte ich dich noch nicht«, fügte er schnell hinzu. Aber was mochte für die unschuldige Julia das Wort ›verliebt‹ schon bedeuten?
    Sie sah ihm ruhig und lange in die Augen. »Ich glaube, du solltest sie noch einmal sehen, bevor wir heiraten«, sagte sie. »Du mußt dir wirklich sicher sein, daß du dich nicht doch nach ihr sehnst, wenn wir verheiratet sind… «
    »Ich habe die Absicht, ein guter Ehemann zu sein… «, begann er, aber Julia verstand ihn nicht oder wollte ihn nicht verstehen. Ihre Augen waren zu dunkel, er konnte darin nichts von ihren Gedanken oder Gefühlen sehen. Eilans Augen dagegen waren so klar wie ein Waldsee.
    »Denn«, erklärte sie rundheraus, »ich möchte keinen Mann, der lieber mit einer anderen Frau verheiratet wäre. Ich finde, du solltest sie wiedersehen und dir darüber klarwerden, wie dein Leben aussehen soll. Wenn du zu mir zurückkommst, dann weiß ich, daß du mich wirklich aus eigenem Entschluß heiraten möchtest.«
    Gaius mußte seinen Unmut unterdrücken.
    Sie redet wie ihr Vater,

Weitere Kostenlose Bücher