Die Wälder von Albion
getroffen hatte.
»Ich bin bereit… «
Ihre Stimme bebte kaum. Wenigstens war ihr Vater nicht da. Sie hatte gehört, daß er bei Cynric im Norden war. Eilan hätte ihm nicht in die Augen blicken können.
»Erklärst du, ein geeignetes Gefäß für IHRE Kraft zu sein?«
Eilan mußte schlucken.
Bin ich das?
Noch in der Nacht zuvor hatte sie es bezweifelt und wie ein verängstigtes Kind an Cailleans Schulter geweint.
»Ein geeignetes Gefäß? Wer kann das von sich behaupten?« hatte Caillean sie gefragt. »Wir sind alle nur Sterbliche. Aber du bist gewählt worden. Warum sonst hast du dich so viele Jahre auf diese Aufgabe vorbereitet?«
Der höchste Druide musterte sie wie ein Falke, der auf das verräterische Rascheln im Gras wartet. Er rechnete damit, daß sie schwach werden würde, denn dann wäre sie in seiner Macht. Unbestimmt wurde ihr bewußt, daß er diesen Augenblick genoß.
Lhiannon war der Ansicht, ich sei als Gefäß geeignet!
Nur wenn sie diese Prüfung auf sich nahm, konnte sie die Entscheidung der sterbenden Lhiannon rechtfertigen… und ihre Liebe zu Gaius.
In jener Nacht hatte sie geglaubt, einem älteren Gesetz der Göttin zu gehorchen als es das Gebot der Keuschheit war. Wenn sie die Prüfung verweigerte, gestand sie damit ein, daß die Vereinigung mit Gaius eine Sünde gewesen war…
Eilan richtete sich stolz auf und hob die Hand zum Schwur.
»Ich bin ein geeignetes und reines Gefäß. Die Erde möge sich auftun und mich verschlingen, der Himmel möge über mir einstürzen und mich zermalmen, die Götter, denen ich Treue geschworen habe, mögen mich verlassen, wenn ich lüge!«
»Die Anwärterin ist gefragt worden, und sie hat geschworen… «, sagte Ardanos zu den Druiden in seiner Begleitung. Dann forderte er die Priesterinnen auf: »Reinigt sie, die vor das Antlitz der Göttin treten will, und bereitet sie auf das Ritual vor, das ihre Prüfung vor den Göttern und den Menschen sein wird… «
Ardanos sah Eilan einen Augenblick lang an - Mitleid, Ärger und Genugtuung lagen in seinem Blick. Dann drehte er sich um und verließ mit den Druiden den Raum.
»Eilan, du mußt nicht so zittern«, flüsterte Caillean beruhigend. »Laß dir von dem alten Habicht keine Angst machen… du mußt nichts fürchten. Die Göttin ist liebevoll und gnädig. Sie ist unsere Mutter, Eilan, und die Mutter aller Frauen. Sie erschafft alles, was sterblich ist. Vergiß das nicht.«
Eilan nickte stumm. Sie wußte, auch wenn dieser Augenblick im normalen Ablauf der Dinge gekommen wäre, hätte sie sich gefürchtet. Aber wenn sie sterben sollte, dann wollte sie durch die Hand der Göttin sterben. Es bestand kein Grund, schon jetzt vor Angst zu zittern. Sie holte tief Luft. Auf jeden Fall bedauerte sie nichts, was sie getan hatte.
Der Vorhang bewegte sich wieder, und Dieda erschien mit drei der jüngsten Priesterinnen. Sie hatten Wasser von der heiligen Quelle geholt, blieben mit ihren Eimern in der Tür stehen und sahen sie voll Ehrfurcht an.
Die Hand der Göttin ruht auf mir…
Eilan schien in ihren Gesichtern das zu sehen, was sie immer bei Lhiannon wahrgenommen hatte. Die Frauen waren alle noch jung, nur Dieda war so alt wie sie.
Eilan wollte ihnen sagen: »Es hat sich nichts geändert. Ich bin noch immer Eilan… «, aber in Wirklichkeit war alles anders. Und als sie ihr das Gewand auszogen, und Eilan sich betrachtete, staunte sie, wie anders ihr Körper plötzlich wirkte. Ein geheimnisvolles Strahlen schien von ihm auszugehen. Das silberne Licht hüllte sie wie in einen Schleier. Die Umrisse verschwammen, und selbst Eilan sah nichts von den Veränderungen der Schwangerschaft. Der Leib wölbte sich kaum, und die Brüste wirkten straff, klein und rund. Sie zitterte in dem kalten Raum. Das eiskalte klare Wasser schien alle Schwere von ihr zu nehmen. Es war wie eine Reinigung von innen. Ihr ganzes Leben, auch die Spuren der Liebesnacht mit Gaius schienen von ihr abzufallen.
Eilan fühlte sich wie neugeboren, als die Priesterinnen sie in das rituelle Gewand kleideten. Sie legten ihr die traditionelle Blumengirlande um den Kopf. Als die Blüten ihre Stirn berührten, überkam sie kurz ein Schwindelgefühl.
Ist das die erste, von weit her kommende Berührung der Göttin?
Ihr Kopf schien seltsam leer, und eine leichte Benommenheit überkam sie. Vielleicht lag es auch an ihrem leeren Magen. Die heiligen Kräuter in dem Trank, den sie am Anfang des Rituals erhielt, durften nur nach einer Zeit des Fastens
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