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Die Wälder von Albion

Die Wälder von Albion

Titel: Die Wälder von Albion Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marion Zimmer Bradley
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»Als ich nicht in Erfahrung bringen konnte, was mit dir geschehen war, warf ich mir vor, daß wir hätten fliehen sollen, als noch die Möglichkeit dazu bestand. Damals hätte ich ein Leben auf der Flucht ertragen, wenn wir dafür hätten zusammenbleiben können… « Er sah sie totenblaß an. »Aber was für ein Leben wäre das für dich gewesen? Und was für ein Leben für ihn?«
    Er streckte zitternd die Hand aus und fuhr dem Kind zart über die Wange.
    »Er ist so klein und so verletzlich… «, sagte er staunend. »Wenn jemand versuchen würde, ihm etwas anzutun, ich würde ihn mit meinen Händen erwürgen!«
    Gaius blickte von dem Kind zu Eilan und errötete. Seine Gefühle machten ihn verlegen.
    »Du hast gesagt, ich soll die Welt für ihn sicher machen… « Seine Stimme klang wieder etwas ruhiger. »So wie die Dinge jetzt stehen, sehe ich nur eine Möglichkeit, um das zu erreichen. Aber dazu brauchst du soviel Mut wie eine Frau der alten römischen Republik.«
    Eilan sank erschöpft gegen das Kissen und dachte, trotz der großen Kaiser beschwören die Römer immer die Zeit der Republik, wenn sie von hohen Tugenden und Idealen sprechen. Sie schloß die Augen.
    »Du willst mir damit sagen, daß du diese Römerin heiraten möchtest… «, flüsterte sie mit erstickter Stimme, und wieder kamen ihr die Tränen.
    »Ich muß es tun!« rief er, stand auf und ging unruhig in dem kleinen Raum hin und her.
    »Versteht du nicht? Mons Graupius war das letzte Aufbäumen der Stämme. Dein Volk kann nur noch auf die hoffen, die das Land regieren, auf Männer wie mich, in deren Adern das Blut beider Völker fließt. Aber ich kann in der römischen Welt nur dann Einfluß und Macht erringen, wenn ich die Tochter einer bedeutenden und politisch einflußreichen Familie heirate.«
    Eilan schien ihm nicht zuhören zu wollen, sondern schluchzte stumm immer mehr.
    »Bitte weine nicht«, flehte er verzweifelt. »Ich kann deine Tränen nicht ertragen. Bitte, denk an ihn… «, er deutete auf das schlafende Kind. »Um seinetwillen können wir bestimmt ertragen, was sein muß.«
    Du wirst nicht das ertragen müssen, was mir bevorsteht und was ich schon durchgemacht habe.
    Eilan kämpfte gegen die Tränen. Sie bäumte sich innerlich gegen das Schicksal auf. Sie war verzweifelt.
    »Du wirst nicht immer allein sein. Das verspreche ich dir«, sagte Gaius. »Ich kehre zu dir zurück, sobald ich kann. Und du weißt, daß bei den Römern eine Ehe aufgelöst werden kann.«
    »Ja, das habe ich gehört«, murmelte Eilan.
    Sie wußte jedoch auch, daß die Adelsfamilien eine Ehe durch entsprechende Verträge so absicherten, daß die Scheidung kaum durchführbar war. Eilan holte tief Luft und trocknete die Tränen. Sie wußte, es war falsch, Gaius Vorwürfe zu machen und die Schuld an der aussichtslosen Lage nur ihm anzulasten. Innerlich noch immer tief verletzt, aber nach außen ruhig und gefaßt, fragte sie dann: »Was ist das für eine Frau? Ist sie hübsch?«
    Gaius sah sie bedrückt an. »Sie ist nicht halb so schön wie du, mein Schatz. Sie ist so jung… « Dann fügte er hinzu: »Aber sie weiß ganz genau, was sie will. Manchmal hatte ich den Eindruck, unbewaffnet in eine Arena geschickt worden zu sein, um gegen einen Kriegselefanten zu kämpfen oder gegen ein wildes Raubtier, so wie man in Rom die Verbrecher um ihr Leben kämpfen läßt.«
    Dann wird sie dich nie mehr loslassen…
    Eilan zwang sich zu einem Lächeln. »Dir liegt also… nicht viel an ihr?«
    »Eilan!« Er kniete sich wieder neben sie. Als sie die Erleichterung in seiner Stimme hörte, hätte sie beinahe gelacht. »Wenn ihr Vater nicht der Prokurator wäre… ich schwöre dir, ich hätte sie nicht beachtet. Aber mit seiner Hilfe kann ich Senator werden und eines Tages sogar der Statthalter der Provinz. Denk doch nur, was ich dann für dich und das Kind tun könnte!«
    Gaius beugte sich über seinen Sohn und blickte ihn liebevoll an. Als er bemerkte, daß Eilan ihn beobachtete, richtete er sich auf und sah sie unsicher an.
    Eilan sagte jedoch nichts, sondern erwiderte nur stumm seinen Blick.
    Caillean hat recht. Er ist einer Illusion verfallen und redet sich ein, das sei die Wirklichkeit. In dieser Hinsicht ist er wie jeder Mann! Er denkt nur an sich und an sein Leben…
    Eilan erkannte, daß sie sich in das Unvermeidliche fügen mußte. Die Würfel des Schicksals waren endgültig gefallen. Noch wäre sie bereit gewesen, auf alles zu verzichten, um an seiner Seite zu sein.

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