Die Wälder von Albion
schließlich. »Aber auch ich liebe Eilan, und sie hat zuviel ertragen müssen… «
»Lebt sie?« fragte Gaius mit angehaltenem Atem.
»Du hast alles getan, um sie dem Tod zu weihen«, schleuderte ihm Caillean zornig entgegen. »Ardanos hätte sie töten lassen, aber er wurde bewogen, sie zu verschonen. Eilan hat mir alles erzählt. Warum bist du nicht früher gekommen? Ist es wahr, daß du eine andere Frau geheiratet hast?«
»Mein Vater hat mich damals sofort aus Deva weggeschickt… «
»Nach Londinium«, sagte sie und nickte. »Hat Ardanos also gelogen, als er uns sagte, du hättest eine Römerin geheiratet?«
»Das sollte ich«, erwiderte Gaius und ließ den Kopf sinken, »aber ich wurde an die Front abkommandiert und konnte nicht früher kommen.« Er sah die strenge Priesterin flehend an. »Was ist mit Eilan geschehen?«
Caillean erwiderte seinen Blick mit unverhüllter Verachtung, und Gaius fühlte sich so schuldig wie noch nie in seinem Leben.
Schließlich sagte Caillean: »Hast du erwartet, sie würde wieder hier auf dich warten? Das kann sie nicht, denn sie hat gestern deinem Sohn das Leben geschenkt!«
Gaius wagte nicht zu atmen.
»Sie lebt?« flüsterte er. »Und das Kind?«
Cailleans abweisendes Gesicht wurde etwas weicher.
»Sie lebt, aber sie ist sehr schwach, denn es war eine schwere Geburt. Ich hatte Angst um sie. Du scheinst es mir nicht wert zu sein, deinetwegen zu sterben, aber wenn sie dich sieht, ist das vielleicht die Medizin, die sie jetzt braucht. Bei der Göttin, ich will nicht richten, und ich schulde Ardanos keine Rechenschaft über mein Tun. Hör zu, ich werde dir den Weg zu einer Hütte zeigen. Aber du darfst erst morgen dorthin gehen, denn Eilan ist jetzt nicht allein. Die alte Frau, die sie betreut, kommt morgen zu mir, um Medizin für Eilan zu holen. Wenn du eine Stunde nach Sonnenaufgang bei der Hütte bist, kannst du mit Eilan sprechen. Aber die Alte darf dich auf keinen Fall sehen. Du hast höchstens eine Stunde Zeit. Dann mußt du wieder gehen, sonst sind wir alle in höchster Gefahr. Versprichst du das?«
Gaius nickte stumm. Er hätte ihr alles versprochen, nur um Eilan und sein Kind zu sehen…
Gaius wollte sich an sein Versprechen halten, aber er stand bereits bei Sonnenaufgang gut versteckt hinter einem dicken Baum und ließ die Tür der Hütte nicht aus den Augen. Er mußte nicht lange warten, bis die Alte in einen dicken Umhang gehüllt und mit Tüchern über dem Kopf erschien. Sie lief mit einem Korb am Arm den Pfad entlang und verschwand zwischen den Bäumen.
Gaius schlug das Herz bis zum Hals, als er an der Tür stand und sie behutsam öffnete. Einen Moment lang blendete ihn der Feuerschein, dann sah er Eilan. Sie lag auf einem schmalen Bett mit einem Bündel an ihrer Seite - das Kind, wie er wußte. Er blieb gebannt stehen.
Eilan spürte den kalten Luftzug, aber sie war noch zu müde, um die Augen zu öffnen. Warum stand die Tür offen? War die Alte zurückgekommen, oder hatte sie den Riegel nicht richtig vorgeschoben?
Sie zwang sich seufzend, die Augen aufzuschlagen, und sah in der offenen Tür einen Mann stehen. Erschrocken drückte sie das Kind enger an sich. Es wachte auf und stieß empört einen dünnen Schrei aus. Der Mann trat schnell in den Raum, und als das Licht auf sein Gesicht fiel, erkannte sie ihn.
»Gaius!« rief sie und brach in Tränen aus. Er kniete neben ihr nieder, ließ den Kopf sinken und wagte nicht, ihr in die Augen zu sehen.
»Man hatte mich nach Londinium geschickt… Mir blieb keine andere Wahl… «, stieß er heiser hervor, »ich wollte zu dir kommen… Ich wollte dir eine Nachricht schicken… Ich konnte nicht… «
»Es tut mir leid… «, flüsterte sie, obwohl sie nicht wußte, weshalb sie sich entschuldigen sollte. »Mir kommen in letzter Zeit so schnell die Tränen.«
Er hob den Kopf, blickte sie flüchtig an und richtete dann die Augen auf das Kind.
»Ist das… mein Sohn?«
»Wer sonst… «, erwiderte sie. »Oder glaubst du, daß ich vielleicht, nur weil… «, sie schluchzte so heftig, daß sie kaum noch sprechen konnte, »ich mit dir geschlafen habe, mich auch einem anderen Mann hingeben würde?«
»Eilan!« rief er entsetzt. »So etwas darfst du nicht sagen!«
An seinem Gesicht sah sie, daß ihm dieser Gedanke nie gekommen war, und sie wußte nicht, ob sie sich von dieser Selbstsicherheit geschmeichelt fühlen oder ob sie darüber empört sein sollte. Er ballte die Fäuste, öffnete sie und sagte
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