Die Wälder von Albion
höchsten Druiden schließlich durch die Tür fiel, befand sich Eilan in einem Zustand dumpfer Furcht.
»Ich bin froh, daß es dir wieder besser geht«, sagte Ardanos sachlich und blickte auf sie herab.
»Ja, Großvater, es geht mir wieder gut.«
Er runzelte die Stirn. »In der Tat, ich bin dein Großvater. Kein Mann in ganz Albion würde mir Vorwürfe machen, wenn ich dich mit eigenen Händen ertränkt hätte!«
Er ging zu dem Körbchen, blickte kurz auf das Kind und nahm es hoch. »Aber du hast deine Entscheidung getroffen, und wir müssen jetzt alle damit leben. Die Täuschung hat lange genug gedauert. Drei Tage sollten genügen, damit deine Milch zurückgeht. Dann gehst du nach Vernemeton und bereitest dich auf das Beltane-Ritual vor.« Er sah sie herausfordernd an und fügte hinzu: »Dein Sohn wird in einer anderen Familie aufgezogen.« Er drehte sich um und ging mit dem kleinen Gawen auf dem Arm zur Tür.
»Halt!« rief Eilan. »Wohin bringst du ihn?«
Die Angst schnürte ihr die Kehle zu. Sie erinnerte sich noch gut daran, wie ihre Hündin gewinselt hatte, als Bendeigid ihr die Jungen wegnahm, um sie zu ertränken, weil sie sich mit dem Terrier des Nachbarn eingelassen hatte.
Ardanos sah sie kalt an und erwiderte, ohne mit der Wimper zu zucken: »Glaube mir, es ist besser, wenn du es nicht weißt. Ich verspreche dir, dein Sohn wird gut versorgt und in sicheren Händen sein. Wenn du deine Aufgaben zu unserer Zufriedenheit erfüllst, darfst du ihn vielleicht von Zeit zu Zeit sehen.«
Eilan fragte sich, weshalb ihr noch nie aufgefallen war, wie grausam Ardanos aussah, wenn er lächelte, und wie lang und spitz seine Zähne waren.
»Das darfst du nicht tun!« rief sie. »Ich werde für ihn sorgen. Du darfst ihn mir nicht wegnehmen. Bitte, das darfst du nicht… Ich flehe dich an!«
Ardanos zog die buschigen Augenbrauen zusammen. »Wieso überrascht dich das? Was hast du dir denn vorgestellt, Eilan? Was, glaubtest du, würde nach der Geburt deines Kindes geschehen?« fragte er mit kaum verborgener Ungeduld. »Hast du erwartet, du könntest unter den Augen aller Priesterinnen und Novizinnen in Vernemeton dein Kind stillen? Sei doch vernünftig!«
Aber Eilan hörte ihm nicht zu. Sie wußte nur, daß er ihr das Kind wegnehmen wollte.
»Gib mir meinen Sohn zurück!« rief sie. »Du kannst ihn nicht haben.«
Sie zog an dem Bündel in den Armen ihres Großvaters, und das Kind begann zu weinen.
»Du törichtes dummes Ding, laß ihn los.«
Eilans Beine gaben unter ihr nach, aber sie umklammerte seine Knie.
»Ich flehe dich an… ich flehe dich an… Großvater! Das kannst du mir nicht antun. Du kannst mir meinen Sohn nicht wegnehmen… «
»Ich muß es tun, und ich werde es tun«, erwiderte Ardanos entschlossen, schob sie zornig zur Seite und machte sich von ihr los. Als sie laut schluchzend auf dem Boden lag, ging er mit dem schreienden Kind durch die offene Tür hinaus.
Sie sah nur noch die Sonnenflecken, hörte den leichten Wind in den Zweigen; dann umgab sie plötzlich Dunkelheit, und sie wußte nichts mehr.
»Soll das deine Rache sein, du Ungeheuer?«
Caillean schlug die Tür hinter sich zu und stürmte in das Zimmer. Sie war zu erregt, um überhaupt zu würdigen, daß es im Haus des höchsten Druiden in Deva Türen gab, die man zuschlagen konnte.
Ardanos saß beim Essen und hob erstaunt den Kopf, als er sie plötzlich vor sich sah. Caillean hatte sich auf dem Weg nach Deva genau überlegt, was sie ihm mit der ganzen aufgestauten Wut entgegenschleudern wollte.
»Du bösartiger, grausamer alter Mann! Ich habe Lhiannon vor ihrem Tod geschworen, dir zu helfen. Aber das bedeutet nicht, daß ich deine Sklavin bin oder dir als Folterknecht dienen muß!«
Er öffnete den Mund, um etwas zu sagen, aber sie ließ ihn nicht zu Wort kommen.
»Wie kannst du es wagen, Eilan so zu behandeln? Sie ist deine Enkeltochter! Ich sage dir, an diesem grausamen Spiel will ich keinen Anteil haben. Entweder du gibst ihr das Kind zurück oder… «, sie holte Luft, »ich wende mich direkt an das Volk und werde die Göttin zwischen uns beiden entscheiden lassen.«
»Das wagst du nicht… «, begann Ardanos.
»Du wirst es erleben!« erwiderte sie unversöhnlich. »Ich vermute, Eilan ist für dich nützlich«, fuhr sie etwas ruhiger fort, »sonst hättest du sie nicht am Leben gelassen. Gut, dann nimm zur Kenntnis, wenn Eilan ihr Kind nicht haben kann, dann wird sie sterben.«
»Nun ja, es sollte mich nicht wundern, wenn
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