Die Wälder von Albion
Gleichgewicht zwischen all den Kräften aufrechtzuerhalten, die die Macht der Göttin auf ihre Weise nutzen wollten.
Ardanos kam zwar immer noch mit seinen Anweisungen, doch sie befolgte sie nicht so willenlos wie damals Lhiannon, denn sie leerte die Schale erst auf dem Platz und in Gegenwart aller Menschen. Ardanos wiederum war das Werkzeug der Römer, die ihren Einfluß durch ihn geltend machten. Sie arbeiteten beide auf ihre Weise für das Wohl Albions. Aber wie lange würde sich das Volk noch täuschen lassen und den fremden Einfluß nicht bemerken?
Der Vorhang vor der Tür wurde zur Seite geschoben, und Caillean trat ein. Sogar sie trug zur Feier des Tages roten Mohn im Haar. Ihre Wangen waren von der Sonne gerötet, und sie wirkte gesünder als je zuvor.
»Du bist allein?«
»Ja, es muß so sein.«
»Gut.« Caillean setzte sich auf den Hocker. »Wir müssen über das Orakel sprechen.«
»Seit dem Aufwachen denke ich an nichts anderes… «, erwiderte Eilan und es klang vorwurfsvoll. »Mir wäre lieber, du würdest hier in dem dunklen Zimmer sitzen. Du wärst eine sehr viel bessere Hohepriesterin als ich!«
»Alles, nur das nicht. Ich könnte niemals folgsam Worte aussprechen, die nicht von der Göttin, sondern von den Priestern kommen.«
Wie immer war Eilan in den Stunden vor dem Ritual bis zum äußersten gereizt. Es schmerzte sie noch mehr als sonst, daß Caillean die Verlogenheit des Orakels damit erklärte, daß die Hohepriesterin eine willenlose Puppe der Druiden war. Deshalb erwiderte sie zornig: »Wenn ich nur ein Sprachrohr der Priester bin, dann weißt du sehr wohl, wer mich dazu gemacht hat!«
Caillean seufzte und sagte beruhigend: »Glaub mir, ich wollte dich nicht kritisieren.«
Eilans Ärger verflog, und sie ließ den Kopf sinken. Caillean sprach weiter. »Wir sind alle in IHREN Händen und erfüllen IHREN Willen, so gut wir können. Das tust du ebenso wie ich. Bitte, sei mir nicht böse.«
»Ich bin dir nicht böse«, flüsterte Eilan noch immer unglücklich, denn sie wollte sich nicht mit Caillean streiten. »Ich kann es nur nicht ertragen, daß du sagst, ich sei das Sprachrohr der Druiden.«
Sie hob den Kopf und sah Caillean mit blitzenden Augen an. »Also gut, ich werde dir etwas anvertrauen, was sonst kein Mensch weiß. Der heilige Trank soll mich so betäuben wie zu Zeiten von Lhiannon. Ich habe jedoch die Mischung verändert, damit die Trance nicht so schnell eintritt und ich noch eine gewisse Kontrolle über mein Bewußtsein behalte. Ich höre deshalb sehr wohl, was Ardanos mir auf seine Weise zu sagen versucht… «
»Aber bis jetzt scheint er mit deinen Antworten durchaus zufrieden zu sein«, erwiderte Caillean. »Liebst du deinen Gaius noch immer so sehr, daß du dich verpflichtet fühlst, Rom zu dienen?«
»Ich diene dem Frieden!« rief Eilan. »Ardanos ahnt nicht, daß ich mich ihm widersetze. Wenn meine Antworten sich auch von dem unterscheiden, was er mir einzuflüstern versucht, dann glaubt er nur, ich sei kein so vollkommenes Werkzeug wie Lhiannon.«
Sie lachte bitter und fügte leise hinzu: »Aber wenn ich den Frieden beschwöre, dann sind das nicht meine Worte… Wenn ich mich der Göttin überlasse, dann lüge ich nicht! Glaubst du, unsere Rituale sind eine Lüge?«
Caillean schüttelte den Kopf. »Nein, das glaube ich nicht… Ich spüre die Göttin selbst sehr stark, aber… «
»Erinnerst du dich an Beltane vor sieben Jahren, als Cynric plötzlich auftauchte?«
»Wie könnte ich das vergessen?« Caillean seufzte. »Mich hatte wie alle anderen das Entsetzen gepackt!« Sie schwieg einen Augenblick. »Ich weiß, das bist du nicht gewesen. Es war ein Gesicht der Göttin, dem ich hoffe, nie mehr begegnen zu müssen. Ist es für dich immer so?«
Eilan ließ die Schultern sinken. »Manchmal denke ich, daß SIE nicht kommt. Dann müßte ich die Antworten auf die Fragen geben.«
Ein Schauer lief ihr über den Rücken, und sie stand erregt auf.
»Jedesmal, wenn ich dort oben auf der Anhöhe sitze, überlasse ich mich vorbehaltlos der Göttin. Und jedesmal erwarte ich, daß SIE mich vernichtet, weil ich die Kühnheit besitze, SIE zu rufen!«
»Ach«, sagte Caillean leise, »verzeih, wenn ich deine Absichten falsch verstanden hatte. Aber was soll nun mit mir geschehen?«
»Heute müssen wir uns dieser Prüfung unterziehen… « Eilan ging zu Caillean und sagte eindringlich: »Wir beide! Wenn alles, was wir hier aufbauen, keine Lüge sein soll, dann müssen wir
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