Die Wälder von Albion
die Senatoren unruhig wurden, nachdem Domitian seinen eigenen Vetter hatte hinrichten lassen. Was würde mit den anderen geschehen?
»Weiß man inzwischen eigentlich, was Flavius Clemens vorgeworfen wurde?«
»Die offizielle Anklage lautete auf Atheismus. Aber es gibt Gerüchte, nach denen er Christ war und es abgelehnt hat, vor dem Bildnis des Kaisers Weihrauch zu verbrennen.«
»Nun ja, das mußte unser Dominus et Deus natürlich als Hochverrat empfinden!« sagte Gaius spöttisch.
Macellius lächelte mißmutig. »Die Götter wissen, diese Christen machen uns allen viel zu schaffen. Wenn der Staat sie nicht verfolgt, dann verfolgen sie sich gegenseitig. Wenn Nero es dabei belassen hätte, die unterschiedlichen Fraktionen in die Arena zu schicken, dann hätte er auf die Löwen verzichten können und ein Vermögen gespart. Spaß beiseite, die Verehrung, die Domitian fordert, geht wirklich über alles Vertretbare hinaus!«
Gaius nickte. Er wußte inzwischen durch Julia, die Vater Petros an den Lippen hing, daß die Christen eine Vorliebe für das Märtyrertum hatten und Sektierer waren, die sich leidenschaftlich gegenseitig bekämpften. Julia sagte allerdings, dadurch werde die Kirche von den Gottlosen gesäubert. Wie auch immer, im Grunde waren die Christen ein kleineres Problem. Weit gefährlicher war der Größenwahn des Kaisers.
»Entwickelt sich Domitian zu einem zweiten Nero oder Caligula?« fragte Gaius.
»Er hat noch nicht versucht, seinen Hengst zu vergöttlichen, wenn du das meinst… «, erwiderte sein Vater. »In gewisser Hinsicht ist er ein Kaiser, der viel erreicht hat. Deshalb ist er so gefährlich. Worauf soll Rom sich stützen, falls der nächste verrückte Kaiser gekrönt wird, wenn Domitian alles vernichtet, was vom Senatorenstand noch geblieben ist?«
Gaius sah Macellius nachdenklich an. »Du machst dir deshalb wirklich Sorgen… «
»Um mich geht es dabei weniger«, sagte Macellius und drehte seinen Siegelring, der ihn als Ritter auswies, am Finger hin und her. »Aber du hast deine Laufbahn noch vor dir. Und bei diesem Kaiser kannst du dir keine großen Hoffnungen machen.«
»Vater, was ist… Was hat man von dir verlangt?«
Macellius seufzte, sah sich in dem bequemen Zimmer um und betrachtete die Regale mit den vielen Pergamentrollen, als fürchte er, sie würden sich im nächsten Augenblick in Luft auflösen.
»Es gibt einen Plan… «, sagte er leise, »das Ende der flavischen Dynastie herbeizuführen. Wenn Domitian beseitigt ist, werden die Senatoren einen neuen Kaiser wählen. Damit das gelingt, müssen die Provinzen diesen Plan unterstützen. Der neue Statthalter von Britannien ist Domitians Mann, aber die meisten Legaten kommen aus ähnlichen Familien wie Brutus… «
»Sie möchten, daß wir sie unterstützen«, sagte Gaius rundheraus. »Und was glauben sie, werden die Stämme tun, während wir unsere kaiserlichen Probleme lösen?«
»Wenn wir ihnen einige Zugeständnisse machen, werden sie uns bestimmt unterstützen… «
Er zuckte mit den Schultern und sah Gaius hilfesuchend an.
»Hör zu, die Töchter von Königin Brigitta werden bald zu uns gebracht. Valerius hilft mir, geeignete Zieheltern für sie zu finden. Römer und Britonen müssen irgendwann einmal Verbündete werden. Auf diese Weise geschieht es vielleicht etwas früher, das ist alles.«
Gaius stieß einen lautlosen Pfiff aus. Hier ging es um Rebellion in großem Maßstab! Er leerte seinen Becher Wein. Als er den Kopf hob, sah ihn sein Vater prüfend an.
»Es hat schon seltsamere Dinge gegeben«, sagte Macellius leise. »Je nachdem, wie sich alles entwickelt, könnte ein Römer von königlich-silurischer Abstammung mit einem halb-druidischen Sohn eine große Zukunft haben!«
Auf dem Ritt nach Hause zurück drehte sich Gaius nicht nur deshalb alles im Kopf, weil er etwas viel von dem heißen Wein getrunken hatte. Sein Vater wußte, daß Eilan ihm einen Sohn geboren hatte - vermutlich wußte er es schon die ganze Zeit! Was auch in Zukunft geschehen mochte, er mußte jetzt wirklich etwas unternehmen, um sein Kind offiziell zu adoptieren.
Eigentlich wollte Gaius bei seiner Rückkehr sofort mit Julia über dieses Thema sprechen. Aber er stellte fest, daß ihre Gedanken nur um den letzten Besuch bei dem Einsiedler kreisten.
»Und Vater Petros sagt«, erklärte sie mit glühenden Augen, »die Heilige Schrift und alle Propheten haben verkündet, daß nach dieser Generation die Welt untergehen wird. Mit jedem neuen
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