Die Wälder von Albion
lösen.«
Als sie hartnäckig schwieg, sagte er eindringlich: »Eilan, versteh mich doch. Ich habe nichts gegen Gawen. Er war Gast in meinem Haus, und es wäre Haarspalterei zu behaupten, er habe mich belogen, da niemand ihn nach seinem richtigen Namen gefragt hat. Wenn ich ihm etwas vorzuwerfen habe, dann nur, daß er insgeheim dein Herz gegen deine Familie gewendet hat.«
Eilan erwiderte tonlos: »Er hat sich dir und mir gegenüber ehrenhaft verhalten.«
»Habe ich das angezweifelt?« fragte Bendeigid. »Aber wer fragt, muß sich mit der Antwort abfinden, die er erhält. Sein Vater hat in aller Form, und wie es die Ehre verlangt, um deine Hand angehalten. Ich habe klar und deutlich geantwortet. Mehr gibt es dazu nicht zu sagen. Das ist mein letztes Wort!«
Mit erstickter Stimme stieß sie hervor: »Ein weniger ehrenhafter Mann hätte mich so behandelt, daß du froh wärst, mich loszusein.«
Zorn verzerrte Bendeigids Gesicht, und zum ersten Mal seit sie denken konnte bekam Eilan Angst vor ihm. Er packte sie mit der einen Hand und schlug ihr mit der anderen auf den Mund, wenn auch nicht sehr fest.
»Genug… «, rief er wütend. »Ich will nichts mehr hören! Hätte ich dich als Kind öfter geschlagen, dann wäre mir das jetzt erspart geblieben.«
Eilan sank auf eine der Bänke, als er sie losließ. Noch vor wenigen Tagen hätte sie geweint, wenn ihr Vater das zu ihr gesagt hätte. Jetzt hatte sie das Gefühl, daß es nichts mehr gab, was sie noch einmal soweit bringen würde, daß sie auch nur eine einzige Träne vergoß.
Bendeigid sagte langsam und mit Nachdruck: »Du wirst keinen Römer heiraten, solange ich lebe, und auch nicht, wenn ich tot bin, wenn es nach mir geht. Und wenn du mir sagen solltest, daß du dich soweit mit diesem halb römischen Verräter eingelassen hast, daß du ihn heiraten mußt, oder du einen Bastard zur Welt bringst, der mich Großvater nennen wird, dann könnte mir kein Mann in ganz Britannien etwas vorwerfen, wenn ich dich mit eigenen Händen ertränken würde. Spare dir die Röte der Tugend, Tochter, denn noch eben hattest du keine Tugend mehr!«
Eilan wollte aufstehen, um ihrem Vater die Stirn zu bieten, aber ihre Knie zitterten so sehr, daß sie sitzenbleiben mußte. »Glaubst du wirklich, ich wäre zu einer solchen Schandtat fähig?«
»Nicht ich habe zuerst davon gesprochen!« rief Bendeigid aufgebracht. Aber dann mäßigte er sich und sagte freundlicher: »Mein Kind, ich bin in Zorn geraten. Ich weiß sehr wohl, daß ich dir vertrauen kann. Du bist wirklich meine Tochter. Deshalb bitte ich dich um Vergebung, und ich glaube, damit sollten wir es jetzt wirklich genug sein lassen. Du reitest morgen nach Norden. Deine Schwester Mairi braucht dich, denn ihr Kind wird bald zur Welt kommen. Deine Mutter hat in dieser Jahreszeit zu viele Pflichten und kann nicht weg. Leider hat es den Anschein, als sei Rhodri von den Römern gefangengenommen worden, als er die Zwangsarbeiter befreien wollte. Du siehst also, selbst wenn man alle anderen Argumente beiseite läßt, könntest du mir in diesem Sommer keinen römischen Schwiegersohn zumuten.«
Eilan nickte stumm. Da ihr Vater seinen Willen durchgesetzt hatte, wurde er wieder liebevoll. Er legte den Arm um sie.
»Eilan, ich bin älter und auch klüger als du. Die Jungen denken immer nur an sich selbst. Glaub nicht, ich hätte deinen Kummer nicht wahrgenommen. Ich dachte erst, dir würde Dieda fehlen. Aber ich werde diesem halbrömischen Bastard nicht verzeihen, daß er dir soviel Leid verursacht hat.«
Noch einmal nickte sie stumm und ließ sich starr von ihm umarmen. In ihrem Innern war sie Welten von ihrem Vater getrennt. Er hatte gesagt, die Raben würden ihr das Herz zerhacken, wenn sie Gaius zum Mann nahm. Sie hatte geglaubt, das sei nur bildlich gemeint gewesen. Aber jetzt, nachdem sie wußte, daß sie Gaius nicht heiraten durfte, erkannte sie, daß ihr Vater die reine Wahrheit gesagt hatte, denn der Schmerz war so körperlich spürbar, als stießen ihr tatsächlich Raben die spitzen Schnäbel ins Herz.
Bendeigid spürte ihren Widerstand und sagte gereizt: »Ich glaube, deine Mutter hatte recht, du hättest schon längst heiraten sollen, obwohl du noch nicht erwachsen bist. Ich werde noch in diesem Winter einen Mann für dich suchen… aus unserem Volk.«
Eilan riß sich von ihm los, trat einen Schritt zurück und sah ihn mit funkelnden Augen an.
»Ich habe keine andere Wahl, als dir zu gehorchen«, erklärte sie bitter.
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