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Die Waffen nieder!

Die Waffen nieder!

Titel: Die Waffen nieder! Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bertha von Suttner
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verunstalten, kommen in der guten Berliner Gesellschaft nicht vor. Die preußische Verwechselung des Datives und Akkusatives: »Gib mich einen Federhut« bleibt auf die unteren Klassen beschränkt, während die in Wien üblichen Kasus-Fehler: »Ohne dir « – »Mit die Kinder« häufig genug in den ersten Salons gehört werden. »Gemütlich« mögen wir immerhin unsere Sprache nennen und sie von den Ausländern auch so befunden werden lassen – eine Inferiorität stellt sie jedenfalls vor. Wenn man Menschenwert nach der Bildungsstufe mißt – und welchen richtigeren Maßstab gäb' es wohl, als diesen? – so ist der Norddeutsche um ein Stückchen mehr Mensch, als der Süddeutsche – ein Ausspruch, der im Munde eines Preußen sehr »arrogant« klänge, und aus der Feder einer Österreicherin sehr »unpatriotisch« erscheinen mag; – aber wie selten gibt es eine ausgesprochene Wahrheit, die nicht irgendwo oder irgendwen verletzte ....
    Unser erster Besuch in Berlin – nachdem wir auf dem Friedhof gewesen – galt der Schwester der Verstorbenen. Aus der Liebenswürdigkeit und geistigen Bedeutung dieser Frau konnte ich schließen, wie liebenswürdig und bedeutend Friedrichs Mutter gewesen sein mußte, wenn sie Frau Kornelie von Tessow glich. Diese war die Witwe eines preußischen Generals und besaß einen einzigen Sohn, welcher damals eben Leutnant geworden war.
    Einem schöneren Jüngling wie diesem Gottfried von Tessow bin ich in meinem ganzen Leben nicht begegnet. Rührend anzusehen war es, wie Mutter und Sohn aneinander hingen; auch dann schien Frau Kornelie Ähnlichkeit mit ihrer verstorbenen Schwester gehabt zu haben. Wenn ich den Stolz sah, den sie augenscheinlich in Gottfried setzte und die Zärtlichkeit, womit er seine Mutter behandelte, so freute ich mich schon in Gedanken auf die Zeit, wo mein Sohn Rudolf erwachsen sein würde. Nur eines konnte ich nicht begreifen, und ich äußerte dies auch zu meinem Manne:
    »Wie kann eine Mutter ihr einziges Kind, ihr Kleinod, einen so gefährlichen Beruf ergreifen lassen, wie den militärischen?«
    »Es gibt einfach Gedanken, liebes Herz,« antwortete mir Friedrich, »die niemand denkt, naheliegende Erwägungen, die niemand anstellt. Ein solcher Gedanke ist die Gefährlichkeit des Soldatenberufes. Den läßt man nicht aufkommen: es liegt – so meint man – eine Art Unanständigkeit und Feigheit darin, diese Erwägung vorzustellen. Es wird als so selbstverständlich und unvermeidlich angenommen, daß diese Gefahr bestanden werden müsse und eigentlich fast immer glücklich bestanden werde (die Prozente der Gefallenen verteilen sich auf die anderen ), daß man an die Todeschance gar nicht denkt. Sie ist zwar da – aber das ist sie ja für jeden Geborenen, und keiner denkt an den Tod. In dem Verjagen lästiger Begriffe vermag der Geist Großes zu leisten. Und schließlich: was kann ein preußischer Edelmann wohl für eine angenehmere und angesehenere Stellung haben als die eines preußischen Kavallerieoffiziers?«
    Tante Kornelia schien auch an mir Gefallen zu finden.
    »Ach,« seufzte sie einmal –, »daß meine arme Schwester die Freude nicht erleben sollte, solch eine Schwiegertochter zu besitzen und ihren Friedrich so glücklich zu sehen, wie er es jetzt an deiner Seite ist. Es war immer ihr sehnlichster Wunsch, ihn verheiratet zu sehen. Aber er stellte so hohe Anforderungen an die Ehe –«
    »Es scheint nicht, Tantchen, da er mit mir vorlieb genommen ...«
    » ›A trap for a compliment‹ nennen das die Engländer. Ich wollte, mein Gottfried könnte auch einst einen solchen Treffer machen. Ich bin jetzt schon ungeduldig, Großmutterfreuden zu erleben. Doch da werde ich wohl noch lange warten können: mein Sohn ist erst einundzwanzig Jahre alt.«
    »Er mag viele Mädchenköpfe verdrehen,« sagte ich, »viele Herzen brechen –«
    »Das sieht ihm nicht gleich: einen braveren, rechtschaffeneren Jungen gibt's nicht. Er wird einmal eine Frau sehr glücklich machen –«
    »So wie Friedrich die seine –«
    »Noch kannst du das nicht wissen, liebes Herz; darüber müssen wir nach zehn Jahren wieder reden: In den ersten Wochen sind fast alle Ehen glücklich. Damit will ich jedoch keinen Zweifel an meinem Neffen, noch an dir ausgedrückt haben – ich glaube selber, daß euer Glück ein dauerhaftes sein wird.«
    Von Berlin aus begaben wir uns nach den deutschen Bädern. Meine kurze Reise nach Italien mit Arno – von der ich übrigens nur eine ganz traumhafte

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