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Die Waffen nieder!

Die Waffen nieder!

Titel: Die Waffen nieder! Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bertha von Suttner
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Diesen las ich zuerst:
    »Mein Alles! Ob Du dieses jemals lesen wirst? Die letzte Nachricht, die ich von Deinem Arzt erhalten, meldete: Patientin in heftigem Fieber: Zustand bedenklich. »Bedenklich« – den Ausdruck hat der Mann vielleicht aus Schonung gebraucht, um nicht zu sagen »hoffnungslos« ... Wenn Dir dieses eingehändigt wird, so weißt Du ja, daß Du der Gefahr entronnen bist; aber Du mögest denn nachträglich erfahren, wie mir zu Mute war, während ich – am Vorabend einer Schlacht – mir vorstellte, daß mein angebetetes Weib im Sterben liegt. Daß sie nach mir ruft – die Arme nach mir ausstreckt ... Wir hatten uns ja nicht einmal ordentlich Lebewohl gesagt ... Und unser Kind, auf das ich mich so gefreut – tot! Und ich selber morgen – ob mich eine Kugel trifft? Wenn ich vorher wüßte, daß Du nicht mehr bist, so wäre mir die tödliche Kugel das liebste – aber wenn Du gerettet werden sollst – nein, dann will ich vom Sterben noch nichts wissen. »Todesfreudigkeit«, dieses widernatürliche von den Feldpredigern uns stets angepriesene Ding, das kann ein glücklicher Mensch nicht empfinden – und wenn Du lebst und ich heimkomme, so habe ich noch unberechenbare Schätze von Glück zu beheben. O, welche Lebensfreudigkeit , mit der wir beide noch die Zukunft genießen wollten, wenn uns eine solche beschieden ist!
    Heute trafen wir zum erstenmal mit dem Feind zusammen. Bisher ging unser Weg durch eroberte Länderstriche, aus welchen die Dänen sich zurückzogen. Rauchende Dorftrümmer, zertretene Saaten, herumliegende Waffen und Tornister, durch Granaten aufgewirbelte Erde, Blutlachen, Pferdeleichen, Massengräber: – das sind die Landschaften und deren Staffage, durch welche wir hinter dem Sieger hergewandelt sind, um womöglich neue Siege daran zu reihen, das heißt neue Dörfer anzuzünden und so weiter ... Das haben wir nun heute auch getan. Die Position ist unser. Hinter uns steht ein Dorf in Flammen. Die Einwohner hatten es zum Glück vorher verlassen. Aber in einem Stall war ein Pferd vergessen worden – ich hörte das verzweifelte Tier stampfen und schreien ... Weißt Du, was ich tat? das hat mir wahrlich keinen Orden eingetragen – denn statt ein paar Dänen niederzumachen, sprengte ich auf jenen Stall zu, um das arme Roß zu befreien. Unmöglich: schon brannte die Krippe, schon das Stroh unter seinen Hufen, schon seine Mähne ... Da schoß ich ihm zwei Revolverkugeln durch den Kopf – es fiel getroffen nieder und war von dem qualvollen Flammentod gerettet. Dann zurück in den Kampf, in den Mordgestank des Pulvers, in den wüsten Lärm knatternder Schüsse, stürzenden Gebälks, wütenden Kriegsgeschreies. Die meisten um mich her, Freund und Feind, waren wohl vom Kriegstaumel erfaßt – ich aber blieb in unseliger Nüchternheit. Zu Dänenhaß konnte ich mich nicht aufschwingen – was taten die Braven, indem sie über uns herfielen? weiter nichts als ihre Pflicht – Meine Gedanken waren bei Dir, Marthe ... Ich sah Dich auf dem Paradebette liegen, und was ich mir wünschte, war, daß mich eine Kugel treffe. Dazwischen blitzte doch wieder ein Hoffnungsstrahl: »Wie, wenn sie lebt? Wie, wenn ich heimkehrte?« ...
    »Das Gemetzel dauerte über zwei Stunden und wir behaupteten, wie gesagt, das Feld. Der geschlagene Feind entfloh. Wir verfolgten ihn nicht. Auf dem Platze blieb uns Arbeit genug zu verrichten. Von dem Dorfe einige hundert Schritte entfernt und vom Brande unversehrt geblieben, steht ein großer Meierhof, mit zahlreichen leeren Wohnräumen und Ställen; hier werden wir die Nacht über ausruhen und hierher haben wir unsere Verwundeten gebracht. Das Begraben der Toten bleibt auf morgen früh. Dabei werden natürlich wieder einige Lebendige verscharrt, denn der Starrkrampf nach Verwundungen ist eine häufige Erscheinung. Manche, die drüben geblieben, ob tot, oder verletzt, oder auch unverletzt, werden wir ganz zurücklassen müssen; diejenigen nämlich, welche unter den Trümmern der eingestürzten Häuser liegen. Die können dann hier, wenn sie tot sind, langsam vermodern; wenn verwundet, langsam verbluten, und wenn unversehrt – langsam verhungern. Und wir – hurra! – können weiterziehen, in unseren frischen, fröhlichen Krieg ...
    Der nächste Zusammenstoß wird wohl eine Feldschlacht abgeben. Allem Anschein nach werden sich zwei große Armeekorps gegenüberstehen. Dann kann die Zahl der Toten und Verwundeten leicht in die Zehntausend gehen; denn wenn die Kanonen

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