Die Waffenhändler von Hamor
geht es Euch?«, fragt Lorn.
»Der Arm ist gebrochen … glaube ich, aber … es könnte schlimmer sein.« Der Unteroffizier bringt ein etwas verkrampftes Lächeln zustande. »Der Bastard hat mir die Lanze und den Arm gebrochen. Was er aber vergessen hat, ist, dass ich noch einen Säbel habe.«
»Wie haben wir uns geschlagen?«, fragt Lorn Emsahl.
»Wir haben nicht viele Männer verloren – wahrscheinlich nicht einmal zehn. Die Fünfte Kompanie hat mehr Verluste zu verzeichnen.«
Lorn blickt Quytyl an. »Fünfzehn Mann nach der letzten Zählung, Ser. Weitere zehn sind verwundet, aber die meisten können noch reiten.«
»Muss mich um die Männer kümmern.« Emsahl nickt in Lorns Richtung und nimmt das Pferd herum.
Quytyl tut dasselbe.
Lorn reitet langsam zum Gipfel des Hügels und blickt nach Norden. Die Barbaren haben das Tal bereits zur Hälfte durchquert und die niedrigen Eichen schon weit hinter sich gelassen.
Am späten Nachmittag reitet die Kolonne langsam nach Südosten, zurück nach Inividra. Lorn hört ein paar Stimmen, aber sie schwirren über ihn hinweg.
»… gemeiner Bastard … der Major … habe gesehen, wie er mindestens zehn getötet hat – von hinten, von vorn …«
»… hat nicht aufgehört, auch als sie von allen Seiten kamen …«
»… noch nie so einen Offizier gesehen … ein Killer …«
Lorn muss einen Seufzer unterdrücken. Der Killer, der Schlächter … ist das alles, was er kann?
»Ser?«, fragt Emsahl, der links neben ihm reitet.
»Ja.« Lorns Stimme klingt heiser und müde.
»Sie haben nicht so reagiert, wie Ihr gedacht habt.«
»Nein. Meistens kommt es anders, als man denkt. Sie haben über die Feuerlanzen nachgesonnen«, meint Lorn. »Deshalb mussten wir zurückkommen und noch einmal angreifen. Ich hätte gedacht, wir könnten eine Linie halten, aber das hätte heute ohnehin nicht funktioniert.«
»Ihr habt schnell reagiert.«
»Das mussten wir«, meint Lorn darauf.
»Ein anderer hätte nicht so rasch gehandelt.« Emsahl hält kurz inne. »Ist es dem Kommandanten deshalb so wichtig, dass Ihr selbst Patrouillen reitet?«
»Das ist wohl ein Grund, aber gesagt hat er das nicht.«
»Wir haben an die einhundertfünfzig Mann getötet, Ser, und ich habe die Kompanie so viele Klingen wie nur möglich einsammeln lassen. Es sind einige brystanische Säbel darunter, aber der Großteil der langen Klingen stammt aus Hamor, wie Ihr schon gesagt habt.«
»Das habe ich befürchtet«, antwortet Lorn.
»Habe sie auf die erbeuteten Pferde binden lassen«, fährt Emsahl fort. »Ich habe etwa vierzig Pferde für uns ausgesucht.« Er lacht. »Die restlichen Tiere können sich die Bauern als Pflug- und Wagenpferde nehmen.«
»Sie werden niemals erfahren, wie teuer die Biester waren. Und wahrscheinlich wäre es ihnen auch gleichgültig.« Lorn lacht bitter.
Emsahl schweigt fast während des gesamten Ritts nach Süden, zurück nach Inividra.
Lorn hat viele Fragen. Etwa zwanzig Barbaren sind trotz der Anstrengungen der Lanzenkämpfer entkommen und Lorns Truppe hat fast zwanzig Mann verloren – einer stürzte bei den Eichen wegen eines Lochs im Boden zu Tode. Dieser ›Erfolg‹ führt nun wahrscheinlich dazu, dass die Streitkräfte auf beiden Seiten immer größer werden. Das Glas wird es ihm sagen – das Glas, das er verschweigen muss. Er kann nur hoffen, dass es noch eine Weile dauern wird, bis die Barbaren sich darauf einstellen.
Er wird sich nun auch eine neue Vorgehensweise gegen die ungewohnte Formation der Barbaren ausdenken müssen, die jetzt mit breiterer Frontlinie angreifen. Es gilt, eine Taktik zu finden, die ihn weniger Lanzenkämpfer kostet.
Der müde Sub-Major atmet tief ein.
XLIX
L orn sitzt am Kopfende des einzigen Tisches im Speisesaal der Offiziere. Emsahl hat zu seiner Rechten Platz genommen, Cheryk zu seiner Linken, Esfayl neben Emsahl und die zwei Unteroffiziere am Ende des Tisches einander gegenüber. Quytyls Arm ist noch immer geschient, aber er kann zumindest die Hand bewegen, wenn auch nur vorsichtig.
Der Sub-Major blickt auf den großen Schmortopf, aus dem der Geruch einer sehr kräftigen und stark gewürzten Hammel-Emburhka strömt. Er zieht die Augenbrauen hoch und schöpft sich einen Löffel voll auf den alten braunen Steingutteller, der vor ihm steht. Die Schöpfkelle legt er zurück in den Eintopf, damit sich Emsahl bedienen kann, dann bricht er sich einen großen Kanten von dem noch warmen, knusprigen Brot ab.
Kalter Regen prasselt
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