Die Waffenhändler von Hamor
wir nicht wissen, wer die nächste Hand des Kaisers sein wird.«
Luss zieht die Augenbrauen hoch. »Ich habe nichts dergleichen gehört.«
»Es wird niemals verkündet. Es gibt nur eine Hand und keiner kennt sie … es existieren nur Vermutungen.«
»Ich stelle keine Vermutungen an.«
»Gut.«
»Das könnte die Lage … in Inividra ändern.«
»Das wäre möglich, aber nicht zu Euren Gunsten, Hauptmann-Kommandant. Die Hand hat zur Mäßigung aufgerufen.«
»Wann wird …?«
»Es wird wahrscheinlich noch eine Weile dauern bis zur Ernennung.«
»Keine Hand?«, fragt Luss. »Ist es, weil Toziel immer müder wird und seine Gedanken abschweifen? Was werdet Ihr unternehmen?«
»Hauptmann-Kommandant … es gibt nur wenig, was ein Magi’i zu diesem Zeitpunkt tun könnte. Der Kaiser ernennt die Hand, nicht der Erste Magier, und selbst wenn der Erste Magier auf den jungen Rustyl drängen sollte, ist dieser viel zu jung, um zu führen und eine Hand sein zu können, und außerdem wegen Chyenfels Gunst viel zu bekannt. Chyenfel hat ihn herangezogen, damit er, wenn notwendig, Toziels Nachfolger werden kann und nicht sein eigener oder der der Hand.«
»Falls nicht Ihr … wenn Toziel …«
Kharl schüttelt den Kopf und lacht laut heraus. »Würde irgendjemand einen Magier, den man als einen der Drei kennt, auf dem Malachit-Thron wollen?«
»’Vielleicht würde man Euch akzeptieren.«
Der Zweite Magier lacht erneut. »Eure Schmeichelei freut mich, sie ist jedoch zu durchsichtig.«
»Und die Kaiserin … Toziel hört immer mehr auf sie.«
Wieder muss Kharl lachen. »Er hat stets auf sie gehört. In den letzten Jahreszeiten, während er schneller und schneller gealtert ist, hat er das immer weniger verbergen können. Macht Euch keine Sorgen um die liebe Ryenyel. Sie ist vernünftig und wird den Kaiser nicht lange überleben.«
Luss runzelt die Stirn.
»Nicht, was Ihr glaubt«, erklärt der rothaarige Zweite Magier. »Niemand, der auch nur einigermaßen vernünftig ist, würde ihren Tod herbeiführen. Sie kann weder den Malachit-Thron besteigen noch einen eigenen Nachkommen beraten. Doch sie hat Cyad verstanden, wahrscheinlich besser als Toziel. Sie sind sich … so nahe, dass sie ihm innerhalb weniger Achttage, spätestens nach einer Jahreszeit, folgen wird. Also … wird der Kaiser ohne eine Hand auskommen müssen. Niemand liebt die Hand, also wird sich auch niemand beschweren. Alle werden ihre Kandidaten nach vorn schicken, die Toziels Nachfolge antreten sollen, aber er wird keinen von ihnen wollen. Wir werden also warten und hoffen müssen, dass kein Blut den Sonnenstein des Lichtpalasts beflecken wird. Oder dass es nur einige Tropfen sind und keine Flut.«
Luss runzelt die Stirn, aber er sagt nichts.
LXXII
W ährend die Spiegellanzenkämpfer unter dem klaren, grünblauen Himmel und in der Hitze des Spätfrühlingstages vor den Ställen in Inividra anhalten, zügelt Lorn vor dem Kasernenhofturm seinen Wallach.
Der ältere Wachmann zuckt zusammen, als er Lorns blutverschmierte Uniform sieht. »Ser!«
»Wir sind zurück, Dutyl«, sagt Lorn.
Noch bevor Lorn die Tür zum Turm erreicht hat, kommt Nesmyl schon heraus. »Ser … Es waren fast fünf Achttage.« Seine Augen wandern zum Turm. »Es ist viel passiert.«
»Ja, sehr viel. Wir mussten einen weiten Weg zurücklegen.« Lorn blickt den älteren Haupttruppenführer an. »Hat der Kommandant Ersatzfeuerlanzen geschickt?«
»Ja, aber nur einen Satz – und das nicht ganz … einhundert Stück.«
»Das wird reichen. Hat es irgendwo Angriffe gegeben? Hast du etwas gehört?«
»Nein, Ser. Nicht einen.«
»Gut.«
»Ser … es ist ein anderer Sub-Major gekommen.« Nesmyl hustet. »Ich glaube … Major Dettaur hat ihn geschickt … mitsamt Befehlen.«
»Das überrascht mich nicht. Major Dettaur tut so etwas gern.« Lorn lächelt trocken. »Ich werde hineingehen und ihm meine Aufwartung machen.«
Nesmyl wirft einen Blick auf Lorns Säbel und nickt.
»Ich bezweifle, dass es dazu kommen wird.« Lorn geht zur Tür und öffnet sie. Er blinzelt einige Sekunden lang in den verhältnismäßig dunklen Flur des Turmes, dann schaut er sich um. Der Eingangsbereich ist leer. Er geht zur Tür des Arbeitszimmers und öffnet sie.
Ein dunkelhaariger Offizier, etwas älter als Dettaur und Lorn, erhebt sich elegant hinter Lorns Schreibtisch. »Ihr müsst der abtrünnige Sub-Major Lorn sein.« Er hat glanzlose braune Augen, die denen von Major Maran ähneln, und die
Weitere Kostenlose Bücher