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Die Waffenhändler von Hamor

Titel: Die Waffenhändler von Hamor Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: L. E. Modesitt
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die Macht oder Chaos steuern, auch die Quelle der- oder desselben?‹«
    Lorn konzentriert sich auf die Fragen und versucht, sie im Gedächtnis zu behalten.
    Kien reicht ihm ein Blatt Papier. »Ich habe sie schon eine Zeit lang in Verwahrung, aber nun bist du alt genug, um selbst darüber nachzudenken.«
    Lorn nimmt das Blatt, auf dem die Fragen stehen, die sein Vater ihm gerade gestellt hat.
    »Mein Sohn … dies sind keine leeren Fragen. Noch sind es allzu philosophische Überlegungen eines alternden Magiers. Sie stammen übrigens nicht von mir, irgendwann wirst du die Quelle selbst entdecken. Die Quelle der Fragen ist allerdings nicht wichtig; die Fragen zu überdenken, das ist von höchster Bedeutung für einen Spiegellanzenkämpfer, der danach strebt, mehr als nur eine Patrouillenkompanie zu befehligen. Du brichst auf zu einer neuen Aufgabe, die vielleicht deine gefährlichste werden könnte.«
    Lorn runzelt die Stirn.
    »Gefährlich, weil du Zeit haben wirst nachzudenken, weil man dir schmeicheln wird und du entdecken wirst – wenn du das nicht schon längst getan hast –, dass die Welt einerseits viel einfacher ist, als du es dir jemals vorgestellt hättest, aber andererseits auch viel komplizierter.« Sein Vater lacht. »Die letzte Frage stammt von mir: ›Wie kann die Welt einfach und gleichzeitig kompliziert sein?‹ Die Beantwortung überlasse ich einstweilen dir.«
    Der Oberst nickt langsam.
    »Ich muss dir nicht sagen, dass du äußerst vorsichtig sein musst und mehr zuhören als sprechen solltest. Das hast du bereits gelernt. Erinnere dich stets daran, dass Schweigen die Wahrheit, aber auch eine Lüge bedeuten kann. Sorge dafür, dass dein Schweigen stets so verstanden wird, wie du es meinst.« Kien steht auf. »Ich könnte dir bis in die Nacht hinein weiter Ratschläge geben, aber dann wäre deine Gemahlin vermutlich sehr ungehalten mit mir. Das will ich nicht, aber wisse, dass ich dir alles Gute wünsche; das hingegen wollte ich schon immer, ganz gleich, wie du es auch empfunden haben magst.« Er kommt umständlich um den Tisch herum.
    Lorn versteht und umarmt seinen Vater zum ersten Mal seit vielen Jahren. »Danke.«
    Kien nickt, er sagt nichts, aber seine Augen glänzen. Schließlich meint er: »Geh jetzt zu Ryalth, genieß die Zeit, die dir noch bleibt.«
    Als Lorn die Tür zum Arbeitszimmer hinter sich schließt, fühlt er die Kälte eines Spähglases, aber diese Kälte ist nicht wie jene, die sich bei der Beobachtung durch seinen Vater offenbart.
    Er setzt einen freundlichen Gesichtsausdruck auf und umarmt seine Mutter ein letztes Mal, bevor er die Stufen zur Vordertür hinunterläuft.
    Wieder ist es Jerial, die an der Tür auf ihn wartet. »Sei gut zu Ryalth heute Nacht.«
    »Das werde ich.«
    »Ich weiß.« Ihr Lächeln ist sanft, nicht der berufsmäßige Ausdruck einer Heilerin.
    Lorn umarmt seine Schwester. »Danke, dass du so freundlich zu ihr bist.«
    »Sie ist gut für dich. Viel besser, als irgendjemand ahnt. Sie und ich, wir verstehen uns, und das ist gut so.« Jerial drückt Lorn fest an sich. »Sei vorsichtig, hörst du.«
    »Das werde ich.«
    Lorn lässt seine ältere Schwester schließlich los, geht um den Wandschirm herum und läuft die Stufen zur Straße des Fortwährenden Lichts hinunter.
    Wie kann die Welt einfach und gleichzeitig kompliziert sein? Die letzte Frage seines Vaters geht ihm nicht mehr aus dem Sinn.

 
X
     
    V erehrter Ser, Ihr habt mich gerufen?« Der große Mann ist schlank und sein blondes Haar dicht und zugleich fein; es schimmert leicht, als das Licht durch die Fenster des Arbeitszimmers darauf fällt. Seine grünen Augen sind hell und konzentriert, als er sich von der Verbeugung vor dem Ersten Magier aufrichtet.
    »Setzt Euch, Rustyl.« Chyenfels sonnengoldene Augen blinzeln nicht, während sie den gut aussehenden jungen Magier beobachten, der sich in dem Goldeichenstuhl ihm gegenüber niederlässt. »Da Ihr ein scharfsichtiger junger Magier seid«, fährt der Erste Magier schließlich fort und betont dabei jedes Wort, »habt Ihr sicherlich bemerkt, dass nichts mehr so ist, wie es einst in Cyador war. Ich möchte gern Eure Gedanken dazu hören.«
    »Verehrter Ser, es wäre überheblich von mir anzunehmen, dass Ihr nicht schon alles einmal durchdacht hättet, was ich zu sagen habe. Also will ich die Angelegenheiten nur anreißen. Erstens, die Chaos-Türme versagen, aber ganz Cyador ist abhängig von der Energie dieser Türme. Nur wenige fühlen, dass die

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