Die wahre Koenigin
erblassen.“
„Hör auf!“, fuhr Angus seinen Kameraden an. Dann setzte er seine rastlose Wanderung fort. „Dein dauerndes Gerede über das Essen macht mich verrückt.“
„Es genügt, wenn einer von uns Wache hält. Ich sehe doch, dass du es vor Hunger nicht mehr aushältst.“ Holden warf einen Blick zur Tür. „Da drinnen ist es mucksmäuschenstill. Ich wette, das Mädchen schläft. Geh in die Küche und stärk dich.
Ich schaff das hier allein.“
Angus unterdrückte ein Gähnen. „Na gut, ich wage es. Wenn ich nicht bald etwas esse, kann ich mich sowieso nicht mehr wach halten. “
„Geh und lass dir Zeit“, meinte Holden gutmütig. Er rappelte sich hoch und schob Angus in Richtung Treppe. „Lass dich von deiner Mistress Snow verwöhnen. Und wenn du gesättigt bist“, er grinste vieldeutig, „dann kommst du wieder, und ich werde schlafen. Abgemacht?“
Angus stand schon auf der Treppe, aber noch immer zögerte er. „Macht es dir wirklich nichts aus?“
„Nun geh schon, alter Freund!“
Angus’ übermächtiger Hunger besiegte endgültig seine Zweifel. Er lachte Holden zu. „Danke, Mackay. Ich mach’s wieder gut.“
Sobald die Schritte auf der Treppe verklungen waren, spähte Holden den Gang hinunter und schlich dann zu der Tür, hinter der Campbells hübsche junge Gefangene schlief. Minutenlang horchte er auf Geräusche, aber von innen drang kein Laut an sein Ohr. Noch einmal blickte er sichernd nach allen Seiten, dann öffnete er geräuschlos die Tür und verschwand in Campbells Gemächern.
Trotz der Wachen vor der Tür hatte Meredith ihre Fluchtpläne nicht aufgegeben. Je schwieriger ihre Lage wurde, desto entschlossener war sie zur Flucht. Es musste einen Weg geben, diesem Gefängnis zu entkommen.
Und es gab einen Weg. Meredith kniete auf dem Boden und knotete Streifen eines zerrissenen Leintuchs zusammen. Da unten im Hof von Zeit zu Zeit noch Leute umherliefen, konnte sie es nicht wagen, ihr Rettungsseil aus dem Fenster zu lassen, um seine Länge zu prüfen. Aber sie schätzte, dass zwei oder drei weitere Leinenstreifen genügen würden. Im Schutze der Dunkelheit, wenn alle schliefen, würde sie sich dann in den Hof abseilen. Blieb nur zu hoffen, dass alles gut ging und sie sich nicht die Knochen brach.
Das Brautkleid lag zerknüllt auf dem Bett. Die langen Wollgewänder, die Cara gebracht hatte, taugten auch nicht für die Flucht. Meredith hatte eine Anleihe in Campbells Garderobe gemacht und trug eng sitzende Kniehosen und ein bequemes Leinenhemd. Neben ihr lagen ein Wollwams und ein warmer Umhang bereit.
Während Meredith über ihre Arbeit gebeugt saß, fielen ihr die Haare in einem ungeordneten Lockengewirr ins Gesicht. Ungeduldig strich sie die Strähnen zurück; die Zeit reichte nicht, um Zöpfe zu flechten. In fieberhafter Hast knotete Meredith ein Stoffende ans andere. Immer wieder zog sie an dem Seil, um die Haltbarkeit der Knoten zu prüfen.
Das gelegentliche Zischen und Knacken der Kaminscheite waren die einzigen Laute im Raum. Sonst war es still. Erst als Meredith den dunklen Schatten gewahrte, blickte sie erschrocken auf.
„So, so. Was haben wir denn da?“ Holden bückte sich und riss Meredith den Stoff aus der Hand. Als er das Machwerk näher betrachtete, stieß er einen leisen Pfiff aus und musterte Meredith voller Respekt.
Sie sprang mit der Behändigkeit einer Katze auf die Füße. Wieder sah sie eine Gelegenheit entschwinden, wieder drohte ihre Flucht zu scheitern. „Gebt es mir wieder!“, zischte sie wütend. Doch als sie nach dem Seil fasste, schlossen Holdens Finger sich um ihr Handgelenk.
„Brice wird nicht erfreut sein, wenn er das sieht.“ Holden starrte Meredith lüstern an. Er ließ den Blick über ihr lockiges Haar gleiten, heftete ihn dann auf das gelbe Hemd, das sich über ihre festen Brüste spannte.
Was für eine aufregende kleine Person! Holden lächelte. Hätte Campbells Gefangene ihn nicht schon vorher gereizt, dann hätte sie ihn spätestens jetzt verrückt gemacht, in diesem Hemd und den aufreizend engen Männerhosen!
„Meiner Treu, Ihr seid die reizvollste Frau, die ich je gesehen habe“, stieß er leise hervor.
Eine lähmende Angst fuhr Meredith in die Glieder. Sie wollte zurückweichen, aber Holden hielt sie fest. „Vielleicht“, meinte er in schmeichlerischem Ton, „vielleicht braucht Brice nichts von Eurem durchtriebenen Plan zu erfahren.“
„Ihr werdet es ihm nicht sagen?“
Mit einer schnellen Bewegung schlang Holden
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