Die wahre Koenigin
zurückgehen wollte, erblickte er Meredith. Sie sah sehnsüchtig in die Richtung, in die Mary und ihr Gefolge entschwunden waren. Schmerz und Heimweh standen in ihren Augen.
„Kommt mit hinein“, sagte Brice sanft, denn er wusste selbst, wie viel ein Zuhause bedeutete. „Das dürften für lange Zeit die letzten Gäste gewesen sein.“
„Findet Ihr es nicht einsam hier in den Highlands?“
Brice bot Meredith den Arm, und sie ließ leicht die Hand darauf ruhen. Augenblicklich durchpulste Brice wieder jenes Gefühl erregender Wärme, und fast hätte er den Arm fortgezogen. Welche Verwirrung diese Frau in ihm weckte!
„Einsam? Nein, ich habe mich hier noch keinen einzigen Tag einsam gefühlt.“
Er führte Meredith in die Bibliothek und befahl einem Diener, zwei Kelche mit Wein zu bringen. Dann zog er einen Sessel vor das Kaminfeuer und bedeutete Meredith, sich zu setzen. Er selbst blieb stehen, den Arm auf den Kaminsims gestützt.
„Habt Ihr noch nie Einsamkeit gespürt?“, fragte Meredith. „Oh doch.“ Brice entließ den Diener mit einem Kopfnicken und reichte Meredith ihren Pokal. Dann trank er einen Schluck und blickte nachdenklich ins Leere. „Die Zeit in Frankreich, es waren die einsamsten Tage meines Lebens.“ „Warum habt Ihr die Königin nach Frankreich begleitet?“ „Weil mein Vater um ihre Sicherheit fürchtete. Er wollte sie von treuen Freunden umgeben wissen. Außerdem meinte er, dass ich mich in Frankreich besser bilden könnte als in Schottland.“ Brice lachte bitter auf. „Ich habe eine vorzügliche Bildung am französischen Hof genossen. Ich habe gelernt, dass die Tiere nicht alle im Wald leben. Einige kleiden sich fein und geben sich als Adelige aus. Und warten auf die erstbeste Gelegenheit, ihre ahnungslose Beute zu schlagen.“ Meredith hörte den Hass in seiner Stimme und fragte sich, was für Erlebnisse ihn in Frankreich so verbittert haben mochten. Minutenlang blickte er brütend in die Flammen, bevor er sich aus seinen Grübeleien losriss. Er stellte den Weinkelch auf einen niedrigen Tisch und rief nach einer Dienerin. „Begleitet die Lady auf meine Zimmer! “, befahl er. „Und holt Angus und Holden! Sie sollen sie bewachen, bis ich zurückkomme.“
Meredith blickte zu Brice auf. Sie wollte sich gegen seinen Befehl verwahren, aber der verschlossene Zug um seinen Mund ließ sie verstummen. Brice Campbell war nicht in der Stimmung zu antworten, und er war schon gar nicht in der Stimmung, einer Bitte nachzugeben.
Der rauchige Geruch der Holzkohle vermischte sich mit dem Duft gebratenen Fleisches. Vor der Tür zu Brice Campbells Privatgemächern lagerten zwei Männer.
„Das war ein Bankett“, gab Holden Mackay genüsslich von sich. „Einer Königin würdig, das kann man sagen.“
„Hmm.“
„Fasane und Rebhühner, gleich dutzendweise“, schwelgte Holden in seinen Erinnerungen und sah, wie er dem anderen den Mund wässerig machte. „Ganz abgesehen von den Kaninchen, Gänsen und dem Rehbraten. Aber die Rebhühner waren am leckersten.“
„Ob Mistress Snow wohl noch welche übrig hat?“, überlegte Angus, während er seine langen Beine von sich streckte.
„Du denkst doch nicht schon wieder an Essen, nach den Mengen, die wir heute vertilgt haben?“ Holden grinste. Es war allgemein bekannt, dass Angus Gordon, dünn wie eine Bohnenstange, stets und ständig hungrig war. Man brauchte nur vom Essen zu reden, und ihm knurrte bereits der Magen. Davon abgesehen war die junge Witwe Snow, die mit Caras Mutter in der Küche arbeitete, genauso appetitlich wie die Pasteten, die sie wie keine andere zuzubereiten wusste. Angus verbrachte jede freie Minute in ihrer Nähe.
„Ich könnte schon einen Bissen vertragen. Aber Brice hat befohlen, dass wir beide hier bis zu seiner Rückkehr Wache halten.“
„Wahrscheinlich kommt er vor morgen früh nicht zurück. Hast du nicht sein Gesicht gesehen? Du weißt, dass er stundenlang durch die Wälder reitet, wenn ihn diese düsteren Stimmungen überkommen. “
„Da hast du recht.“ Angus stand auf und begann, auf und ab zu wandern. „Trotzdem bleibe ich lieber hier. Du weißt so gut wie ich, dass Brice außer sich gerät, wenn seine Befehle missachtet werden.“
Holden verschränkte die Hände hinter dem Kopf und lehnte sich gähnend zurück. „Mistress Snow und ihre köstlichen Pasteten! Wenn ich nur daran denke, läuft mir das Wasser im Mund zusammen. Und ihr Gebäck lässt jede Frau in den Highlands vor Neid
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