Die wahre Koenigin
schwirrte der Kopf. Konnte sie Brice glauben? Er hatte ihr seine Erlebnisse geschildert, die Trauerversammlung im Herrenhaus der MacAlpins, seine Vermutungen über Gareth MacKenzies Absichten, dessen Verleumdungen und hasserfüllte Hetzrede, die Reaktion ihrer Leute, ihre Bereitschaft zu kämpfen und MacKenzie in den Krieg zu folgen.
Krieg. Tod und Verderben. Während Meredith die fieberhaften Vorbereitungen im Hof beobachtete, wuchs ihr Entsetzen. Diese Fehde uferte in eine Katastrophe aus. Mit einem Racheakt hatte das nichts mehr zu tun.
Hoffnungslosigkeit und Verzweiflung packten Meredith, als sie an ihre Leute dachte. Wenn Brice nicht gelogen hatte, waren die MacAlpins bereit, für einen aussichtslosen Krieg in den Highlands das Leben ihrer Clansleute aufs Spiel zu setzen. Wer war Gareth MacKenzie, dass er eine solche Macht und Überzeugungskraft besaß?
Wer war er, dass ihm ein Vernichtungskampf wichtiger war als der Schutz der Grenzen und des Landes?
Er hatte ihre Clansleute zu den Waffen gerufen, und sie waren ihm blindlings gefolgt. Was brachte sie dazu, ihre Höfe und Familien zu verlassen und den Engländern Tür und Tor zu öffnen? Wie schwach doch ein Clan ohne eine starke Führung war.
Meredith hätte vor ohnmächtiger Wut aufschreien können. Der Fortbestand ihres Stammes war bedroht, nur weil sie das Pech gehabt hatte, von dem Barbaren der Highlands entführt zu werden.
9. KAPITEL
„Ich kann ein Schwert führen, Brice. Du selbst warst mein Lehrmeister.“
Meredith blickte zu Jamie hinüber, der mit allen Mitteln versuchte, Brice von seiner Kampfkraft zu überzeugen. Im Moment hatte er sich aufs Bitten und Betteln verlegt.
„Nein, ich erlaube es nicht.“ Brice nahm dem Jungen ent-schlossen das schwere Schwert aus den Händen. „Du weißt, dass man es mit beiden Händen führen muss, ohne Schutzschild wohlgemerkt. Ich lasse dich nicht kämpfen, noch nicht. Außerdem sollst du spielen, wenn ich den Befehl gebe.“
„Den Dudelsack spielen“, maulte Jamie und zog eine Grimasse. „Das ist eine Aufgabe für Kinder und alte Männer.“ „Tatsächlich?“ Brice ging durch den Raum und strich andächtig über die Pfeifen des Dudelsacks, der auf dem Kaminsims lag. „Ich war nicht jünger als du, als uns der gefürchtete Murray-Clan angriff. Mein Vater befahl mir, die Pfeifen zu blasen, und ich gehorchte. Als aber Cedric Murray ihn von hinten angreifen wollte, ließ ich den Dudelsack fallen und griff zum Schwert. Doch Vater befahl mir weiterzuspielen. Er sagte, dass es ihm Kraft für den Kampf verleihen würde.“ Meredith sah Jamie vor Stolz erröten. Er war mit seinem Idol verglichen worden und das von Brice persönlich.
„Aber wie konntest du spielen, wenn doch rings um dich herum gekämpft wurde und Männer fielen?“
„Ich tat, was mein Vater mir befohlen hatte“, antwortete Brice knapp. „Es bedeutete ihm mehr, mich spielen zu hören, als meine tollpatschigen Fechtversuche mit anzusehen.“
„Und was ist, wenn ich angegriffen werde?“
„Hier, nimm das.“ Brice gab Jamie einen kleinen scharfen Dolch. „Sollten die Feinde die Festungsmauern überwinden und hier eindringen, dann ist dies die beste Waffe.“
„Und was ist hiermit?“
Brice und Jamie fuhren herum. Erstaunen malte sich auf ihren Zügen, als sie Meredith mit einem Schwert in den Händen erblickten. Sie hielt es mit drohender Gebärde.
Brice ging auf sie zu, bis die Schwertspitze ihn fast berührte. „Es ist unklug, eine Waffe in die Hand zu nehmen, wenn man nicht damit umgehen kann.“
„Ihr glaubt, ich sei nicht fähig, mich zu verteidigen?“ „Haltet Euch lieber an Beschäftigungen für Frauen“, erwiderte Brice sanft.
„Beschäftigungen für Frauen!“ Merediths Stimme klang verächtlich.
„Ja. Mistress Snow erzählt überall herum, wie geschickt Ihr mit Nadel und Faden umgeht.“
„Ich habe ihr ein Kleid genäht, was ist schon dabei? Wer sagt dass der Platz einer Frau die Nähstube ist? Ich kann ein Schwert genauso sicher führen wie Ihr, Brice.“
„So? Könnt Ihr das?“ Ohne Vorwarnung streckte Brice blitzschnell die Hand aus und entwand Meredith das Schwert. Er hieb es mit der Spitze in den Boden und ging dicht auf Meredith zu.
„So viel zu Eurer Fechtkunst.“ Brice drehte sich halb um und zwinkerte Jamie zu. „Und wie wollt Ihr Euch nun verteidigen?“
„Hiermit.“ Triumphierend zog Meredith aus ihrem Gürtel einen Dolch hervor.
„Aha. Ihr versteckt also Waffen an Eurem Körper.
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