Die wahre Koenigin
Schutzmauern, sodass die Feinde die Tiere nicht schlachten konnten. Je schneller ihre mitgeführten Lebensmittelvorräte verbraucht wären, desto eher würden sie wieder abziehen.
Während die Männer im Burgdorf ihre Waffen herrichteten, bereiteten die Frauen gemeinsam die Mahlzeiten zu und versorgten die Kinder. Meredith hatte es übernommen, die Aufgaben gleichmäßig zu verteilen. Die Arbeit hielt sie den ganzen Tag in Bewegung, und abends fiel sie erschöpft ins Bett.
Umso mehr wünschte sie sich ein eigenes Zimmer, wo sie wenigstens für ein paar Stunden allein sein konnte. Brice Campbells ständige Nähe begann sie zu erdrücken. Noch immer wohnte und schlief sie in seinen Räumen. Sie fühlte sich unfrei und in einem fort beobachtet.
Aber Brice schlug ihre Bitte nach einem eigenen Raum ab. Verständlicherweise, denn angesichts der zahllosen neuen Schlossbewohner war an solchen Luxus nicht zu denken.
Immerhin erhielt Meredith nach langem Drängen die Er-laubnis, in einem Sessel vor dem Kamin zu schlafen. Aber das minderte nicht die Spannung zwischen ihr und Brice. Im Gegenteil. Von ihrem unbequemen Schlafplatz aus horchte Meredith in die Dunkelheit und lauschte den ruhigen Atemzügen des Mannes, an den sie für immer gefesselt zu sein schien.
Am Tag des Alarms wählte Brice bedächtig die Waffen aus, die geputzt und geschliffen auf dem Bord über seinem Bett glänzten. Dann ging er mit ernster Miene auf Meredith zu. „Ihr geht jetzt zu den anderen Frauen hinunter. Ich habe zwei Männer als Wachen abgestellt. Sie werden zu Eurem Schutz ihr Leben einsetzen.“
Meredith spürte dieselbe Unruhe wie in den Zeiten, als das Schloss ihres Vaters unter Belagerung stand. Als Älteste war sie für Megans und Brennas Sicherheit verantwortlich gewesen. Sie hatte gelernt, mit Waffen umzugehen.
Angst? Meredith schluckte. Der Knoten in ihrer Magengrube war nicht wegzuleugnen. Ja, sie hatte Angst. Trotzdem würde sie einem Kampf nicht aus dem Weg gehen.
„Zum letzten Mal flehe ich Euch an. Lasst mich frei, Brice. Lasst mich zu meinen Leuten. Sie werden auf diesen Kampf verzichten und umkehren, sobald sie mich in Freiheit sehen.“ „Zum letzten Mal. Nein! Mein Entschluss ist unwiderruflich.“
Meredith schlug einen anderen Weg ein. „Dann lasst mich wenigstens hier oben bleiben.“ Sie heftete den Blick sekundenlang auf das Waffenarsenal. „Ich könnte die Verwundeten versorgen.“
Brice verzog den Mund zu einem spöttischen Lächeln. „Ich kann mir denken, wofür Ihr sorgen werdet. Dass die Männer schneller sterben. “
„Ich gehe nicht ins Fluchtverlies, Brice. Als Oberhaupt der MacAlpins bestehe ich auf meinem Recht, dem Kampf beizuwohnen.“
„Wie soll ich das Gefecht führen, wenn ich zugleich aufpassen muss, dass Ihr nicht verletzt werdet?“
„MacKenzies Krieger sind meine eigenen Leute. Sie würden mir nie ein Härchen krümmen.“
„Seid Ihr da so sicher?“ Brice sah Meredith zweifelnd an.
Das ins Zimmer flutende Morgenlicht ließ ihr Haar flammend aufleuchten. Wie wunderschön ihr Haar war. Es drängte Brice, darüber hinzustreichen, seine seidige Glätte zu fühlen. Doch dies war nicht der Moment für Träume. „Und wenn MacKenzies Clanleute Euch nicht erkennen? Wenn sie in ihrem Blutrausch genau die niedermetzeln, zu deren Befreiung sie gekommen sind?“
An die Möglichkeit hatte Meredith nicht gedacht. Nach kurzem Schwanken begann sie ihren Überzeugungskampf von Neuem. „Ich bin der Grund für diesen Krieg. Zeigt den Männern, dass ich am Leben und wohlauf bin. Und dann lasst mich mit ihnen gehen. Euch werden sie dann unbehelligt lassen, und Ihr habt Euren Frieden.“
„Meinen Frieden? Oh nein! Die Morde in den Lowlands werden nicht abreißen, und der Barbar der Highlands wird nach wie vor der Sündenbock sein. Es wird keinen Frieden geben, ehe der wahre Mörder nicht gefunden ist. Wer gibt Euch die Sicherheit, dass Ihr, Lady MacAlpin, lebend Eure Heimat erreicht?“, fragte er voller Zorn.
Meredith wurde blass. „Wollt Ihr behaupten, dass die da draußen meinen Tod wünschen?“
Brice sah den Schmerz in ihren Augen und bereute seine scharfen Worte. Wenn sie nur etwas mehr Zeit hätten. Wenn er ihr doch nur in Ruhe erklären könnte, wie seiner Meinung nach alles zusammenhing. Was er von Gareth hielt und seinen verbrecherischen Absichten.
Aber die Zeit reichte nicht, reichte nicht einmal, um Meredith auf das Kommende vorzubereiten. Brice ging mit langen Schritten auf Meredith
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