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Die wahre Lehre - nach Mickymaus

Die wahre Lehre - nach Mickymaus

Titel: Die wahre Lehre - nach Mickymaus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Jeschke
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die Leitung hat. Sprechen Sie es mit ihnen durch, Sir. Bringen Sie sie zur Vernunft.«
    Der Präsident dachte stirnrunzelnd darüber nach, dann dehnte ein Lächeln seine Züge. »Ja, warum nicht? Ich und Mickymaus auf dem Rasen vor dem Weißen Haus. Ich und Micky beim Händeschütteln. Und dann kann Micky diesen komischen kleinen Tanz mit dem Spazierstock machen. Kennen Sie die Nummer? Wir werden die Medien verständigen. Noch besser, eine Fernsehübertragung von einer Küste zur anderen. Zur besten Sendezeit. Wir werden eine Party veranstalten. Sie alle hier zusammenbringen. Kinder aus dem Waisenhaus einladen. Junge, das wird bei den Wahlen Aufwind bringen!« Der Präsident war ganz Lächeln. »Ich und Micky. Hab den kleinen Kerl immer kennenlernen wollen. Machen Sie das mit ihm aus, Soldat. Ein paar von meinen Leuten können Ihnen dabei helfen. Sie verbringen sowieso die meiste Zeit mit Kartenspielen. Und denken Sie daran, Soldat, es könnte für Sie etwas dabei herausschauen. Ich vergesse meine Freunde nicht.«
    Major Liebestraum wurde zur Tür geleitet. »Ich werde mein Bestes tun, Sir«, sagte er mit einem matten Lächeln, als ihm ein Vorstellungsbild des ergrimmten Micky, wie er durch die Ruinen von Disneyland stapfte, in den Sinn kam. »Ich werde tun, was ich kann.«
    »Das ist der rechte Geist«, sagte der Präsident, und die Tür schloß sich.
    Major Liebestraum stieß einen Seufzer der Erleichterung aus und merkte, daß er schwitzte. Er merkte auch, daß er mit seiner Mission, dem Präsidenten den Ernst der Lage nahezubringen, gescheitert war. »Was, zum Teufel, wird jetzt geschehen?« murmelte er.
    Hinter den schweren Eichentüren konnte er undeutlich den rauhen Bariton des Präsidenten hören:
     
    »Wenn dich eine Muse küßt,
    Schert es niemand, wer du bist …«
     
    Superman ging tiefer und steuerte in niedriger Flughöhe über die Vororte von Los Angeles. Erschrockene Gesichter blickten zu ihm auf, und aufgeregte Kinder zeigten mit den Fingern auf ihn. Seit er Texas überflogen hatte, war Superman von Düsenjägern verfolgt worden. Er hatte sie mit ein paar geschickten Tiefflugmanövern abgeschüttelt. Jetzt stand ihm der Weg nach Disneyland offen.
    Wie eine blaue Blitzentladung fegte Superman über die Stacheldrahtwälle hinweg und landete unweit vom Dornröschenschloß. Batman und Robin, die ein wenig grün aussahen, tappten wankend umher und hielten Umschau.
    Eine Versammlung fand statt. Tausende von Erfindungen waren da.
    In der Mitte war Mickymaus. Seine schwarzen Knopfaugen waren rotgerändert, und er war offensichtlich zornig, doch als er Superman gewahrte, hielt er mitten im Satz inne. »Hi, Super-Baby«, rief er herüber. »Haben dich schon erwartet. Sag den drei Musketieren, sie sollen zusammenrücken, an ihrem Tisch ist noch Platz für dich. Hi, Batman, Robin. Freut mich, daß ihr es geschafft habt. Hallo, Hamlet, laß das Gefummel mit diesem Schädel, und mach Platz für zwei weitere Gäste.« Hamlet gehorchte und murmelte unverständlich von den Härten der Zeitverzögerung. Auf der anderen Seite des Amphitheaters ließ die Prinzessin auf der Erbse, bunt und lieblich wie ein Schmetterling, den Blick ihrer taufeuchten Augen wohlgefällig auf dem jungen Robin ruhen und klopfte auf den Platz neben sich.
    »In Ordnung!« rief Micky. »Alles klar? Kommen wir wieder zur Sache. Wo war ich stehengeblieben?«
    »Krieg«, rief Peter Pan.
    »Ja, richtig. Krieg. Ich bin für Krieg. Totalen Krieg. Ohne Pardon.«
    »Gib ihnen Saures«, rief Schneewittchen, und ihre dunklen Augen blitzten.
    »Saures ist richtig. Homo sapiens hat zu lange den Rahm abgeschöpft. Ich sage, wir schlagen morgen zu. Carthaginem esse delendam, etcetera. Und der Himmel sei jedem bleichgesichtigen Lümmel gnädig, der versuchen sollte, mich aufzuhalten.« Bei diesen Worten sandte Micky einen finsteren Blick zu Donald Duck, der den Kopf ins Gefieder gesteckt hatte und scheinbar kein Interesse an der Diskussion zeigte. »Wer ist mit mir?«
    Ein Chor von tausend Stimmen schrie: »Ja«, und Hüte, Schals und Federn flogen in die Luft.
    Sherlock Holmes, der als Ratsvorsitzender fungierte, schlug mit dem Hammer auf den Tisch. Allmählich legte sich die allgemeine Erregung.
    »Darf ich den geehrten Redner daran erinnern«, sagte Sherlock mit seinem kristallenen Oxford-Akzent, »daß zwar keiner von uns an seiner Aufrichtigkeit zweifelt, oder an der Leidenschaft, die hinter seiner Aufrichtigkeit liegt, diese Debatte jedoch anberaumt

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