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Die Wahrheit dahinter: Kriminalroman (Hanne Wilhelmsen-Reihe) (German Edition)

Die Wahrheit dahinter: Kriminalroman (Hanne Wilhelmsen-Reihe) (German Edition)

Titel: Die Wahrheit dahinter: Kriminalroman (Hanne Wilhelmsen-Reihe) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Holt
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drückte mit dem ganzen Leib gegen die schwere, stählerne Ausgangstür. Und die fiel langsam hinter ihr wieder ins Schloß.
    »Wie … wie bist du denn hier reingekommen?«
    Billy T. war eher überrascht als wirklich wütend. In den letzten Jahren war das Sicherheitssystem des Polizeigebäudes um einiges verbessert worden. Daß eine wie Sølvi Jotun einfach ohne Kontrolle oder Begleitung in sein Büro gelangen konnte, war unbegreiflich. Sie stand in der Türöffnung, klein, mager und verhärmt. Als erstes war ihr Husten zu hören; Billy T. glaubte, sie gehört zu haben, noch bevor sie in der Tür erschienen war. Sie kam ihm kränker vor als beim letzten Mal. Ihr Gesicht war verweint, und sie rang um Atem, während sie sich an den Türrahmen lehnte. Ihre Haare klebten dünn und verfilzt an ihrer Kopfhaut. Eine Herpeswunde verunstaltete ihre Oberlippe. Ihr Pelzmantel war verdreckt.
    »Du Arsch. Du mieses Schwein.«
    Ihre Beschimpfung klang dem markigen Vokabular zum Trotz eher kraftlos. Sie flüsterte fast, und Billy T. hatte schon Angst, sie könne tot umfallen. Er lief zu ihr und versuchte, ihr auf einen Stuhl zu helfen.
    »Faß mich nicht an. Faß mich verdammt noch mal nicht an!«
    Mit überraschender Kraft befreite sie sich aus seinem Zugriff. Dann schleppte sie sich zum Stuhl und sackte dort in sich zusammen. Ihre Atemzüge pfiffen häßlich, beim Ein- wie beim Ausatmen. Billy T. schloß die Tür.
    »Ist ja klar. Ist ja klar, daß die anderen nicht wissen sollen, was du für ein Arsch bist.«
    Sie weinte wirklich. Dicke Tränen liefen über ihre Wangen.
    »Was … was ist denn los, Sølvi?«
    Billy T. blieb in seiner Verwirrung zwei Meter vor ihr stehen.
    »Du hast nichts über Oddvar gesagt. Du hast kein Wort über Oddvar gesagt.«
    Endlich schaute sie auf, sie schaute Billy T. ins Gesicht. Er fuhr zusammen.
    »Ich war in meinem ganzen Leben noch nicht so traurig«, sagte Sølvi. »Und auch nicht so scheißwütend auf irgendwen. Warum hast du nichts gesagt?«
    Billy T. begriff plötzlich, was sie meinte. Das Atmen fiel ihm jetzt leichter, aber er brachte es nicht über sich, in ihre Richtung zu blicken. Er setzte sich hinter seinen Schreibtisch und fing an, die Papierstapel zu sortieren, die auf der Tischplatte ein wahres Chaos bildeten.
    »Du glaubst, daß man auf solche wie mich einfach scheißen kann«, sagte Sølvi.
    »Nein«, sagte Billy T.
    »Doch. Wie alle hier. Ihr glaubt, solche wie wir hätten keine Gefühle. Du auch, Billy T. Obwohl du doch eigentlich in Ordnung bist. Dachte ich jedenfalls. Jetzt weiß ich das besser.«
    Er wußte nicht, was er sagen sollte. Er hatte natürlich daran gedacht, als er sie aus dem Krankenhaus abgeholt hatte. Daß er ihr sagen müßte, daß Snifflappen tot war. Aber er hatte etwas in Erfahrung bringen wollen. Etwas Wichtiges. Für ihn selbst und für den Fall, an dem er arbeitete. Er hatte auch nicht gewußt, ob die beiden noch immer zusammen waren. Es war nicht seine Aufgabe gewesen, ihr Bescheid zu sagen. Es ging ihn eigentlich nichts an. Er war nicht für Sølvi Jotun verantwortlich, und er hatte alles aus ihr herausgeholt, was da zu holen war, ohne ihr etwas über Snifflappen zu erzählen.
    »Ich wußte doch nicht …«, begann Billy T.
    Weiter kam er nicht.
    Es gab nicht viel, woran er den Blick hätte heften können. Billy T.s Büro war grau und hatte keine Vorhänge. Er hatte oft das Zimmer tauschen müssen, seit er einmal zwischendurch ein fast gemütliches gehabt hatte, mit Topfblumen, die Hanne ihm geschenkt hatte. Die Kinderzeichnungen, die früher überall gehangen hatten, hatte er schon längst beseitigt.
    »Du wußtest nicht …«
    Sølvi wiederholte diese Worte weinend.
    »Du wußtest sehr gut, Billy T. Du wußtest, daß Oddvar und ich immer schon zusammen waren. Du hättest mir was sagen müssen. Statt dessen muß ich … da lauf ich durch die Stadt und mach meinen Kram und hör dann plötzlich … von so einem hergelaufenen Berber.«
    Ihr Weinen klang immer verzweifelter.
    »Und ich kann auch nicht arbeiten. Ich kann bei den Kunden doch nicht heulen …«
    Billy T. hatte es ja geahnt. Sølvi mußte ihre Einkünfte aus der Waffenbranche aufbessern. Sie machte zu kleine Geschäfte. Sie war jetzt auf der untersten Stufe des Junkiedaseins angekommen. Einmal Blasen für einen Schuß, und sie machte ihre klapperdürren Oberschenkel breit, um überhaupt etwas zu essen zu bekommen.
    »Ich hab Oddvar geliebt, weißt du das? Geliebt!«
    Dieses Wort klang

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