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Die Wahrheit dahinter: Kriminalroman (Hanne Wilhelmsen-Reihe) (German Edition)

Die Wahrheit dahinter: Kriminalroman (Hanne Wilhelmsen-Reihe) (German Edition)

Titel: Die Wahrheit dahinter: Kriminalroman (Hanne Wilhelmsen-Reihe) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Holt
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hinaus, der sich vom Erdgeschoß bis in den sechsten Stock dahinzog. Sie spürte es jetzt deutlich, eine klare Vibration, als sei dieser gigantische vergeudete Raum eine Lunge, ein langsam atmender, lebenspendender Mechanismus. Merkwürdig viele Leute waren in dem großen Haus an der Arbeit, scheinbar ohne eigentliche Pflicht oder wirklichen Grund. Sie beeilten sich nicht. Sie warteten. Ein dunkelhaariger Mann stützte sich auf dem leeren Boden vor den Schaltern im Erdgeschoß auf seinen Mop. Das Wasser im Eimer dampfte nicht mehr. Zwei Studenten von der Polizeihochschule standen plaudernd vor dem Paßfotoautomaten, einer ließ zwischen zwei Fingern träge eine Colaflasche baumeln. Hinter dem geschlossenen Informationsschalter war eine Frau in eine Illustrierte vertieft. Sie blätterte interessiert immer weiter und schien auf das, was in der Halle passierte, gar nicht zu achten.
    Hanne hatte so etwas schon früher erlebt, wenn auch nicht oft. Die Büroangestellten, die ziellos zwischen den Vorzimmern hin und her liefen, mit Papieren in den Händen, die eine Stunde später zurückgebracht wurden, die jungen Beamten, die plötzlich mitten in der Weihnachtszeit die Turnhalle benutzen wollten, die Frau von der Hundestreife, die sich für ein oder zwei Stunden aufwärmte, die jungen, unsicheren Referendare, die an den Feiertagen die Stapel der Verkehrsvergehen abarbeiten mußten, alle liefen gelegentlich herum und mußten auf irgend etwas warten.
    »Seltsame Stimmung«, sagte Annmari.
    »Ja«, lächelte Hanne, die sie bisher gar nicht bemerkt hatte.
    »Es ist ein bißchen … irgendwie schön.«
    »Mmmm.«
    »Wir erzählen ihnen jetzt die gute Nachricht. Daß wir mehr als genug Haftgründe für beide haben. Morgen legen wir das Haftbegehren vor. Ich glaube kaum, daß irgendwer sich beschweren wird, weil sie jetzt wegenWeihnachten einen Tag länger hier sitzen mußten. Hab eben mit Håkon Sand telefoniert, und der fand auch, daß wir die Nachricht erst hier im Haus verbreiten sollten. Dann hat das Team das Gefühl, daß das Warten sich gelohnt hat. Und das ist doch schön.«
    »Und Hermine?« sagte Hanne. »Daß wir sie nicht finden, meine ich.«
    »Wir stellen die Stadt auf den Kopf. Früher oder später muß sie doch auftauchen.«
    Hanne nickte stumm und sah zu Kriminalchef Puntvold und dem Polizeichef hinüber, die gerade durch den Haupteingang gingen. Der Polizeichef war in Zivil gekleidet, Jeans und knallroter Pullover mit dem riesigen Rentier Rudolf auf der Brust. Bestimmt hatte er eine boshafte Schwester in den USA .
    »Komische Aufmachung für eine Pressekonferenz«, sagte Hanne.
    »Er zieht sich sicher noch um. Er hat doch noch eine Stunde. Ich habe eben die vorläufige Reinschrift deines Verhörs gelesen. Danke, daß du die Bänder abgeliefert hast. Erik ist gar nicht erst auf diesen Gedanken gekommen, seine Verhöre kriege ich also erst morgen früh zu sehen.«
    Hanne richtete sich auf. »Eigentlich solltest du dich bei Billy T. bedanken.«
    »Ehrlich gesagt mache ich mir ein wenig Sorgen«, sagte Annmari. »Was Billy T.s Methoden angeht. Er kann sich doch nicht wirklich einbilden, daß er einen Waffenhändler beschützen darf, der in einem Fall wie diesem ein Hauptzeuge ist?«
    Hanne lachte herzlich.
    »Mach dir wegen Billy T. keine Sorgen. Der weiß, was er tut. Natürlich ist ihm das klar. Er will nur alles in seinem eigenen Tempo durchziehen.«
    Wieder lehnte sie sich an das Geländer. Annmari musterte sie von der Seite. Die Hauptkommissarin schien sich verändert zu haben. Sie kam ihr weniger abweisend vor als sonst. Dieser Fall könnte eine Art Durchbruch werden, auch in dem Verhältnis der beiden zueinander. Annmari bildete sich nicht ein, daß Hanne jemals ihre Freundin werden könnte, aber wenn etwas von diesem gereizten Tonfall verschwände, von dieser enervierenden Gleichgültigkeit und der Distanz, die sie immer hielt, dann wäre das mehr als genug.
    »Es ist fast beeindruckend, wie hartnäckig sie lügen«, sagte Hanne mit leichtem Lächeln.
    »Das stimmt. Hast du so was schon mal vorher erlebt?«
    »Es kommt schon vor. Aber in diesem Ausmaß, und bei Leuten von dieser Herkunft? Nein. Das ist eigentlich ziemlich faszinierend. Sie müßten doch zum Beispiel wissen, daß wir ihre Telefone überprüfen? Es ist einfach so blöd, Lügen darüber zu servieren, wann man jemanden angerufen hat, das ist so unvorstellbar sinnlos!«
    »Allerdings!«
    »Das Ganze ist so absurd, daß ich mich schon

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