Die Wahrheit dahinter: Kriminalroman (Hanne Wilhelmsen-Reihe) (German Edition)
sie und CC geheiratet haben, hat sie sich nicht nur einen neuen Nachnamen zugelegt. Sondern sie hat gleich doppelt zugeschlagen. Jetzt heißt sie Mabelle Stahlberg.«
Zwei der jüngeren Männer grinsten vielsagend, als Billy T. die Folie wechselte. Jetzt sahen sie eine gutgebaute Blondine, langhaarig und mit Lippen, die ihr eindeutig nicht in die Wiege gelegt worden waren. Sie wölbten sich über einem pikanten Kinn unnatürlich weit vor. Auch die Nase war wohl vom Messer nicht ganz verschont geblieben, sie war ultraschmal und schnurgerade. Hanne Wilhelmsen prustete los. Damit äußerte sie sich zum ersten Mal während dieser Besprechung. Billy T. hob beschwichtigend die Hand und legte eine neue Folie auf.
»Hat sie nicht so eine Modezeitschrift?« fragte Silje, ehe er weitersprechen konnte.
»Stimmt. M & M. Mode und Meinungen. Sehr viel vom ersten, so gut wie nichts vom letzteren. Hochglanzkiste. Läuft natürlich nicht sonderlich gut, das tun ja nur wenige Zeitschriften dieser Art, aber sie kommt wohl so halbwegs zurecht. Jedenfalls verliert sie kein Geld. Und Geld hat ja Carl-Christian. Oder um es mal so zu sagen: Das haben die beiden geglaubt, CC und Mabelle. Daß sie zu Geld kommen würden.«
Den letzten Satz ließ er im Raum stehen.
»Auf jeden Fall«, fügte er nach einigen Sekunden des Schweigens hinzu, »hat also diese Mabelle eine interessante Vergangenheit. Nichts Kriminelles, mit einer Ausnahme, auf die ich noch zurückkommen werde. Wichtig in diesem Zusammenhang aber ist, daß ihre Schwiegereltern von Anfang an gegen sie waren und ihr alle möglichen Steine in den Weg gelegt haben. Sie konnten die Frau einfach nicht ausstehen. Sie war schon nicht gut genug für Carl-Christian und längst nicht fein genug für die bedrückenden Gemächer in der Eckersbergs gate. Sie haben in Las Vegas geheiratet, klammheimlich, weit weg von Papas wütenden Protesten. Hermann hat später sogar einen Versuch unternommen, die Ehe für ungültig erklären zu lassen. Dabei hat er natürlich auf Granit gebissen, er hatte ja wirklich keinerlei Grundlage für einen solchen Schritt. Aber das sagt ja schon einiges. Über die Stimmung, meine ich, in der Familie.«
»Du hast da etwas Kriminelles erwähnt«, erinnerte Erik ihn.
»Ja …«
Billy T. kratzte sich zerstreut im Schritt.
»Vor einem halben Jahr hat Vater Hermann Mabelle wegen Diebstahls eines Gebrauchtwagens angezeigt. Sie wurde von der Polizei angehalten und überhaupt. Fuhr in einem Audi 8 durch die Gegend, der eigentlich eine Art Firmenwagen der Reederei war, der aber Carl-Christian und Mabelle zur Verfügung stand. Hermann hatte damals die Zügel angezogen und die Rückgabe des Autos verlangt. Als nichts passierte, meldete er den Wagen gestohlen, ohne der Polizei die Sache näher zu erklären. Und das hat eine gewaltige Wildwest-Show nach sich gezogen. Als eine Streife den Wagen entdeckte, hielt Mabelle nicht an, bis die ganze Fahrt in Grefsen im Straßengraben endete. Die Frau sagte, sie habe Angst gehabt und das Ganze für einen Überfall gehalten. Sie wurde in Handschellen abgeführt und für sechs Stunden in eine Zelle gesteckt, bis CC die Sache endlich klären konnte. Der Alte ließ sich nicht erweichen und wollte die Schwiegertochter vor Gericht stellen, aber die Ermittlungen wurden wegen Mangels an Beweisen eingestellt. Es war einfach zu absurd.«
»Reizende Familie.«
Der Abteilungschef gähnte und versuchte, sich wachzuschütteln.
»Weißt du noch mehr, Billy T.?«
»Nur, daß die Sippe ziemlich umfangreich ist. Diverse Tanten und Onkel. Vetter und Kusinen noch und nöcher. Und dann ist da ja noch Hermine. Das Schwesterchen.«
Hinter Hermines Namen auf der Folie tauchte ein Fragezeichen auf. Ihr Name war in eine Ecke der Übersicht gequetscht worden.
»Über sie wissen wir nicht viel. Jedenfalls noch nicht. Sie scheint ein bißchen einfältig zu sein. Keine Ausbildung. Keine richtige Arbeit, obwohl sie gesund zu sein scheint. Sie hat ab und zu für ihre Schwägerin bei M & M ausgeholfen, rein äußerlich paßt sie ja dorthin. Außerdem hat sie kleine Jobs für ihren Vater und für einen Onkel übernommen, mit dem sie viel zu tun hat. Er ist Kunsthändler, oder war das zumindest. Das Seltsame ist, daß sie …«
Aller Augen waren jetzt auf Billy T. gerichtet.
»Daß sie zu ihrem zwanzigsten Geburtstag von ihrem Vater eine verdammt hohe Summe erhalten hat«, sagte er endlich und fuhr sich über den Schädel, seine millimeterlangen Haarstoppeln
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