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Die Wahrheit dahinter: Kriminalroman (Hanne Wilhelmsen-Reihe) (German Edition)

Die Wahrheit dahinter: Kriminalroman (Hanne Wilhelmsen-Reihe) (German Edition)

Titel: Die Wahrheit dahinter: Kriminalroman (Hanne Wilhelmsen-Reihe) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Holt
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sicher gleich einschlafen werde. Du siehst wunderschön aus.«
    Nefis’ Haare hingen offen über einem tiefroten Pullover mit V-Ausschnitt. Sie schien frisch geschminkt zu sein und duftete.
    »Ich stinke wie ein Pferd«, sagte Hanne und rümpfte die Nase.
    »Nur wie ein süßes kleines Pony«, sagte Nefis und schenkte aus einer verstaubten Flasche Wein ein. »Freust du dich?«
    Hanne blickte sich um und zögerte.
    »Vielleicht. Ein bißchen. Nicht sehr.«
    Das war eine Lüge, was beide wußten. Wenn Hanne Wilhelmsen sich überhaupt auf irgend etwas freuen konnte, dann auf den Heiligen Abend. Sie fand es schön, daß es dabei nicht um Familie gehen würde. Sie freute sich über Nefis’ Geschäftigkeit, darüber, daß alle möglichen Menschen mit am Tisch sitzen würden. Plötzlich fiel ihr auf, daß sie seit Stunden nicht mehr an ihren Vater gedacht hatte. Das matte, leere Gefühl, daß es für bestimmte Dinge jetzt zu spät war, verflog langsam. Nefis und sie hatten sich füreinander entschieden. Zusammen hatten sie sich für Marry entschieden. Nefis ermöglichte ihr ein Leben so voller Überfluß und Großzügigkeit, daß Hanne ab und zu, wenn auch selten, mit dem Gedanken spielte, ihrer Aufforderung zu folgen und bei der Polizei aufzuhören. Hanne könnte doch eine kleine Detektei eröffnen, hatte Nefis immer wieder vorgeschlagen. Wo sie dann immer nur soviel zu tun haben würde, wie sie selbst wollte. Eine exklusive kleine Detektei mit vielleicht drei Angestellten, die sich nicht mit treulosen Ehepartnern oder verschwundenen Pauschaltouristen anöden, sondern sich auf Kunden aus der Wirtschaft konzentrieren würden. Nefis hatte das Startkapital, und Hanne hatte einen Namen.
    Hanne würde ohne ihre Polizei zugrunde gehen, das meinte sie selbst.
    »Ich glaube, ich bin dabei, mich mit allen anderen zu überwerfen«, sagte sie und gähnte. »In diesem Mordfall, meine ich. Ich habe mich auch früher schon geirrt. Es kommt mir so vor, als ob …«
    »Als ob du immer in anderen Bahnen denken müßtest als die anderen«, fügte Nefis hinzu. »Das ist eine gute Eigenschaft. Menschen, die anders denken, haben die Welt immer schon weitergebracht.«
    »Jetzt übertreib nicht«, murmelte Hanne in ihr Glas hinein. »Ein Semmelweis bin ich ja nun nicht gerade.«
    »Ein bißchen schon«, sagte Nefis. »Aber ab und zu irrst du dich natürlich.«
    »Jetzt vielleicht auch. Jedenfalls weist alles auf Carl-Christian Stahlberg oder seine Schwester. Oder irgendwen, den sie damit beauftragt haben. Ich kann dir sagen, daß …«
    Eifrig fing sie an, die Elemente der Indizienkette aufzuzählen.
    »Aufhören«, sagte Nefis und legte Hanne einen Finger auf die Lippen. »Jetzt hast du frei, Hanna. Denk an etwas anderes.«
    »Das ist schwierig.«
    »Ich will ein Kind, Hanna.«
    Hanne sah plötzlich, daß die Petersilie, die in Marrys großer Weihnachtskrippe auf der Anrichte das Gras darstellen sollte, durch zerschnittenes Kreppapier ersetzt worden war. Sie sprang auf und verteilte die Schnipsel gleichmäßig um den offenen Stall. Sie hob ein Schaf hoch und brach ihm dabei das Bein ab.
    »Papier ist besser«, sagte sie. »Die Petersilie fing schon an zu verwelken.«
    »Hanna …«
    »Ich will nicht. Kein Kind, nicht darüber reden. Wann kommen morgen unsere Gäste?«
    Hanne spürte, wie die Tränen in ihr aufstiegen. Sie schluckte, atmete tief durch. Kein Kind. Cecilie hatte immer deshalb herumgequengelt. Die ganze Zeit. Hanne hatte recht behalten. Es war gut, daß sie kein Kind gehabt hatten, denn Cecilie war dann ja einfach gestorben.
    »Wenn ich nur begreifen könnte, warum nicht«, sagte Nefis. »Das willst du mir ja nie erklären. Du gehst einfach weg. Nicht!«
    Hanne hatte Maria hochgehoben und war gerade dabei, ihr den Heiligenschein abzureißen. Sie fuhr zusammen und stellte die Figur vorsichtig wieder hin.
    »Ich bin müde«, sagte sie und wollte gehen.
    Nefis verstellte ihr den Weg.
    »Nein. Du gehst nicht. Wir reden jetzt darüber. Ich will ein Kind, du willst keins. Wir müssen herausfinden, wer von uns die stärkeren Bewegungsgründe hat.«
    »Beweggründe«, korrigierte Hanne. »Du solltest keine Wörter benutzen, die du nicht richtig im Griff hast. Beweggründe. Meine sind stärker.«
    »Da bin ich nun nicht so sicher.«
    Hanne fürchtete sich vor Kindern. Sie mußte sie gut kennen, um überhaupt mit ihnen reden zu können. Kinder waren beängstigende, lärmende, anspruchsvolle, verpflichtende Wesen. Sie war selbst einmal

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