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Die Wahrheit dahinter: Kriminalroman (Hanne Wilhelmsen-Reihe) (German Edition)

Die Wahrheit dahinter: Kriminalroman (Hanne Wilhelmsen-Reihe) (German Edition)

Titel: Die Wahrheit dahinter: Kriminalroman (Hanne Wilhelmsen-Reihe) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Holt
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Jetzt waren ihre Augenbrauen betont, ihre Lippen tiefrot. Ein kräftiges Rouge auf ihren Wangen signalisierte Tatkraft und Entschiedenheit.
    »Was in aller Welt machst du denn hier?« wiederholte sie.
    »Nichts.«
    »Nichts? Du siehst einfach wahnsinnig aus!«
    Wortlos wischte er den Schaum ab.
    »Du mußt dich rasieren«, sagte sie mit harter Stimme. »Diese kleinen Bartstoppeln sind nicht gerade hübsch.«
    »Wollte ich doch gerade«, sagte er und hob den Behälter mit den Rasierklingen hoch.
    »Du stehst kurz vor dem Zusammenbruch, CC . Und das können wir uns nicht leisten.«
    Ungeschickt seifte er sein Gesicht wieder ein. Mabelle blieb neben ihm stehen.
    »Hermine ist ein Problem«, sagte sie tonlos. »Du hast natürlich recht. Aber wir haben ein unbeschreiblich viel größeres Problem, wenn die Kleine wirklich verschwunden ist und wir das nicht melden.«
    »Wir müssen das ja nicht gewußt haben«, sagte Carl-Christian.
    Mabelle trat einen Schritt auf ihn zu und beugte sich zu ihm vor.
    »Jetzt reiß dich endlich zusammen«, sagte sie bissig. »Wir werden überwacht. Wann wirst du das endlich kapieren? Die Polizei weiß sicher schon, daß wir gestern abend vor Hermines Wohnung gestanden haben. Vermutlich hören sie alle unsere Telefongespräche ab. Sie wissen, daß wir versucht haben, sie zu erreichen. Und sie wissen …«
    Ihre Stimme tat in seinem Ohr weh.
    »…  daß Heiligabend ist! Hast du jemals nicht gewußt, wo deine Schwester den Heiligen Abend verbringt? Na? Sag schon!«
    Carl-Christian brach in Tränen aus. Er schluchzte wie ein kleiner Junge, dem es jetzt auch egal ist, ob seine Kumpels ihn sehen können, er schluchzte laut und senkte den Kopf. Der Rasierschaum war zu feucht geworden und lief in kleinen Bächen über seinen schmalen Brustkasten.
    »Ich bin so …«
    Er konnte nichts mehr sagen. Mabelle legte ihm den Arm um die Schultern, drehte ihn zu sich, wischte ihm mit dem Handrücken den Rasierschaum ab und murmelte beruhigende, belanglose Worte. Am Ende drückte sie ihn an sich, ganz fest, streichelte seinen Kopf und wiegte ihn langsam hin und her.
    »Ich hab solche Angst, daß Hermine etwas passiert ist«, weinte Carl-Christian an ihrer Schulter.
    »Das weiß ich«, sagte Mabelle und strich ihm über die feuchten Haare. »Wir haben beide Angst. Aber jetzt hör mir zu. Dann geht alles gut. Wir beide, wir haben nur einander, das weißt du.«
    »Und Hermine«, schluchzte er.
    Mabelle gab keine Antwort. Sie drückte Carl-Christian so fest an sich, wie sie nur konnte, und begegnete über seine Schulter hinweg ihrem eigenen Blick im Spiegel. Der ließ sie nicht los. Indem sie sich an sich selbst festhielt, konnte sie Carl-Christian lenken. Sie mußte die Kontrolle behalten. Es gab niemanden, an den sie sich wenden konnten, niemand hätte ihnen geholfen.
    Sie würde ihn festhalten, so lange das nötig wäre.
    Die Huren ließen sich nicht blicken. Marry hatte das Essen um eine halbe Stunde aufgeschoben und vier verschiedene Mobilnummern angerufen, ohne irgendwo Erfolg zu haben. Am Ende hatte sie bitterlich geseufzt und lange gejammert, als sei sie hier von ihren eigenen Kindern im Stich gelassen worden. Ihre Laune besserte sich erst, als alle anderen mit großen Augen am Tisch saßen und das Essen gewaltig lobten.
    Gegen neun herrschte in dem großen Wohnzimmer ein wahres Chaos aus Geschenkpapier und Süßigkeiten, aus halbvollen Gläsern und Limoflaschen, aus Spielzeug, Kleidungsstücken und Büchern. Marry hatte sich widerwillig bereit erklärt, vor dem Essen alle motorisierten Dekorationen auszuschalten. Jetzt wollten die Kinder sie wieder anhaben, aber Marry hatte sich mit einer Stange Zigaretten bestechen lassen und erklärte immer wieder, der alte Weihnachtsmann in der Ecke sei schon eingeschlafen. Er sei müde, das sei doch klar, und sie müßten ihm im ganzen Gewühl ein Päuschen gönnen. Billy T. kroch mit Jenny auf dem Rücken auf dem Boden herum. Die Vierjährige trug einen viel zu großen knallroten Schlafanzug und schwenkte eine Barbiepuppe.
    »Geschenk von Papa«, heulte sie hingerissen und küßte die muslimische Barbie auf ihre Burka.
    Billy T. kroch an Hannes Stuhl vorbei und versuchte, zu schnauben wie ein Kamel. Der Blick, den er ihr zuwarf, floß über vor Dankbarkeit. Hanne lächelte nur und zuckte ein wenig mit den Schultern. Sie hatte den Inhalt seines Geschenksacks untersucht, als er den am Sonntag abgeliefert hatte. Wie sie erwartet hatte, waren in dem Sack keine

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