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Die Wahrheit dahinter: Kriminalroman (Hanne Wilhelmsen-Reihe) (German Edition)

Die Wahrheit dahinter: Kriminalroman (Hanne Wilhelmsen-Reihe) (German Edition)

Titel: Die Wahrheit dahinter: Kriminalroman (Hanne Wilhelmsen-Reihe) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Holt
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groß für mich.«
    Sie musterte die Handschuhe skeptisch, zog sie aber an, als er darauf bestand.
    »Klasse von dir, daß ich nach Hause darf«, murmelte sie. »Heute hätte ich keine Stunde im Arrest ausgehalten. In diesem verdammten Krankenhaus war es schlimm genug.«
    »Natürlich darfst du nach Hause«, sagte Billy T. und versetzte ihr einen Klaps auf den Rücken. »Du hast doch nichts verbrochen. Und sowie du meine Fragen beantwortet hast, lasse ich dich auch in Ruhe. Du hast übrigens eine schöne Wohnung.«
    »Von der Stadt«, sagte sie kurz. »Schön, daß die Steuern für vernünftige Dinge verwendet werden.«
    Meine Steuern, dachte Billy T., und plötzlich fiel ihm der Tippzettel ein, der noch immer unberührt in seiner Brusttasche steckte. In der Nacht hatte er sich den Kopf über die Frage zerbrochen, wie lange der überhaupt noch gültig sein würde.
    »Finde ich auch«, sagte er, um diesen Gedanken zu verdrängen. »Aber warum hast du die Küche abgeschlossen?«
    »Kann dir doch am Arsch vorbeigehen.«
    Sie überquerten den Friedhof Nordre Gravlund. Zwischen den Gräbern lag tiefer Schnee, hier und dort ragte ein verwitterter Stein hervor. Einige Gräber waren schön geschmückt, mit brennenden Kerzen in kleinen Laternen und Tannenzweigen mit roten Schleifen. Sølvi Jotun fühlte sich offenbar nicht wohl in ihrer Haut. Sie zog ihre Mütze tief in die Stirn und murrte undeutlich und wütend. Sie wanderten schweigend weiter, bis sie die Uelands gate erreicht hatten und durch die kleinen Quergassen nach Sagene hochgingen, zwischen Klinkerhäusern aus den dreißiger Jahren und eingeschneiten Autos.
    »Oh Scheiße. Hätten wir nicht fahren können?«
    Sølvi war jetzt sichtlich erschöpft. Das Krankenhaus Ullevål und der Mor Go’hjertas vei waren kaum mehr als zwei Kilometer voneinander entfernt, und sie hatten noch nicht einmal die Hälfte hinter sich gebracht. Trotzdem atmete sie schwer, und sie hustete heftig und kränklich, als sie plötzlich stehenbleiben mußte.
    »Komm schon«, sagte Billy T., ohne sein Tempo zu verlangsamen. »Du wohnst hier doch gleich um die Ecke.«
    »Verschwinde«, fauchte sie. »Ich geh nicht nach Haus.«
    Er blieb stehen und trat einige Schritte zurück. Sølvi Jotun war wirklich in einer kläglichen Verfassung. Billy T. fragte sich, was man im Krankenhaus eigentlich für sie getan hatte. Vermutlich hatten sie ihr nur ein sauberes Bett angeboten. Das Pfeifen ihrer Lunge konnte auf eine Infektion hinweisen oder vielleicht auch auf kräftiges Asthma. Irgendeine Art von medizinischer Versorgung hätte ihr jedenfalls nicht geschadet.
    »In ganz Oslo gibt es keine einzige Scheißkneipe, die jetzt offen hat«, sagte er resigniert. »Nicht mal Sagene Lunsjbar. Heute ist der Erste Weihnachtstag, Sølvi. Und es ist erst halb zehn. Du mußt nach Hause gehen. Ich habe gestern die Heizung angedreht. Bestimmt ist es da jetzt richtig gemütlich.«
    »Die Heizung!«
    Sie stampfte auf den Boden auf.
    »Weißt du überhaupt, was derzeit der Strom kostet, Mann?«
    Billy T. packte ihren Arm und versuchte, sie mit sich zu ziehen.
    »Komm jetzt.«
    »Du kommst nicht mit zu mir nach Hause!«
    Sie stand breitbeinig vor ihm und zeigte eine bemerkenswerte Kraft, als er fester zugriff und anfing zu zerren. Er kam sich vor wie bei Jenny, wenn die im Kindergarten bockte. Der Unterschied war nur, daß er ein heulendes Kind davontragen konnte. Bei Sølvi Jotun würde das nicht klappen.
    »Dann eben nicht«, sagte er und ließ sie los. »Aber dann mußt du mir meine Fragen jetzt sofort beantworten.«
    Ihre Augen funkelten. Sølvi Jotun hatte ihren dreißigsten Geburtstag hinter sich, und das in einer Szene, in der die meisten keinen Monat überleben würden. Sie war nicht dumm und konnte mit dem Rausch besser umgehen als fast alle anderen. Ihr Zusammenbruch vom Vortag mußte ein Unfall gewesen sein. Oder die Folge von miesem Stoff. Jetzt legte sie den Kopf schräg und schaute zu Billy T. hoch, der sie fast um einen halben Meter überragte.
    »Warum um Himmels willen sollte ich dir überhaupt eine Frage beantworten?« fragte sie. »Ich habe keine Lust, und ich sehe auch nicht ein, warum ich mich auf offener Straße und noch dazu zu Weihnachten von der Polizei verhören lassen sollte, wo ich noch nicht mal verhaftet bin. Ich hab nichts verbrochen, das sagst du doch selber.«
    Billy T. betrachtete sie forschend. Ihm ging auf, daß er sie vielleicht doch tragen könnte, sie konnte wohl kaum mehr wiegen als

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