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Die Wahrheit des Alligators

Die Wahrheit des Alligators

Titel: Die Wahrheit des Alligators Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Massimo Carlotto
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Punkt 19 Uhr. Eine halbe Stunde später öffnete sich das automatische Garagentor, und der Partner kam heraus. Ihm folgte einige Minuten später Artoni mit seinem Mercedes.
    Wir stoppten die Zeit, die das Garagentor brauchte, um sich wieder zu schließen, und am vierten Tag, einem Freitag, der erwartungsgemäß wieder heiß und feucht war, schlüpften wir, nachdem Ferrinis Wagen draußen war, ins Tiefgeschoß. Wir streiften Chirurgenhandschuhe über. Dann holte Benjamino das kroatische Schmuckstück hervor und legte eine Patrone ein. Ich war nicht bewaffnet. Ich hatte noch nie eine Pistole in der Hand gehabt, sie machten mir zu viel Angst. Wir postierten uns zu beiden Seiten der Aufzugstür, und das Warten begann. Der alte Rossini war ruhig und sicher: Irgendwo bewaffnet aufzutreten, war für ihn eine Selbstverständlichkeit. Ich dagegen war aufs äußerste gespannt. Die Tür ging auf, Artoni hatte noch keine zwei Schritte gemacht, da hatte Benjamino ihn von hinten eingeholt, er hielt ihm eine Hand auf den Mund und die Pistole an die Schläfe. »Guten Abend, Professor. Nur schön ruhig bleiben, dann passiert Ihnen nichts.«
    Er stieß ihn in den Aufzug, sagte dann zu mir: »Durchsuch ihn.«
    Ich fand einen Trommelrevolver mit kurzem Lauf, er hatte ihn in einem Halfter in der Hose stecken. Ich zeigte ihn Rossini, der den Kopf schüttelte. »Und du wolltest ein Treffen mit ihm ausmachen. Nun, Herr Professor, jetzt gehen wir schön brav in Ihre Praxis. Wenn wir auf dem Flur sind, gehen Sie vor uns her und öffnen die Tür. Ich brauche Sie ja nicht daran zu erinnern, daß ich Ihnen bei der ersten falschen Bewegung eine Kugel in den Kopf jagen werde.«
    Artoni gehorchte. Die Tür hatte drei Schlösser, alles Sicherheitsschlösser. Seine Hand zitterte, und am Ende mußte ich ihm helfen.
    »Direkt in Ihr Arbeitszimmer«, befahl Benjamino. Als wir drin waren, befahl er mir, die Rolläden an den Fenstern runterzulassen, bevor ich das Licht anmachte. Er durchsuchte die Schubladen und ließ den Professor auf dem Sessel hinter dem Schreibtisch Platz nehmen. Wir setzten uns auf die beiden Stühle davor.
    Die Situation war unwirklich: Wenn man die Pistole meines Freundes außer acht ließ, hätte es wirken können wie ein ganz normales Konsultationsgespräch zwischen einem Fachmann und seinen Klienten.
    Ich zog aus einer Tasche dieselbe Polaroidaufnahme hervor, die ich Giusy Testa gezeigt hatte, und legte sie auf die blank polierte Mahagoniplatte. Dann nahm ich das Tonbandgerät und stellte es neben die Fotografie, wobei ich versuchte, so ruhig wie möglich zu wirken, dann drückte ich die Tasten, um das Gespräch aufzunehmen.
    »Der Moment der Wahrheit ist gekommen, Professor Artoni«, begann ich.
    Er sah die beiden Gegenstände an und lächelte mich böse an. »Fick dich doch ins Knie.«
    »Professor, man sieht förmlich, wie Sie zittern und schwitzen. Sie können sich ja von der Höhe Ihres Wissens selbst die Diagnose stellen. Sie werden zu dem Schluß kommen, daß Sie nicht in der Verfassung sind, sich in Tollkühnheiten zu produzieren.«
    Er ging weiterhin in drohendem Ton auf mich los. »Meine Frau erwartet mich zu Hause, wir haben Gäste zum Abendessen. Wenn sie mich nicht kommen sieht, ruft sie den Hausmeister an, der kommt sofort rauf und schaut nach mir. Er hat die Schlüssel zur Praxis. Ihr habt gerade noch Zeit, zu verschwinden … ich zeige euch nicht an.«
    »Guter Witz, Herr Professor«, kommentierte Benjamino. »Dafür, daß er mit einem Bein im Zuchthaus steht, hat er noch ’ne Menge Humor.«
    »Ich weiß nicht, wovon Sie reden.«
    »Aber sicher wissen Sie es«, griff ich ein. »Vom vorsätzlichen Mord an Piera Belli.«
    »Kenne ich nicht«, leugnete er mit Blick auf das Tonbandgerät. »Strengen Sie doch mal Ihr Gedächtnis an, wenigstens einmal haben Sie sie mit Sicherheit gesehen: Als Sie im Prozeß um den Mord an Evelina Mocellin Bianchini als Zeuge aussagten. Die Frau war eine der Geschworenen.«
    »Sagen wir also, daß ich mich nicht an sie erinnere.«
    »Professor Artoni, ich bitte Sie, überlegen Sie sich das gut. Sie haben überhaupt keine Chance, sich da rauszuwinden, es ist vollkommen zwecklos, daß Sie versuchen, Zeit zu gewinnen. Wir gehen nicht weg von hier ohne ein vollständiges Geständnis von Ihnen. Bisher waren wir freundlich, zwingen Sie uns nicht, Methoden anzuwenden, die wir selbst nicht mögen.«
    »Es wird aber in legaler Hinsicht völlig wertlos sein.«
    »Das wissen wir.«
    »Wollt ihr

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