Die Wahrheit hat nur ein Gesicht (German Edition)
beeilen, geht das ganz schnell!«
»Nein. Tut mir leid, nicht mal fünf Minuten.« Er sah demonstrativ auf seine Armbanduhr: »Ich habe verschlafen.«
Enttäuscht ließ sie ihn los.
»Darf ich dann noch ein bisschen liegen bleiben?«
»Was?«
»Ja« Sie räkelte sich: »Ich bin noch so müde.«
Ihre Hand glitt spielerisch über ihre nackten Brüste und wanderte dann nach unten zwischen ihre Beine.
»Und ich würde gerne noch von dir träumen, wenn du weg bist.«
Sie war wirklich ein raffiniertes Miststück. Alex stand auf. »Tu dir keinen Zwang an.«
»Tu ich auch nicht.« Sie grinste und kuschelte sich in die Decken.
Mist! Jetzt musste er sich tatsächlich anziehen, das Haus verlassen und so tun, als hätte er Unterricht. Was hatte er sich da bloß eingebrockt? Männer sind feige, wenn es um die Wahrheit geht. Abby, seine alte Tante hatte das immer gesagt. In dieser Situation wurde ihm klar, was sie damit meinte. Aber warum war Cindy auch so schwer von Begriff? Seit Wochen hatte er nicht mehr mit ihr geschlafen. Musste man da noch viel erklären? Er begriff nicht, warum sie die Zeichen nicht verstand.
Sein Kopf schmerzte. Er hatte am Vorabend die ganze Whiskyflasche getrunken. Idiotisch, denn am heutigen Abend war ein wichtiges Konzert. Aber irgendeine Form von Betäubung hatte er gebraucht. Jetzt bekam er die Quittung.
Verärgert ging er ins Bad. Cindys Kosmetikartikel standen auf der Ablage. Es störte ihn plötzlich, dass sie sich so breitmachte. Unter der Dusche überlegte er, was er dagegen tun konnte. Aber alles, was ihm einfiel, zog unweigerlich Ärger nach sich. Cindy würde ihn nicht kampflos aufgeben, das war ihm inzwischen klar.
Als er aus dem Bad zurückkam, war Cindy schon wieder eingeschlafen. Äußerst dekorativ lag sie nackt in den Kissen. Er betrachtete sie. Ihr Körper strahlte etwas aus, das ihn mit einem Mal abstieß. Wollust! Ja, Cindy hatte etwas Wollüstiges an sich. Früher hatte er genau das gebraucht. Eine Frau, die nur eines wollte: Sex! Aber er merkte, dass es ihm nicht mehr genügte, dass er mehr wollte von einer Frau.
Er zog sich leise an, denn er war sich nicht sicher, ob sie wirklich schlief. Zu demonstrativ ragte ihr nacktes Hinterteil aus den Kissen.
Im Flur blieb sein Blick an einer Fotografie hängen. Es zeigte ihn und Cindy in enger Umarmung in Covent Garden vor dem Royal Opera House. Er erinnerte sich. Sie hatte einem Touristen die Kamera in die Hand gedrückt und ihn gebeten das Bild zu machen. Jetzt stand es hier auf seiner Vitrine. Er seufzte. Die Sache war von ihrer Seite viel ernster als er dachte. Trotzdem musste er mit ihr sprechen. Sie konnte in seinem Haus nicht einfach Fotos verteilen!
Draußen empfing ihn die Kühle des Morgens. Was sollte er jetzt tun? Rüber in die Akademie und üben? In ein Café und Frühstücken? Nervös spielte er mit dem Hausschlüssel in seiner Hand.
Plötzlich war ihm klar, was er tun würde. Er würde Emma besuchen! Betrunken hatte er sie in der Nacht angerufen und ihr auf den Anrufbeantworter gelallt. Jetzt am Morgen und wieder nüchtern, bedauerte er die Aktion. Er war kein Säufer und er ärgerte sich, dass Emma das jetzt vielleicht glauben würde. Er würde sie besuchen und die Sache klären. Und er wollte ihr sagen, wie gut sie gesungen hatte. Sie sollte wissen, dass er sich darauf freute, wieder mit ihr zu musizieren. Ja. Er würde Emma besuchen. Jetzt gleich! Das war eine wirklich hervorragende Idee. Pfeifend und gut gelaunt machte er sich auf den Weg.
9
Emma wanderte durch den Hyde Park und genoss den frühen Morgen. Alex wohnte in Notting Hill, auf der anderen Seite des Parks. Der Spaziergang führte also fast komplett durch Parkanlagen. Ein strahlender Tag brach an und sie hatte das Gefühl, dass all ihre Sorgen bald beendet sein würden. Alex war ein Frühaufsteher. Sie würde ihn also nicht wecken. Ihr Herz schlug einen Takt schneller als sonst.
Was würde er sagen? Wie würde er reagieren? Würde er sie hereinbitten? Würde er ihr vielleicht einen Kaffee anbieten?
Schluss damit! Was er sagen oder tun würde, war völlig unwichtig. Sie würde sich bei ihm entschuldigen! Das war wichtig! Wie es danach weiterging, würde man sehen. Schluss mit den Spekulationen! Aber ihre Gedanken ließen sich nicht kontrollieren und immer wieder ertappte sie sich dabei, wie sie zu ihm wanderten.
Als sie endlich vor seinem Haus ankam, klopfte ihr Herz zum Zerspringen. Konnte das nicht endlich mal aufhören? Sie würde mit
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