Die Wahrheit hat nur ein Gesicht (German Edition)
nicht.«
»Gut. Dann ist es ja gut.« Cindys Erleichterung war echt und sie verließ zusammen mit Emma das Haus. »Ich muss Alex abholen. Er ist drüben in der Akademie. Vielen Dank, für Ihren Besuch, ich werde Alex sagen, dass sie da waren.« Cindy ließ Emma den Vortritt und Emma stolperte die Stufen hinunter. Sie ging benommen die Straße entlang. Cindy blieb auf dem Treppenabsatz stehen und sah ihr prüfend nach.
Als es an der Tür geklingelt hatte, hatte Cindy Emma durch das Schlafzimmerfenster entdeckt, war blitzschnell in Alex Pyjamajacke geschlüpft und hatte den Raum verwüstet. Die Tür zum Schlafzimmer hatte sie absichtlich offen gelassen und sie hatte sich Emma bewusst halbnackt präsentiert. Sollte dieses Miststück platzen vor Eifersucht!
Cindy war überrascht von Emmas Schönheit. Sie sah in Wirklichkeit viel besser aus als in der Zeitung. Und sie war das krasse Gegenteil von Cindy. Denn Cindy spürte, dass Emma eine Unschuld in sich trug, die sie längst verloren hatte. Und das machte sie noch wütender. Keine Frau sollte eine solche Ausstrahlung haben!
Cindy war klar, dass sie gegen Emma mit harten Bandagen kämpfen musste. Heirat und Schwangerschaft schienen ihr das geeignete Instrument, um sich dieses blonde Gift vom Hals zu schaffen. Denn Emma war eine echte Gefahr. Zu süß und unschuldig war sie und Alex würde ihr unweigerlich wieder in die Falle laufen. Doch Emmas Naivität war auch der Hebel, an dem Cindy ansetzen konnte. Emma würde, im Gegensatz zu Cindy mit Sicherheit keine werdende Familie zerstören.
Jetzt musste sie nur dafür sorgen, dass sie tatsächlich schwanger wurde. Am besten natürlich von Alex, aber zur Not gab es auch andere Kandidaten. Cindy wollte nicht wirklich ein Kind, aber um Alex an sich zu binden, würde sie kurzfristig eine Schwangerschaft in Kauf nehmen. Da aber Alex seit Wochen keinen Sex mehr mit ihr hatte, war es wichtig, dass sie ihn wenigstens noch einmal dazu brachte. Zur Not könnte sie dann zumindest eine Schwangerschaft vortäuschen.
Emma spürte Cindys Blick und drehte sich um. Ihr Herz schlug heftig. Sie fühlte eine starke Bedrohung, die sie aber nicht wirklich einordnen konnte. Alex neue Freundin war ihr nicht wohl gesonnen, das war klar. Immerhin war Emma einmal die Geliebte von Alex gewesen. In dieser Hinsicht konnte sie Cindys Abneigung sogar verstehen. Aber hier lag noch etwas anderes in der Luft. Etwas Giftiges, Unheimliches.
Cindy bemerkte Emmas Blick und winkte ihr mit diesem seltsamen Lächeln nach. Etwas hilflos winkte Emma zurück. Dann beschleunigte sie ihre Schritte. Nur weg hier, und zwar schnell! Und wieder klingelte ihr Handy. Antonio war hartnäckig, doch Emma war nicht in der Lage zu telefonieren. Sie ließ das Gerät klingeln, bis es verstummte. Als sie außer Sicht endlich um eine Ecke bog, brach sie in Tränen aus.
10
Als Alex an Emmas Haus ankam stand die Sonne noch nicht hoch. Ein strahlender Frühsommertag, wie geschaffen für ein Frühstück auf einer Terrasse in einem blühenden Garten. Wie geschaffen für leuchtende Kleider, helle Stimmen, ein Zusammensein in Frohsinn und Liebe.
Liebe? Er betrachtete das Haus. Die Villa von Margaret Cavendish. Das schmiedeeiserne Tor stand offen und Alex atmete tief durch, als er durch den Garten zum Haus ging. Wie oft war er diesen Weg gegangen? Wie viele Stunden hatte er in diesem Haus verbracht? Es war ein Haus voller Gesang, Wärme und Schönheit gewesen, damals, als Margaret Cavendish noch lebte, als er mit Emma noch zusammen war, als die Welt noch in Ordnung war.
Er drückte den Klingelknopf. Im Innern des Hauses hörte man den warmen Glockenschlag, aber es rührte sich nichts. Alex wartete, aber niemand öffnete die Tür.
»Sie ist nicht da!«
»Wie bitte?« Alex fuhr herum.
Auf der kleinen Bank im hinteren Teil des Gartens saß ein Mann. Er rauchte und machte keine Anstalten aufzustehen. Alex ging zögernd auf ihn zu.
»Sie ist nicht da. Ich warte hier auch schon ne Weile.«
»Ach ja?« Alex betrachtete den Mann, und was er sah, gefiel ihm überhaupt nicht. Der Kerl war nicht unattraktiv, Anfang fünfzig und gesegnet mit einem Machocharme, der bei gewissen Frauen sicher seine Wirkung nicht verfehlte. Aber seine Züge waren verlebt und seine Augen hatten den unnatürlichen Glanz des Alkoholikers. Die tiefen dunklen Ringe unter seinen Augen zeugten von langen, durchzechten Nächten und einem ungesunden Lebenswandel.
»Zigarette?« Der Mann hielt Alex seine Schachtel
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